Konzert: The National
Ort: SuperUho Festival, Šibenik
Datum: 03.08.2014
Dauer: ca. 100 min
Zuschauer: 1.500 vielleicht
Die Trouble will find me Tour von The National geht langsam zu Ende. Je häufiger ich die Stücke der Platte live höre, desto besser werden sie, desto mehr bestärken Sie mich aber auch, daß die Lieder der Vorgängerplatten deutlich besser sind. Klingt unlogisch, ist aber vielleicht mathematisch so zu erklären, daß das Wachstum der älteren Songs größer ist (sehr viel Sonne hier in Kroatien...). Nach dem hervorragenden Konzert Samstagabend auf der Michaels-Festung über der winzigen Altstadt des wundervollen Šibenik, hätte ich eigentlich nicht noch ein Konzert der Amerikaner am nächsten Tag gebraucht. Das Festungs-Dings war aber erst später dazugekommen, also hatten wir die Karten für Sonntag schon - und dann geht man dann natürlich auch hin.
SuperUho heißt das Festival, das in dieser Woche zum ersten Mal direkt am Meer, gleich neben dem Stadtstrand stattfindet. Daß das Festival von Sonntag bis Dienstag dauert, sowie die Auswahl der Bands erscheint komisch. Ausverkauft war das "Super-Ohr-Festival" dann auch nicht. Es funktioniert aber insofern, daß es dem Veranstalter gelungen war, mit The National einen riesigen Headliner zu gewinnen (mir waren im dreitägigen Lineup sonst nur die Black Lips, Chelsea Wolfe und Tuxedomoon bekannt). Wir kamen pünktlich zu den Black Lips, die offenbar eine gute Show ablieferten, die - wenn sie nach den Ramones klangen - mir auch gefielen, mich aber insgesamt sehr kühl liessen. Anschließend trat eine Band auf, in deren Wikipediabeschreibung in einem Satz die Worte "psychedelisch" und "Didgeridoo" fielen, zwei nogo-areas auf einmal. Auf The National mussten wir bis 23.15 Uhr warten. Die Amerikaner, die seit einer Woche in der Gegend sind, spielten natürlich auf der großen der beiden Bühnen, die keinen Bühnenhintergrund hatte und einen schönen Blick auf die hügellige Landschaft bot. Schade, daß die Bühne nicht 90° gedreht mit Meereshintergrund aufgebaut werden konnte. Das Gelände war aber früher bebaut, wohl mit Industrie- oder Gewerbebauten, und die Hauptbühne bespielte einen Bereich zwischen zwei hohen Mauern.
Obwohl der Platz gut gefüllt war, war es selbst vorne nicht eng. Allerdings war die Publikums-Qualität enorm. Selbst bei selten gespielten Stücken war der Großteil der Leute vorne 100%ig textsicher. Kroatien scheint ein gutes Pflaster für The National zu sein.
Der Beginn des Konzerts war wenig spannend. Der Festivalbeginn scheint eine abgespeckte Version des Standardkonzertstarts zu sein. Nach This is the last time variiert die Band. Danach wurde es für mich spannend.
Daughters of the Soho riots war das erste der Überraschungsstücke. "It's an old one from Alligator", leitete Matt Berninger ein. Mit "it's enough" beendete er das Mitsingen des Publikums, lange nachdem das Lied eigentlich vorbei war. Und dann nuschelte er etwas wie "wisst ihr überhaupt, wovon der Song handelt?" Mir gingen einige Male ähnliche Gedanken durch den Kopf, wenn die viele Pärchen engumschlungen bei den so romantischen Melodien schunkelten, bei denen mit den heftig-bitteren Texten.
Nach Daughters of the Soho riots ging es mit All the wine und Available. So wenig wie mich die erste Konzerthälfte mitgerissen hat, weil sie eben eine Kurzversion des Vorabends war - obwohl sie auch in der Form objektiv sehr gut war - so sehr begeisterte mich der Rest. In Available mischten The National das Ende vom Cardinal song rein, nur die letzten Zeilen "Jesus Christ you have confused me. Cornered, wasted, blessed and used me. Forgive me girls i am confused. Stiff and pissed and lost and loose" Machen sie das so schon länger? Ich weiß es nicht, es passte aber perfekt! Die Band spielt nach meiner Wahrnehmung immer häufiger kurze Instrumental-Einleitungen, die nichts mit dem eigentlichen Lied zu tun haben. Zwischen Available und Cardinal song war das eine echte Überleitung, die aus den beiden Songs einen machten.
Danach wurde es wieder normaler. Auch das Ende der Show ähnelte den anderen (diesmal war aber England wieder dabei). The National variieren meist das erste Lied der Zugaben, auf der Festung war es Santa Clara, beim Festival About today. Den Abschluß bilden immer Mr. November, Terrible love und Vanderlyle crybaby geeks. Bei Mr. November verausgabte sich Matt noch mehr als sonst. Er quälte sich scheinbar durch die Schreiphasen. Schon bei Graceless hatte er sich um Kopf und Kragen (und Stimmband) gebrüllt.
Eigentlich dachte ich vorher, das Konzert nicht unbedingt sehen zu müssen. Trotz der Wiederholungen war es aber dann doch wieder hervorragend. Auch die Band schien großen Spaß zu haben und sich in Dalmatien wohlzufühlen. Besonders Bassist Scott blühte offenbar richtig auf! Nachdem es am Samstag Anfeuerungsrufe für ihn gegeben hatte, die die Frontmann spöttisch kommentiert hatte, tanzte und wippte Scott auf der Festivalbühne ausgelassen! Etwas zu ausgelassen sind mir die immer wilder werdenden Rockstar-Posen der Dessner-Zwillinge. Aber vielleicht ist das der Weg eines Gitarristen, gegen Lange-Tour-Langeweile vorzugehen.
Setlist The National, SuperUho Festival, Šibenik:
01: Don't swallow the cap
02: I should live in salt
03: Bloodbuzz Ohio
04: Sea of love
05: Afraid of everyone
06: Squallor Victoria
07: I need my girl
08: This is the last time
09: Daughters of the Soho riots
10: All the wine
11: Available
12: Cardinal song (kurz)
13: Abel
14: Slow show
15: Pink rabbits
16: England
17: Graceless
18: Fake empire
19: About today (Z)
20: Mr. November (Z)
21: Terrible love (Z)
22: Vanderlyle crybaby geeks (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- The National, Šibenik, 02.08.14
- The National, Brooklyn, 17.06.14
- The National, Köln, 11.06.14
- The National, Mannheim, 01.06.14
- The National, Paris, 18.11.13
- The National, Brüssel, 17.11.13
- The National, Esch-sur-Alzette, 06.11.13
- The National, Düsseldorf, 05.11.13
- The National, Zagreb, 02.07.13
- The National, Paris, 25.06.13
- The National, Camber Sands, 09.12.12
- The National, Barcelona, 27.05.11
- The National, Eindhoven, 18.02.11
- The National, Paris, 23.11.10
- The National, Neu-Isenburg, 18.11.10
- The National, Wien, 18.08.10
- The National, Haldern, 14.08.10
- The National, Latitude-Festival, 16.07.10
- The National, Paris, 07.05.10
- The National, Haldern, 09.08.08
- The National, Montreux, 16.07.08
- The National, Köln, 27.11.07
- The National, Paris, 14.11.07
- mehr Fotos später!
2 Kommentare :
Gast hat eine sensationelle Stimme! :)
sehr erwähnswert wäre doch Matts Meldung: "You gave us confidence when we most needed it"...
und dass eine Band die sich gegenseitzig keines Blickes würdigt nicht gut drauf ist sollte dir auch nicht entgangen sein. Auch dass Matt am Samstag und Sonntag sehnlichst versucht hat bei jeder Nummer die Weinflasche zu zerstören...
Er rannte an allen Abenden gleich nach der Show alleine kopfgesenkt weg.
Es ist nicht gut bestellt um die Band. Die Konzerte waren - bei geschlossenen Augen - allerdings sehr gut.
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