Konzert: Cults, Laura Marling, James Blake, Festival des Inrocks
Ort: La Cigale, Paris
Datum: 04.11.11
Zuschauer: ausverkauft
Es ist wieder diese Zeit des Jahres. November, graues Wetter, kaum Tageslicht. Das kommt das alljährliche in verschiedenen Locations stattfindende Festival des Inrocks wie gerufen.
Zu dumm nur allerdings, daß ich es erneut nicht geschafft habe, mich rechtzeitig zu akkreditieren. Also hieß es wieder Zahlemann und Söhne. Dabei hätte ich ja eigentlich einen Freischein für sämtliche Konzerte dieser Stadt verdient. Finde ich. Könnte sich der Herr Präsident nicht einmal für mich einsetzen? Anstatt jeden zweiten Tag die Griechen zu retten? Und permanent mit unserer Angela zu flirten (läuft da eigentlich was??).
Aber wo wir gerade bei den Griechen sind. Auch beim Festival des Inrocks herrscht eine kleine Krise. Waren in den letzten Jahren die Tickets in kürzester Zeit vergriffen, waren heuer nur die wenigsten Abende ausverkauft. Auch das heutige Konzert konnte erst in den letzten Tagen das französische Schild "complet" vermelden. Schuld an der Misere ist sicherlich, daß nur ganz wenige Bands verpflichtet werden konnten, die in diesem Jahr noch nicht ein oder gar mehrer Male nach Paris gekommen sind. Es mangelt schlicht und einfach an spannenden Newcomern.
Dies wurde am Besipiel der New Yorker Band Cults überdeutlich. Die in Musikzeitschriften über den grünen Klee gelobte Kombo klang ganz und gar abstoßend. Gräßlich überzuckter 60ies Pop und ein nerviger Kleinmädchengesang ließen mich regelrecht erschaudern. Was war denn das für ein Käse? Ich traute meinen Ohren nicht. Das war Kylie Minogue mit anderen Mitteln. Nach drei schlimmen Liedern ergriff ich die Flucht und unterhielt mich im Aufenthaltsraum mit Bekannten. Die fanden den Auftritt ähnlich mies und so stand ich wenigstens nicht als alleiniger Rumnörgler da.
Dann kam Laura Marling mitsamt fünfköpfiger Begleitband, darunter mit der Cellistin eine zweite Dame. Leider hielt auch dieses Konzert nicht, was es vorher versprach. Laura wirkte recht abwesend, distanziert und kühl und dem Set fehlte der richtige Bums. Nun war die junge Britin ja noch nie die energische und schwungvolle Performerin, aber heute kam auch nicht besonders viel Leidenschaft rüber. Zudem litt das Konzert unter dem lauten Geschwätz meiner unreifen Vorderleute und überhaupt: das Publikum war insgesamt viel zu laut, was Laura zu recht störte.
Manchmal blitzte dann aber doch ein wenig Magie auf. Ghost vom ersten Album kam wirklich gut rüber und auch der Abgang mit dem Titeltrack des Zweitling I Speak Because I Can konnte als gelungen bezeichnet werden. Das Medley (!) aus My Friends und Salinas vom neuen Album verpuffte aber wirkungslos und hinterher sagte mir sogar eine Bekannte wutschraubend: "das war scheißlangweilig!" (als hätte ich was dafür gekonnt...)
So schlimm habe ich es nicht empfunden, schließlich spielte die Begleitband ja auch harmonisch und erlesen. Ein Kracher war es aber nicht und ich fragte mich hinterher schon ein wenig, warum ich Laura Marling damals so unglaublich toll fand. Die Antwort ist aber echt einfach. Damals spielte Laura zusammen mit Marcus Mumford, der an allen möglichen Instrumenten zauberte und die beiden waren als Zweierteam absolut unschlagbar. Das Feuer von Marcus und die Kühle von Laura ergaben spannende Kontraste, die heute fehlten.
Setlist Laura Marling Festival des Inrocks, Paris, La Cigale:
01: Rambling Man
02: Devil's Spoke
03: Ghosts
04: My Friends/Salinas
05: Alpha Shallows
06: Sophia
07: I Speak Because I Can
Nach Laura Marling wurde der rote Vorhang heruntergelassen und man konnte die Bühne nicht mehr einsehen. Sofort war mir klar, daß nun vor dem Auftritt von James Blake ein Akustikmusiker vor jenem Vorhang spielen würde. In den letzten Jahren hatten es die Veranstalter geschafft, richtige Hochkaräter als "Pausenclowns" zu verpflichten, unter anderem gab dort Laura Marling ihr erstes kleines Konzert und auch Josh Tillman gratzte im Olympia drei Songs auf seiner Akustischen. Heute wurde diese Ehre der Französin Milkymee zuteil. Leider aber war ihr Vortrag nicht so richtig packend. Ich hätte mir eher Lidwine gewünscht, die in einer entzückenden Oliver Peel Session an der Harfe geglänzt hatte. Aber die Programmgestalter bei den Inrocks sind anscheinend nicht mehr so richtig auf Zack, bekommen nicht wirklich mit, was sich in der Pariser Indieszene tut und wer wirklich Talent hat. Hätten sie doch mich gefragt!
Dann kam James Blake zusammen mit seinen beiden Mitmusikern an Keboard/Gitarre und Schlagzeug. Der immens gehypte Bursche hatte mich beim diesjährigen Haldern Pop Festival ziemlich gelangweilt und so war meine Erwartungshaltung nicht sonderlich hoch. Aber ich ließ mich auf diesen seltsamen Stil, die verzerrte Kastratenstimme, den wabernden Clubsound ein und siehe da: es gefiel mir eigentlich recht gut. Zur Seite scheiben musste ich die stimmliche Assoziation mit Xavier Naidoo. James Blake singt in der Tat so ähnlich. Ich dachte lieber an das was in der Presse steht, nämlich daß Blake ein moderner Anthony and The Johnson ist. Dubstep, Soul, Elektro, Ambient, das sind ja wirklich nicht so meine Steckenpferde, aber man muss James zumindest zu gute halten, das er ein Feld beackert, daß noch nicht ganz so ausgewalzt ist. Und live werden die auf Platte öden Songs ordentlich aufgemöbelt, wirken deutlich hypnotischer und packender, dröhnen einem wirklich den Schädel zu, durchzucken den ganzen Körper. Wenn man sich drauf einlässt, kann man sicherlich berauscht werden.
Also seien wir mal nicht so, James Blake kann man gelten lassen. Ein gutes Konzert.
Setlist James Blake, Festival des Inrocks, Paris, La Cigale:
01: Unluck
02: Tep & The Logic
03: I Never Learnt To Share
04: Lindisfarne
05: To Care (Like You)
06: CMYK
07: Limit To Your Love (Feist)
08: Klavierwerke
09: Once We All Agree
10: The William Scream
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