2. Abend im Rahmen des Crossroads Festival 2014
mit Konzerten von Mister & Mississippi und Honig & Band
Ort: Harmonie Bonn
Datum: 27. März 2014
Dauer: 60 min + 90 min
Zuschauer: 250-300
Es gibt seltene Abende, da ist einfach alles perfekt. Seit ich für einige Jahre in Bonn gearbeitet habe, bin ich glücklich, wenn sich eine Gelegenheit findet, dort einen Besuch zu machen. Und immer neu gefällt mir die Atmosphäre der alten Bundeshauptstadt am Rhein und es ist wie ein schönes Stück Heimat. Das Lokal Harmonie ist auch nur unwesentlich entfernt von der Ecke, in der ich vor Jahren dann nach Dienst unterwegs war. Zum Rex Kino bin ich nur immer schon eine Ecke eher abgebogen und deshalb noch nie beim Harmonie vorbeigekommen.
Es ist schon vorstädtisch (mit etwas Geduld kann man noch zum Hauptbahnhof laufen) und unprätentiös. Aber dabei sehr einladend auf die gute rheinische Art. Der zweite und dritte Grund, dass ich mich auf diesen Abend sehr gefreut habe, waren, dass zwei meiner liebsten Bands auftreten würden. Von Mister & Mississippi wusste ich zuerst und die Information machte meine Entscheidung schon fest. Als dann auch noch Honig mit Band auf den Plan gesetzt wurde, fühlte ich mich wie Hans im Glück.
Im Harmonie war ich sehr früh. Damit hatte ich aber viel Zeit, um mir einen guten Platz zu suchen. Die Wahl fiel schließlich auf den Balkon wegen der guten Sicht und der Bequemlichkeit (ich konnte sitzen und die Bühne sehr gut sehen). Für die Fotos war das etwas knifflig, aber sonst war es einfach perfekt. Zumal ich von diesem Punkt auch einen großen Teil des Publikums im Blick hatte.
Der Abend begann sehr pünktlich und war auch im äußeren Ablauf recht berechenbar, da durch die Aufzeichnung für das Fernsehen der Zeitrahmen ziemlich fest vorgegeben war. Ich hatte den Eindruck (beim unwillkürlichen belauschen der angeregten Unterhaltungen überall), dass die meisten für Honig gekommen waren und sich auf seinen Auftritt freuten. Es gab auch einige Stimmen, die anscheinend einfach alle Abende des Festivals in die Harmonie kamen und sich dort überraschen ließen.
Mister & Mississippi hatte aber wohl kaum jemand auf dem Plan und so war es schon beim ersten Song förmlich mit Händen zu greifen, wie den Leuten vom ersten Akkord an der Mund offen stehen blieb. Auf der Bühne waren
Samgar Lemuël Jacobs – Gesang / Percussion
Maxime Barlag – Gesang / Percussion / Tasten / Glockenspiel
Tom Broshuis – Gitarren / Tasten
Danny van Tiggele – Gitarren / Gesang
ganz konzentriert, fast ohne Ansagen, aber musikalisch zündeten sie vom ersten Moment an ein wahres Feuerwerk. Das ging nach vorn und war überdies von einer Lichtshow begleitet, die auf die emotionsgeladene Musik noch ordentlich eins drauf setzte. Ich würde sagen - das war auf den Punkt perfekt inszeniert.
Sie begannen das Set des Abends mit Shape Shifter sehr innig mit den beiden Stimmen von Maxim und Samgar und das Auditorium wurde ganz still. Aber schon nach 2:30 min wurde ordentlich Bums draufgesetzt - prominent dabei ein temperamentvolles Glockenspiel-Solo. Dafür wurde sofort begeistert Applaus gezollt. Six feet under war mit einem stetigen Herzschlag-Klopfen unterlegt, die Gitarrenlinie und der Gesang von Maxim schufen eine besinnliche Stimmung und schließlich wurde vielstimmig hymnisch die Zeile Oh father forgive me what have I done zelebriert. Das anschließende Same room different house begann temperamentvoll synkopisch und bestimmt mit seinem I don't want to let you go und endete auch mit einem uptempo Finale.
Im Konzert kam nun eine acapella Nummer im Publikum, die mich auch immer wieder besonders begeistert: Bon vivant. Leider hat es dieser Teil nicht in die Fernsehfassung geschafft, denn ich fand es war einer der Höhepunkte des Sets. Geisterhaft wurde es später bei Gloom, in dem die Männerstimme von Samgar begann. Beim anschließenden Running musste das Publikum mitsingen, ohne dass es groß einer Aufforderung oder Einstudierungen bedurfte. Das hatte Samgar wirklich toll eingefädelt...
Circulate begann mit einer Dämmerstimmung, die durch eine Klaviermelodie erzeugt wird und einem Duett, in dem Samgar deutlich höher sang als Maxime. Nachdem die Gitarre eine Strophe "singen" durfte, wurde auch der Gesang auf einmal kraftvoll und verschafft mir auch bei jedem Wieder-ansehen in der Aufzeichnung einen Gänsehautmoment. Bevor endgültig ein bombastischer Teil Hoffnung aufscheinen läßt und sich dem ruhigen Ende nähert, was mit euphorischem Applaus gefeiert wurde.
Ein gigantisches Finale wurde mit dem letzten Stück Northern Sky hingelegt. An sich schon ein recht dramatisches Stück wurde es scheinbar beendet mit einer der zwei "Danke Bonn"-Ansagen des Abends, um doch noch einmal in einer total exstatischen Krachorgie ordentlich zum Abschied zu "winken". Was für ein Abend mit einer in Bestform aufspielenden Band!
Setlist Mister & Mississippi
01: Shape Shifter
02: Six feet Under
03: Southern Comfort
04: Same Room, different house
(05: Bon vivant)
06: Gloom
07: Running
08: Calm
09: Nemo Nobody
10: In Between
11: Circulate
12: Follow the sun
13: Northern sky
Honig hatten es im Anschluss ein bisschen schwer, die hochgesteckten Erwartungen zu erfüllen. Ich hatte schon im Set den Eindruck, dass Stefan Honig selbst vielleicht nicht ganz fit sei, weil er in den Ansagen auf mich den Eindruck machte, ein bisschen neben sich zu stehen. Nach dem Konzert hörte ich, dass wohl der ganze Tag mit Pleiten, Pech und Pannen nicht geizig gewesen war und schon das rechtzeitige auf der Bühne stehen in dem Kontext als Erfolg zu werten war. Dass es dann Probleme mit dem Sound und anschließend mit der kleinen Gitarre gab, hat bestimmt auch nicht dazu beigetragen, die Stimmung zu stabilisieren. Von all dem sieht man in der Aufzeichnung nichts, weil nur ein Teil des Konzerts ausgewählt wurde (in der Setlist unten habe ich ein Minus hinter die nicht gesendeten Stücke gesetzt). Außerdem denke ich, dass es auch nur Personen aufgefallen ist, die Honig schon einmal in "Normalform" erlebt hatten.
Jedenfalls war auch dieser zweite Konzertteil alles in allem ein wirklich guter Abend, der nur im Vergleich zum perfekten ersten Teil und dem, was man z.B. im August nun in Haldern erleben durfte, hinter dem zurück blieb, was möglich gewesen wäre. Das Publikum ging voll und ganz mit und ließ keinen Zweifel, dass ihm die Pannen ganz schnuppe waren und es die gebotene Musik sehr mochte.
Es wurde schon viel Material vom dieser Tage erscheinenden neuen Album gespielt (unten mit (*) markiert) und in meinen Augen damit viele gute Argumente geliefert, sich dieses Kleinod zu kaufen. Meine ganz persönlichen highlights waren aber am Ende des Sets konzentriert: In my drunken head - so ruhig aber dabei so kraftvoll und das We are alone in this together bot ein exzessives Ende des regulären Sets. Als Zugabe ging es für Golden Circle ins Publikum. Insgesamt sehr folkig und für Hometowns stand Stefan Honig solo mit Gitarre vor den Bonnern. Schließlich wurde bedeutet, dass doch noch ein weiteres Stück ins Zeitlimit passt und hinter den ausgezirkelten Schlusspunkt noch Homesick geschoben.
Setlist Honig
01: Leave me now (*) -
02: Overboard (*)
03: Song for Julie -
04: Look what the tide brought in -
05: For those lost at sea -
06: Peaches (*)
07: The morning chorus
08: Lemon law (*)
09: Dear liar (*)
10: A boy (*)
11: Harmony
12: Swimming lessons (*)
13: Burning down bookshops
14: In my drunken head
15: We are alone in this together (*)
16: Golden circle (Z) (*)
17: Hometowns (Z) -
18: Homesick (Z)
Rockpalast-Mitschnitt Mister & Mississippi
Rockpalast-Mitschnitt Honig & Band
Aus unserem Archiv:
Mister & Mississippi, Karlsruhe, 22.09.13
Honig, Ludwigsburg, 30.11.13
Honig, Reutlingen, 27.07.13
Honig, Köln, 22.10.12
Honig, Haldern, 11.08.12
Honig, Köln, 30.11.09
Alle Bilder:
0 Kommentare :
Kommentar veröffentlichen