Dienstag, 1. Oktober 2013

Amatorski, Frankfurt, 30.09.13


Konzert: Amatorski
Ort: Sankt Peter Café, Frankfurt
Datum: 30.09.2013
Dauer: 75 min
Zuschauer: gut 30 



Zugegeben, die Sinnfrage, warum ich so viele Nächte in düsteren Kneipen vor Bühnen verbringe, auf denen Bands spielen, von denen meine Freunde noch nie gehört haben (und auch nie hören werden), stelle ich mir selten. Die Antwort darauf wäre auch die immergleiche. Wegen solcher Konzerte wie heute. Ganz einfach.

Daß Leute, die sich nicht viel aus Musik machen, kleine Bands nicht kennen, verstehe ich. Gruppen, die hier vor 100 Leuten spielen, werden eben nur in einer sehr sehr kleinen Indie-Welt wahrgenommen. Daß allerdings auch ein Magazin wie die Intro eine der spannendsten Bands der letzten Jahren nicht kennt ("Nicht nur sind diese Motorama, die uns bisher nicht wirklich ein Begriff waren und nun da oben auf der Bühne ihrem eigenartig fröhlichen Post-Punk spielen, überraschend gut."), hat mich sehr verwundert. Die lesen uns offenbar zu wenig. Also liebe Intro, bitte mal notieren:


Amatorski sind eine junge Band aus Belgien, die ich Anfang Februar im Schlachthof in Wiesbaden gesehen hatte. Ich kannte die Belgier damals noch nicht, sie begeisterten mich aber so restlos, daß mir immer, wenn ich die besten Konzerte des Jahres im Kopf Revue passieren lasse, Amatorski sofort in den Sinn kommen.

Die vier jungen Beligier spielten heute im Sankt Peter Café in Frankfurt. Das Foyer der evangelischen Kirche war mit einigen Sitzgelegenheiten bestückt, es waren aber noch sehr wenige Besucher da, als ich kurz vor acht ankam. Um 20.15 erschienen die Musiker extrem schüchtern aus einem Seiteneingang und begannen mit einem sehr kurzen und einem längeren Instrumentalstück. 


Es war die gleiche Besetzung wie im Februar: Sängerin Inne Eysermans, Gitarrist Sebastiaan van den Branden, Keyboarder und Bassist Hilke Ros und Schlagzeuger Laurens van Bouwelen.

Obwohl die anderthalb Instrumentallieder schon toll waren, wurde die Stärke der Band erst bei Almost dancing richtig deutlich. Innes junger Gesang - zum Teil ganz leise dazugeloopt, wenn sie nicht sang - zu einer wundervollen Melodie. Wow! Ich kannte das Lied nicht, es war aber ein großartiger Auftakt.



Es folgten vier Titel vom Album TBC. Eigentlich mag ich darauf Soldier und Peaceful am meisten, heute waren aber 22 Februar und 8 November besonders beeindruckend. Bei 22 Februar hatte ich merkwürdige Assoziationen, für die ich von mindestens zwei Konzerttagebuch-Kollegen Prügel beziehen werde. Amatorski klingen manchmal wie eine coole, aufregende Version von Sophie Hunger, eine sehr coole und sehr aufregende! 8 November ist eine vollkommen unterschätzte Perle. Das Stück beginnt sehr leise und jazzig, es plätschert dahin. Irgendwann werden die vier lauter und lauter, die Melodie bleibt aber sehr ruhig und getragen, ruhig aber laut, kein Widerspruch. Vor allem Sebastiaans Gitarre schrammelt herrlich! Dazu erzeugen Keyboard und Becken schleifende Geräusche, die wie ein quietschendes Karussell im Wind klangen, im Hintergrund eine Glockenspiel-Kindermelodie. Oh, war das eindrucksvoll! 


Bei Warszawa, das wohl unveröffentlicht ist, das aber in Wiesbaden auch schon auf dem Programm stand, hatte ich den Eindruck, als habe Keyboarder Hilke das Glockenspiel-Ende ein wenig verpatzt, aber vielleicht sollte es auch so sein, es tat weder dem Lied noch dem Rest einen Abbruch.

Das nächste Lied Anthem war einer meiner heutigen Lieblinge! Das Stück hat einen kurzen Text, der immer und immer wiederholt wurde. Auch Anthem wurde im Verlauf lauter und ging in ein weiteres Lied über, das ich nicht kannte, Cyrk (polnisch für Zirkus), das schließlich leise ausfadete.

Sebastiaan hatte bis dahin immer wieder die zweite Stimme gesungen, die beiden folgenden Titel waren "echte" Duette mit Inne, ein Stilelement, das mir auch enorm gut bei Amatorski gefällt. Tiny bird ist auf einem Sampler erschienen, How are you? eine eigene Single. 


Nach einer guten Stunde verabschiedete sich Inne mit dem letzten Lied, einem neuen (I'll become a friend), um mit ihren Kollegen nach einer Minuten im Kircheninnenraum zurückzukommen. "Yeah, I lied. Every night I lie!" Diese feierliche Erklärung zur Zugabenlüge wurde durch einen lauten Schluckauf eines Zuschauers quittiert, was Inne herzhaft lachen ließ. Eine herrliche kleine Szene! 

Empty robots pt. 2, diesmal mit Gesang und das überragende Never told beendeten das Konzert, das die irre guten Eindrücke, die das in Wiesbaden hinterließ, kräftig bestätigte! Es war ein wundervoller Abend mit einer Band, die vor Talent nur so strotzt. Egal wie groß Amatorski werden, bei mir sind sie bereits riesig!
 

Setlist Amatorski, Sankt Peter Café, Frankfurt:

01: Empty robots pt. 1
02: Almost dancing
03: Soldier
04: Peaceful
05: 22 Februar
06: 8 November
07: Warszawa
08: Anthem
09: Cyrk
10: Tiny bird
11: How are you?
12: I'll become a friend (neu)

13: Empty robots pt. 2 (Z)
14: Never told (Z)

Links:

- Amatorski, Wiesbaden, 07.02.13
- Amatorski, Wiesbaden, 07.02.13



 

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