Dienstag, 1. April 2008

Kate Nash, Paris, 31.03.08


Konzert: Kate Nash (Vorgruppe: Mystery Jets)
Ort: La Cigale, Paris
Datum: 31.03.2008
Zuschauer: ausverkauft!
Konzertdauer: 75 Minuten (Mystery Jets 30 Minuten)


Hat ausgerechnet eine junge Frau aus England - dem Land des permanenten Regens - den Frühling nach Paris gebracht?

Es schien fast so. Nach morgendlichen Schauern lachte in Paris endlich mal die Sonne vom Himmel. Die Touris vor dem Eiffelturm hatten ihre Jacken ausgezogen und manche nahmen auf einer Parkbank gar ein kleines Sonnenbad.

Vielleicht liegt es an der frischen und beschwingten Musik, die Kate Nash macht, daß sich Petrus gnädig zeigte. Möglichweise aber hatte es auch mit der Bühnendeko von Miss Nash zu tun, den diese bestand aus einem blauem Himmel mit friedlichen Wölkchen.

Und genau vor dieser Kulisse sollten dann auch die Mystery Jets um 19 Uhr den Ball eröffnen. Die britische Band um den charismatischen Sänger Blaine Harrison hatte ich vor geraumer Zeit mal in der Pariser Maroquinerie gesehen und für sehr gut befunden. Damals noch mit dabei: Henry Harison, der ergraute Vater von Blaine am Keyboard und der Gitarre. Der Senior gehört aber nicht mehr zur Band und auch sonst gab es Veränderungen. Blaine zum Beispiel hatte schwarz (gefärbte?) Haare, damals waren sie noch blond. Noch auffallender war aber, daß er mit Krücken auf die Bühne gehumpelt kam. Was ist da passiert? Ein schlimmer Reitunfall? Ich weiß es nicht, Tatsache war aber, daß der Lockenkopf den Gig sitzenderweise absolvierte. Toll, daß er überhaupt auftritt! Weniger toll fand' ich allerdings vor allem das allererste Lied. Erneut fragte ich mich, was denn da passiert sei. Das klang ja fast nach den Klaxons und die kann ich nun einmal nicht leiden! Stampfende Beats, ein elektronischer Sound und eunuchenhaft hohe Gesänge. Ich glaubte gar, Ähnlichkeiten mit diesem scheußlichen "Golden Skans" auszumachen. Es handelte sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um Stoff von dem neuen Album "Twenty One", das in England bereits vor kurzem erschienen ist. Vielleicht lag es aber einfach nur an dem ziemlich stark übersteuerten Sound in der Cigale. Es dröhnte und schepperte, daß mir vorne fast die Ohren wegflogen. Ansonsten hätte ich mit Sicherheit Lied Nummer 2, das neue "Young Love" gemocht, denn es wurde zusammen mit der jungen Laura Marling eingespielt, von der ich eine Menge halte. Laura war aber leider nicht mit dabei. Stattdessen gab es aber immerhin einen perfekt französisch sprechenden Bassisten (Kai Fish), der sich im Namen der Gruppe erfreut zeigte, in der Cigale auftreten zu dürfen. Im Laufe des Sets wurde der Sound etwas besser und der leicht altmodische Charme, der dem ersten Album "Making Dense" innewohnte, blitzte an der ein oder anderen Stell auf. Auch das neue "Flakes" wußte zu gefallen und mit "Diamonds In The Dark" einer Singleauskopplung von "Making Dens" bekamen die vier Jungs nach einer halben Stunde Spielzeit auch noch einen ordentlichen Abgang hin. Ich hatte mir allerdings mehr von dieser eigentlich sehr guten Band versprochen. Was wohl Jack Penate von dem Auftritt hielt? Der überaus sympathische Engländer stand nämlich zusammen mit einer hübschen Brünetten im Publikum und blickte amüsiert auf die Bühne, auf der er selbst im letzten November beim Festival des Inrocks aufgetreten war.

War Jack Penate nicht sogar schon einmal mit Kate Nash zusammen? Ich glaube ja, zumindest gab es einmal ein Titelbild im NME, auf dem Jack und Kate gemeinsam posierten. Inzwischen turtelt Miss Nash aber wohl mit Ryan "The Cribs" Jarman. Und Herr Penate halt eben mit seiner neuen Flamme, die im Leopardenmantel erschienen war. Ich denke Jack hat eine gute Wahl getroffen, seine Neue ist ein steilerer Zahn als Kate. Klar, Kate ist süß und extrem nett, aber ich habe irgendwie den Verdacht, daß sie später aufgehen wird wie ein Hefekloß. Ihre Mutter stelle ich mir zumindest kugelrund vor und sie bestellt bestimmt diese geblümten Kleidchen auf den Shopping-Kanälen, wo mollige Models über den Catwalk laufen und die Moderatorin dann immer wiederholt, wie schlank doch diese Kleider machen würden. Hach, ich bin aber auch wirklich ein gemeines Arschloch! Dabei mag ich Kate Nash doch, mit der kann man bestimmt Pferde stehlen, die ist bestimmt superlocker und lustig! Und sie hat so ein charmantes Lächeln!

Zunächst einmal bringt mich die liebe Käthe aber in Rage, denn sie läßt sich fast eine geschlagene Stunde Zeit, bis sie endlich die Bühne mit dem himmelblauen Hintergrund betritt. Zuvor hatte ein grimmig dreinblickender Roadie ewig lange sämtliche Instrumente gestimmt. Wo blieb die Hauptperson des Abends? Mußte sie sich noch die Nägel lackieren? Oder die Frisur richten?

Möglich ist das. Um 21 Uhr 30 war dann aber endlich der Nagellack (dessen Farbe ich nicht mochte) getrocknet und Kate hatte auch die Haare schön (sie wuschelte diese während des Konzertes immer wieder durcheinander, vielleicht um wilder auszusehen?). Nach einem langgedehnten Intro: "Stop In The Name Of Love" (Before you break my heart) von den Supremes konnte es losgehen und zwar zunächst am Piano. Ausreichend gestimmt war dieses ja. Auch die anderen Instrumente, an denen sich ihre rein männliche Begleitband austobte. Die Herren blieben aber während des Gigs meist vornehm im Hintergrund und das war auch gut so. Wer war schon wegen ihrer Band gekommen? Aufgefallen ist mir aber der Schlagzeuger, der aussah, als sei er höchstens 18, dafür aber sein Instrument ordentlich vermöbelte.

Auch Kate selbst vermöbelte ihr Instrument regelrecht. So etwas sieht man ja am Piano eher selten. Die junge Frau tobte aber daran, daß man den Eindruck hatte, sie wolle es zum Zerbersten bringen. Wow, die Frau hat schon Temperament und Feuer! Jedes Lied wurde wesentlich schneller als auf dem Album "Made Of Bricks" gespielt und das gefiel einem Typen gleich hinter mir so gut, daß er permanent johlte und "yeaaaahhhh!" schrie. Der Kerl war mir ohnehin vorher schon unangenehm aufgefallen, weil er sich in eine nicht vorhandene Lücke gedrängelt hatte. Ein seltsamer Zeitgenosse, dabei schon mit Sicherheit über 30. Da schwärmt man doch nicht mehr so, oder? Ich meine, wir sind ja keine Schüler mehr und schreiben auch nicht mehr : "Ich liebe Simone, oder Iris" auf unser Mäppchen und malen Herzchen daneben, oder? Er wohl schon! Ich fragte mich, ob er nicht jeden Moment ein Schild mit "Kate I love you" nach oben halten würde. Dazu kam es aber nicht. Dafür hatte der Bursche aber allen Ernstes Blümchen für die Käthe dabei. Wie süß! Der alte Romantiker! Stehen Frauen auf so etwas? Der Kerl hat bestimmt damals den Mädchen auf dem Schulhof erzählt, daß er Pferde ganz toll findet, weil alle Mädchen Pferde irgendwie toll fanden. Insgeheim hat er sich bestimmt gedacht: "Ich mag die Viecher nicht, die machen mir Angst und riechen streng!" Was tut man(n) nicht alles, um Weiber rumzukriegen! Vielleicht hätte er lieber einen Vibrator mitbringen sollen? Die Blumen, die der Kerl nach "Mariella" auf die Bühne warf, bemerkte die Engländerin nämlich anfänglich gar nicht! Dumm gelaufen für den Romantiker! Die Masche zog wohl nicht. Oder doch?: "Paris is the most romatic city, you should be lucky!" Sagte die Käthe und sie klang aufrichtig dabei. Und als sie nach einem fulminanten "Foundations" die Bühne zum ersten Mal verließ, fand sie sogar die Blümchen. Hach, wie süß...

Zuvor hatte sie auch einige Neuheiten vorgestellt, "Seagulls" zum Beispiel. Bei der Ankündigung dieses Titels zeigte sie sich aber gar nicht von ihrer romatischen Seite. "The next song is called: I hate seagulls!" - "I fucking hate them" - "Me too, they are flying rats!", ruft eine Engländerin aus dem Publikum zurück. In dem Lied geht es auch noch um andere Dinge, die Kate nicht mag: " I hate being sick" beispielsweise, oder "rude ignorant bastards". Grobe, ignorante Scheißkerle mag sie also nicht, aha... Aber das sagen Frauen immer und nehmen sich dann prompt den größten Macho!

Auch das Lied nach "Seagull", die Ballade "Pick Pocket" ist neu und klingt nicht übel. Zumindest gefällt mir das Stück, das auch von den Kooks stammen könnte, besser als die etwas kitschige Ballade "Nicest Thing". Nach der ruhigen Passgae im Mittelteil wird aber wieder Gas gegeben. Im Grunde genommen ist es einfach: Wenn die Sängerin hinter dem Piano sitzt, wird es flott, hält sie die Gitarre (akustische, oder elektrische) in der Hand wird das Tempo gedrosselt. Ich bevorzuge ganz eindeutig die fetzigen Songs. Und davon gibt es am Ende gar drei hintereinander weg. "Mariella", "Moutwash" und der Riesenhit "Foundations", der schon an den ersten Klängen erkannt und frenetisch aufgenommen wird, beschließen nach knapp einer Stunde ein druckvolles Programm, bei dem Kate Nash wirklich alles gegeben hat und auch stimmlich überzeugen konnte. Oft mußte sie zwischen den Liedern erst einmal verschnaufen und sich die Haare richten (was in ihrem Fall durcheinanderwuscheln bedeutete), so hatte sie sich verausgabt. "Noch nie hätte sie sich so sehr wohlgefühlt und amüsiert während eines Konzertes" und ich glaube ihr aufs Wort. Romantische Frauen stehen nun einmal auf Paris und wenn das Publikum so sensationell gut mitgeht wie heute, läuft natürlich alles wie von selbst.

Kate Nash war da und mit ihr ist die gute Laune nach Paris gekommen. Und auch ein Hauch von Frühling. Wird er länger dauern als die fünfzehnminütige Zugabe?

Setlist Kate Nash, La Cigale, Paris:

01: Pumpkin Soup
02: Shit Song
03: Stitching Leggings
04: We Get On
05: Birds
06: Nicest Things
07: Seagulls
08: Pick Pocket
09: Paris
10: Skeleton Song
11: Mariella
12: Mouthwash
13: Foundations

14: Don't You Want To Share The Guilt (Z)
15: Merry Happy (Z)

Links:

- Kate Nash im Dezember 07 in Köln
- mehr Fotos von Kate Nash hier



5 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Wie, der Vater macht nicht mehr mit bei den Mystery Jets? Wie doof. Jetzt mag ich sie nicht mehr. Das mit der Krücke ist aber immer so, weil der Sänger an irgendeiner Krankheit leidet. Welche habe ich vergessen (und wikipedia ist da gerade keine Hilfe, verdammt!)...

Christoph hat gesagt…

Das ist ja ein ganz böses Gerücht mit dem schlechten Wetter in England! Ich habe da anteilig mehr Sonnentage als in Frankreich erlebt! So!

Schön, daß Kate Dir gefallen hat. Und das Publikum scheint bis auf den Stalker besser gewesen zu sein als das in Köln. Da war der Abend leider schlechter als erwartet.

Oliver Peel hat gesagt…

Auf der MySpace Seite der Mystery Jets wird der Vater noch aufgelistet. Er war aber bei beiden Paris- Konzerten 2008 nicht dabei.

Ich könnte schwören Blaine ohne Krücken gesehen zu haben, damals in der Maroquinerie. Der ist doch ganz wild rumgetobt. Seit wann hat er diese Krankheit?

Zu Kate: Ja die war großartig gestern, da gab es nix zu meckern!

Anonym hat gesagt…

In Artikeln zum letzten Album tauchte als Aufhänger relativ häufig auf, dass Vater & Sohn seit Jahren (>10) zusammen Musik machen und das anfangs dem Sohn über seine Krankheit (Wirbelsäulenmissbildung) hinweg helfen sollte.
Wild rumgetobt ist er beim Haldern Auftritt vor zwei Jahren auch - nur halt im Sitzen.

Oliver Peel hat gesagt…

Danke für die Information, Nelle!

Freunde von mir, die damals in der Maroquinerie dabei waren, haben mir in der Tat bestätigt, daß er einen sehr hoch eingestellten Stuhl als Stütze benutzt hat.Mir ist damals wirklich nichts aufgefallen. Hut ab vor soviel Mut und toll, daß der Vater seinen Sohn gefördert hat!

Außerdem habe ich heute das erste Album der Mystery Jets noch ein paar Mal gehört. Es ist fabelhaft! Kaum eine andere junge britische Band hat soviele Ideen, Charme und abwechslungsreiche Titel zu bieten.
Das Album ist ein Grower, die Band müßte eigentlich selbst Headliner sein.

 

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