Konzert: Veronica Falls
Vorband:
Mazes
Ort: Kulturzentrum Merlin, Stuttgart
Datum: 04.05.2013
Zuschauer: vielleicht 200
Dauer: Veronica Falls 53 Minuten / Mazes 40 Minuten
Wie eine Wohltat wirken daraufhin die verträumten Harmoniechöre Hoares, Doyles und Roxanne Cliffords. In Jeansjacke und entsprechender Hose steht der Gitarrist mit der Adam-Green-Julian-Casablancas-Frisur in der Bühnenmitte, während Roxanne Clifford und Bassistin Marion Herbain in geblümten Sommerblusen und Kleidern eine gute Figur machen.
Die Engländer reißen euphorisch Bierflaschen in die Luft, ich hole Luft, genieße dann den Augenblick. „My Heart Beats“ folgt mit seinem Feedback-Intro und dem wunderbaren Schlagzeugeinsatz. Der versetzte Gesang funktioniert live ausgesprochen gut, Roxanne haucht den Text, Hoare und Doyle antworten stimmig. Ähnlich wie bei The XX liegt eine entscheidende Stärke dieser Formation in der Mehrstimmigkeit.
Setlist,
Veronica Falls, Stuttgart:
03: Beachy Head
04: Broken Toy
05: Waiting For Something To Happen
06: Bad Feeling
07: Found Love In A Graveyard
08: If You Still Want Me
09: Buried Alive
10: Wedding Day
11: Teenage
12: Come On Over
Ort: Kulturzentrum Merlin, Stuttgart
Datum: 04.05.2013
Zuschauer: vielleicht 200
Dauer: Veronica Falls 53 Minuten / Mazes 40 Minuten
Kunstnebel steigt auf,
die Bühne wird in bläuliches Dämmerlicht getaucht, als Roxanne
Clifford (Lead-Gesang, Gitarre), James Hoare (Gitarre und
Gesang), Patrick Doyle (Schlagzeug und Gesang) und Marion
Herbain (Bass) die Bühne betreten. So gut besucht wie heute habe
ich das Merlin im Stuttgarter Westen bisher noch nicht erlebt.
Veronica Falls verdienen Zuschauer und bekommen sie.
Unverdienterweise sind die jungen Engländer und ihre französische
Bassistin noch keine Stars, zum Kritikerliebling reichte es immerhin
und die Fanbase scheint auch stetig zu wachsen, wenig verwunderlich,
betrachtet man die beständige Klasse des Nachfolgewerks „Waiting
for something to happen“.
Die
alternative Rockmusik der 1980er scheint seit einigen Jahren die
dominierende Referenz im englischen Indie zu sein. Bands wie die
Editors,
We Have Band
oder eben Veronica Falls greifen vorhandene Schemata auf und
versuchen etwas eigenes daraus zu kreieren. Im Fall der Editors
resultierten zweieinhalb erstklassige Alben daraus, während We Have
Band gähnende Langeweile verbreiten. Veronica Falls machen es da
schon besser, hier finden sicher weder nervige Discobeats noch
plakatives Joy-Division-Epigonentum
wie bei den White Lies.
Vielmehr sorgt ein berauschender Cocktail aus The House of Love und The Shop Assistants und ein
wenig The Cure
für ein wohliges Bauchgefühl und beglückende Momente, ganz
besonders dann, wenn darüber hinaus wie bei Erland
and the Carnival harmonierende
Tugenden des englischen Folks beschworen werden. Doch dass kein name
dropping Veronica Falls wirklich gerecht werden kann steht auch fest.
„Tell me“,
der erste Track des im Januar
veröffentlichten, aktuellen Albums, ist der Opener des Konzerts, mit
dem die vier um 22.09 das Konzert beginnen. Zuvor spielten Mazes
aus Manchester ein 40-minütiges Supportset. Der stumpfe Indie-Rock,
mit deutlichen Noise-Anleihen, des Trios vermochte mich nicht zu
packen. Gefühlte zehn Minuten wurden manche Songs nicht sonderlich
versiert in die Länge gezogen. Erst das letzte Stück konnte mein
Interesse ein wenig wecken, während ich feststelle, dass Mazes an
eine höflichere, englische Version der Esslinger Band Die Nerven erinnern.
Wie eine Wohltat wirken daraufhin die verträumten Harmoniechöre Hoares, Doyles und Roxanne Cliffords. In Jeansjacke und entsprechender Hose steht der Gitarrist mit der Adam-Green-Julian-Casablancas-Frisur in der Bühnenmitte, während Roxanne Clifford und Bassistin Marion Herbain in geblümten Sommerblusen und Kleidern eine gute Figur machen.
Die Engländer reißen euphorisch Bierflaschen in die Luft, ich hole Luft, genieße dann den Augenblick. „My Heart Beats“ folgt mit seinem Feedback-Intro und dem wunderbaren Schlagzeugeinsatz. Der versetzte Gesang funktioniert live ausgesprochen gut, Roxanne haucht den Text, Hoare und Doyle antworten stimmig. Ähnlich wie bei The XX liegt eine entscheidende Stärke dieser Formation in der Mehrstimmigkeit.
Hoare
zieht seine Jeansjacke schon früh im Konzert aus, präsentiert im
weißen, angerissenen T-Shirt seine The
Beatles –
Tattoo, während er und seine Band eine unglaublich beglückende und
kurzweilige Show bieten.
Der
vermutlich bekannteste Song des Debütalbum, „Beachy
Head“, gerät
mit seinen Surfer-Gitarren und dem treibenden Beat live noch härter
als in der Studioversion mit dem schönen Video, dass es mit „Broken Toy“ einen
ruhigeren Gegenpol im direkten Anschluss gibt, zeigt die
Ausgewogenheit der Setlist. „Es
ist nämlich gleichgültig, ob man wegen einer zerbrochenen Puppe
weint, oder weil man, später einmal, einen Freund verliert.“,
schrieb Erich Kästner in „Das
fliegende Klassenzimmer“
und
auch Veronica Falls verwenden in diesem Song ähnliche Gedanken. Die
innere Gebrochenheit eines Menschen im Bild des zerbrochenen
Spielzeugs zu äußern ist sicherlich nicht sonderlich subtil, wohl
aber gelungen und treffend. Überhaupt zieht sich eine zutiefst
melancholische, doch stets romantische Note durch das noch junge
Gesamtwerk der Band. Ein gutes Beispiel dafür ist sicherlich „Bad Feeling“ vom
zwei Jahre alten Debütalbum, das es direkt nach „Waiting
For Something To Happen“ zu
hören gibt.„Found Love In A Graveyard“ mit
seinem düsteren Beginn und dem poppigen Ende taugt als
Schlüsselsong, wenn man versucht die Musik der Band zu beschreiben.
Die depressive Todesromantik, wie man sie bei The Cure und Tim Burton
findet, trifft auf folkige Momente und beseelte Chöre. Für mich
bleibt die erste Single das glänzende Lied einer aufstrebenden Band
mit Händchen für außergewöhnlichen Pop und große Melodien, wie
auch „If You
Still Want Me“ mit
seinem an einem förmlich vorbei schwimmenden Refrain.
Dass
nur noch vier Songs („Buried
Alive“, „Wedding Day“, „Teenage“, „Come On Over“)
folgen sollten, war nach Christophs Bericht aus München zu erwarten.
Trotzdem ist es schade, wenn fantastische Livebands kurze Sets
spielen.
Nach
nur einer Zugabe „Right
Side Of My Brain“
soll dann scheinbar schon Schluss sein. Man sieht die Bassistin und
den Schlagzeuger bereits am Merchandisestand, doch dann erscheinen
Hoare und Clifford erneut auf der Bühne und rufen ihre Kollegen
zurück. Eine Perle des Debütalbums, „Stephen“,
soll noch folgen, danach endet ein erstklassiges, aber viel zu kurzes
Konzert mit einer verzichtbaren Vorband nach etwas 50 Minuten. Ich
bin glücklich und froh darüber, dass das Merlin immer wieder auch
ein geschicktes Händchen für internationale Acts beweist. Und Veronica Falls? Müsst ihr euch anschauen, wann immer sich Möglichkeiten bieten. Bestimmt einmal auf einem Festival oder in einem geschmackvollen Club irgendwo bei euch in der Nähe, außer ihr wohnt in Nordrhein-Westfalen oder Hessen (Christoph berichtete).
01:
Tell Me
02:
My Heart Beats03: Beachy Head
04: Broken Toy
05: Waiting For Something To Happen
06: Bad Feeling
07: Found Love In A Graveyard
08: If You Still Want Me
09: Buried Alive
10: Wedding Day
11: Teenage
12: Come On Over
13:
Right Side Of My Brain (Z)
14:
Stephen (Z)
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