Dienstag, 1. Oktober 2013

Kate Nash, Köln, 29.09.13


Konzert: Kate Nash (& The Tuts)
Ort: Gebäude 9, Köln
Datum: 29.09.2013
Dauer: Kate Nash 90 min, The Tuts 30 min
Zuschauer: ausverkauft 



Kate Nash Berichte im Konzerttagebuch sind so eine Sache. Die englische Sängerin mit den tollen ersten Singles polarisiert nämlich wie kaum jemand sonst. Ich hatte Kate bislang dreimal zwischen 2007 und 2008 gesehen, in der Kantine in Köln, beim Melt und in Haldern, und das beste dieser drei Konzerte (das in Köln) war mäßig. Da sich die Sängerin aber eine riesige Fangemeinde mit ihren frühen Veröffentlichungen erspielt hatte, führten Verrisse zu bösen Beschimpfungen. Es waren zwar nicht Oliver und ich, die ein schauderhaftes Konzert wie das in Haldern zu verantworten hatten, aber wir schrieben eben darüber.


Mittlerweile ist viel Wasser den Rhein runtergeflossen und ich war neugierig, was Kate Nash eigentlich heute so macht. Das zweite und dritte Album hatte ich nach den Desaster-Konzerten nicht mehr gekauft, die Karriere nicht weiter verfolgt. Warum auch? Im vergangenen Jahr spielte die Britin dann ein Konzert in der Werkstatt in Köln, da hörte ich im Anschluß bessere Kritiken. Naja, jedenfalls war meine Neugierde größer als der Vorsatz nach Haldern 08, sie nie wieder sehen zu wollen. Ich stand also Sonntagabend im geliebten (und gerade als "hervorragende Spielstätte" vom Bund ausgezeichneten) Gebäude 9. Ich kam gerade noch rechtzeitig, um nicht ganz hinten zu stehen. Das Konzert begann schon um acht, was miche in wenig auf dem falschen Fuß erwischt hatte.


Die Vorgruppe, die auf die Bühne kam, kannte ich. Sie hatte im Juli das wundervolle Indietracks Festival eröffnet und dort das Publikum so nachhaltig beeindruckt, daß in meiner Wahrnehmung jeder zweite Zuschauer ein T-Shirt oder eine Jutetasche von ihr gekauft hatte: The Tuts aus West London.

The Tuts sind ein Trio, bestehend aus Sängerin Nadia Javed, Bassistin Harriet Doveton und Schlagzeugerin Beverley Ishmael. Ihr 60's- / Garagenrock gefiel mir ganz ausgezeichnet! Die Lieder kurz und schmissig, das Set dabei so clever aufgebaut, daß die Stücke immer flotter und lauter wurden. Die punkig-schnellen am Ende (Always hear the same shit oder Back up) gefielen mir dabei besonders, aber auch All too late z.B. war großartig!


Spaß machte aber auch das Drumherum. Die drei jungen Musikerinnen, die diesmal keine "Kriegsbemalung" wie in Ripley trugen, hatten große Freude am Auftritt und vermittelten dies auch. Dabei waren die Frauen noch angeschlagen vom Vortag. "We're on a detox today!" Am Vorabend hätten sie zu viel getrunken und seien über Kate Nash hergefallen.

Ein wirklich guter Auftakt! Die Tuts haben mich wirklich überzeugt mit ihrem knackigen, halbstündigen Auftritt! Wie gut der musikalisch zum Restprogramm passen würde, ahnte ich da noch nicht.

Setlist The Tuts, Gebäude 9, Köln:

01: Beverley
02: Tut tut tut
03: All too late
04: Worry warrior
05: I call you up
06: Dump your boyfriend
07: Always hear the same shit
08: Lying lover
09: Back up


Als ich mich noch für Kate Nash interessiert hatte, spielte die Engländerin hinter dem Klavier sitzend Popsongs. Heute war es eine Rockshow mit fliegenden Haaren und Riot-Grrrl Attitüde. Man hätte wieder Ohrstöpsel gebrauchen können, diesmal aber nicht, weil Kate "ever, ever, ever" kläffte, sondern weil ihr Konzert zum Teil enorm laut war. Gut, es sind fünf Jahre seit meinem ketzten Kate-Nash-Gig vergangen, dieser Auftritt heute hatte aber überhaupt nichts mehr mit der Frau von damals zu tun. The artist formerly known as Kate Nash...


Die Sängerin Version 2013 spielt (elektrische) Gitarre und wird von einer Schlagzeugerin, einer Bassistin und einer zweiten Gitarristin begleitet. Die dauerheadbangenden Frauen rechts und links von Kate Nash erinnerten mich während des Konzerts an weniger groteske Versionen der Haim-Schwestern.



Ich kannte aus geschilderten Gründen kaum etwas. Den Introsong vom Band (You don't own me von Lesley Gore) schon noch, die folgenden fünf Stücke hatte ich noch nie gehört oder verdrängt (Do-wah-doo war in Haldern sehr fies!). Ganz schrecklich war heute in dieser frühen Konzertphase nur die Reaktion des Publikums. Als die drei Bandmitglieder auf die Bühne kamen und ihre Instrumente griffen, klatschte niemand! Ich habe es versucht, bin damit aber verpufft. Wie entsetzlich unhöflich, nur den "Star" zu begrüßen und die lästigen Frauen an den Seiten und hinten nicht zu beachten. Ich kann mich nicht erinnern, das so deutlich schon einmal erlebt zu haben.


Hinter den Musikerinnen waren Bildschirme aufgebaut, die wie alte Fernseher dekoriert waren und auf denen dann die Videos liefen, die auf der Leinwand zu sehen waren.

Mit der Kate hinter dem Klavier hatte die Musik nichts mehr zu tun. Kate Nash spielte am Anfang bei jeden Lied Gitarre, danach immer mal wieder. Elektrische Gitarre. Jedes Lied war rockig bis punkig. Ach, wieder eine neue Sleater-Kinney  Gedächtnisband hätte ich gedacht, wenn ich die Sängerin nicht auch schon komplett anders erlebt hätte. Da hat sich jemand neu erfunden, nennen das bezahlte Journalisten, die sich solch tolle Bilder leisten können.



Die Musikerinnen trugen "Girl gang"-Kettchen, Kate dazu ein, nunja, sehr extrovertiertes Outfit, ein auffälliges Kleid, eine Frisur mit vielen falschen Haaren im Skunk-Design mit einem Krönchen. Ob das jetzt in Riot Grrrl Kreisen Street Credibility bringt, kann ich nicht beurteilen. Es war aber ein Blickfang, mal ganz neutral formuliert.



Mouthwash und Pumpkin soup in der Mitte kannte ich natürlich. Und drei weiter den großen Hit Foundations. Danach war es ein Auf und Ab. I'm a feminist, you're still a whore, das schneller und lauter wurde, bis Kate schrie, war eiens der besten Lieder des Konzerts, das ebenso schneller werdende OMYGOD! dagegen ziemlich mies.

Aber die guten Momente waren in der Überzahl. Das neue Gewand steht Kate Nash gut, ganz unabhängig von Überlegungen, wie authentisch solch ein kompletter Stilwechsel sein kann. 


Wie es auch sein kann, zeigte der Schluß. Als Kate nach dem regulären Set (das auch ein Cover des Fidlar Songs Cocaine enthielt, das Kate in Grrrl gang umgedichtet hatte) und der ersten Zugabe We get on (nur von der Gitarristin begleitet) alleine und ohne Instrument oder Begleitmusik ein Stück namens Lullaby for an insomniac anstimmte, fühlte ich mich unheilvoll in eine Dorfkirche auf dem Land versetzt, in der die beste Freundin der Braut, die immer von der Musical-Karriere geträumt hatte, ihrer Freundin ein Ständchen singt, bei dem alle weinen. Krachende Gitarren hätten diesem Lied extrem gut gestanden!


Die guten Szenen waren trotzdem sogar so deutlich in der Mehrzahl, daß mir die entsetzlich fiesen Soli der Bandmitglieder bei ihrer Vorstellung (die Gitarristin spielte allen Ernstes diese Hendrix US-Nationalhymne - kein Witz!) nicht das ganze Konzert versaut hatten, Wobei... vielleicht hatten die Nichtklatscher vom Anfang doch recht.

Setlist Kate Nash, Gebäude 9, Köln: 

01: Sister
02: Death proof
03: Kiss that grrrl
04: Do-wah-doo
05: OMYGOD!
06: Mouthwash
07: Pumpkin soup
08: I'm a feminist, you're still a whore
09: Fri-end
10: Foundations
11: 3am
12: Grrrl gang (Fidlar Cover - Cocaine)
13: Underestimate the girl

14: We get on (Z)
15: Lullaby for an insomniac (Z)

Links:

- aus unserem Archiv: 
- Kate Nash, Haldern, 08.08.08
- Kate Nash, Melt!, 18.07.08
- Kate Nash, Paris, 31.03.08
- Kate Nash, Köln, 06.12.07


2 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Kleine Anmerkung: Kate spielt bei den meisten Songs Bass, Gitarre nur bei ein bis zwei.
Die Vorstellungssoli sind übrigens ironisch gemeint - konntest du wahrscheinlich beides von hinten nicht so sehen. lg

Fabian hat gesagt…

Ich mag Kate Nashs "Wandlung" und hoffe, dass die Popkiddies merken, dass sie macht, was sie will. Sie hatte meiner Meinung nach schon immer den Bezug zum Punk (wenn auch früher mehr innerlich) und nun isser halt da, was ich gut finde. Schade, dass sie nicht Model Behavior spielt, den hatte sie 2010 im Repertoire, da spielte sie ab und an E-Gitarre, doch saß sie die meiste Zeit an den Keys. http://www.youtube.com/watch?v=AG9cm8z6sSs

 

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