Konzert: Okta Logue
Vorband: Bees Village
Ort: Centralstation, Darmstadt
Datum: 17.05.2013
Zuschauer: 1.000 (fast ausverkauft)
Dauer: Okta Logue; 116 Minuten / Bees Village; 45 Minuten
Bläuliches
Dämmerlicht und Kunstnebel kündigen den Beginn des Konzerts an. Ein
forderndes, elektronisches Hall-Intro erklingt und Meloi, Hildebrandt
und die Herz-Brüder stehen auf der Bühne und eröffnen das Set druckvoll mit „Transit“,
dem ersten Track der neuen Platte. Der Song schlägt ein; mit
psychedelischen Gitarreneffekten, dezentem Schlagzeugspiel und Benno
Herz' markantem Gesang trumpfen Okta Logue schon zu Beginn des Abends
groß auf. Niemals zu lange Soli Philip Melois', der mit seiner langen
Mähne und dem stilvollen Auftreten zwischen dem jungen Roger
Waters und
Aerosmith-Gitarristen
Steve Perry pendelt
und die souveräne Keyboardbehandlung Hildebrandts, die manchmal fast
elektronische Atmosphären zwischen New
Order und
Kraftwerk
generiert, prägen das dichte Klangbild.
Während
Okta Logues Set steuern die Vier dann immer wieder – wie auch auf
dem Album - perfekte Harmoniechöre bei, die wohl jeden Beach
Boys -
Connaisseur
und Freund des Wohlklangs in Verzückung versetzen dürften.
Mit
einem kuriosen Intro beginnt „Just
To Hear You Sleep“ von
„Ballads Of A
Burden“,
dann folgt „Judith“,
das in großer Blues-Rock-Tradition steht und ein wenig Ähnlichkeit mit „S.F.
Sorrow“,
der erste Rockoper von den Pretty
Things,
hat. Darüber singt Benno Herz unprätentiöse Zeilen, mit schönen,
treffenden Bilder; „Judith,
my dear, / You're waiting for the evening sun / To dry all your
tears, / Still carrying that loaded gun, / You're wondering / What it
takes to be pleased“.
Vorband: Bees Village
Ort: Centralstation, Darmstadt
Datum: 17.05.2013
Zuschauer: 1.000 (fast ausverkauft)
Dauer: Okta Logue; 116 Minuten / Bees Village; 45 Minuten
Als wir uns an einem
angenehmen Julitag im vergangenen Jahr auf den Weg nach Augsburg
machten, um zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate Nada Surf
zu sehen, konnten wir noch nicht ahnen, mit einer neuen Lieblingsband
aus der Kantine, einem schlauchförmigen Club, außerhalb der
Innenstadt, zu kommen. Eine halbe Stunde genügten Okta
Logue damals, um auf ganzer
Linie zu punkten, einen förmlich wegzublasen. Die vier Jungs, die
einer anderen Zeit entstiegen zu sein schienen, spielten virtuosen
Psychdelic-Rock mit deutlichen progressiven Elementen und starken
Orgel-Momenten, die an Deep Purples Jon Lord,
der kurz zuvor verschied erinnerten. Die Enttäuschung, dass nicht wie noch
vor einigen Tagen in Dortmund Dirk Darmstaedter für
die New Yorker Indie-Pop-Veteranen eröffnete, wich rasch der
Gewissheit, dem Auftritt einer besonderen Band auf dem Weg nach ganz Oben
beizuwohnen.
Große Überraschung dann, als sich das Quartett als
deutsche Band aus meiner hessischen Heimat entpuppte, sich als vermutlich
interessanteste Rockformation, die Darmstadt jemals hervorbrachte, zeigte.
Selbst die kalte Musikindustriemaschine honoriert die Klasse mit
einem Plattenvertrag beim Major-Label Sony Columbia. Nach dem
berrauschenden Stuttgart Debüt im Zwölfzehn im September erklärte
Benno Herz, Frontmann
und Bassist, rückblickend, dass das Problem solcher Support-Gigs,
die kurze Dauer sei. Man werde gerade erst warm. Verständlich
bedenkt man, dass Okta Logue über Songs in Support-Slot-Länge
verfügen.
Einige
Monate später steht Herz mit seinem Bruder Robert
(Schlagzeug), Nicolai
Hildebrandt (Keyboards) und Philip Meloi (Gitarre) auf der großen
Bühne der Centralstation in ihrer Heimatstadt. Glücklich und
erschöpft lächelnd blicken die jungen Musiker am Ende des Abends Arm in Arm mit Bees
Village, der Vorband aus
Frankfurt, und ihren beiden Bläsern in die frenetisch applaudierende
Menge. Hunderte erschienen zum Release-Konzert des zweiten Albums,
„Tales Of Transit
City“,
in einer der schönsten Locations der Region. Die Begeisterung des
Publikums nach einem annähernd zweistündigen Konzert quittiert die
herausragende Qualität der neuen Songs, die unheimliche Spielfreude
und musikalische Perfektion der Band. Okta Logue zeigen sich als
deutsche Vorzeigeformation, deren erste US-Tour zurecht bereits in
Planung ist; mit dem Nachfolgewerk des formidablen „Ballads
Of A Burden“ gelang
den Hessen eine Platte auf höchstem internationalen Niveau, eine Aufnahme, die im Deutschland der Gegenwart in ihrer Stringenz selbst im psychdelischen bis progressiven Metier einzigartig sein dürfte.
Gegen Ende schlagen die Beats besonders hoch, es wird deutlich, dass
eine Weiterentwicklung stattgefunden hat, die die reine Retroschiene
weit verlässt und Okta Logue als relevante Band der Gegenwand und
Zukunft ausweist. In den längeren Instrumentalpassagen stehen einem
die Haare im Nacken und am Arm zu Berge, dann geht der Song fließend
in „Let Go“,
einer harmonischen Nummer mit dem vielleicht größten Hitpotential
des neuen, weniger sperrigen Albums über. „I
see, you're down in misery / If so, slip a lottle closer let me know
/ What's wrong, twinkle in the sun“,
die 60s Referenzen sind reizend, niemals plump und qualitativ um
einiges hochwertiger als alles, was die gehypete Neo-Psychdelic-Band
Temples
aus den Midlands bisher an den Tag legte. Da können sich Noel
Gallagher und
die Herren von Kasabian
noch
so sehr in Lobhymnen üben. Immerhin, Casper
zeigte
sich letzten Sommer begeistert von Okta Logue, selbst wenn man mit
seiner Musik wenig anfangen kann, so muss man dem Bielefelder Rapper
doch zugestehen, keinen ganz schlechten Musikgeschmack zu haben.
Benedikt Baum
und Sascha Beck,
die zuvor mit Eva
Baum
und Eva Müller
als Bees Village ein bemerkenswertes Vorbandset gespielt haben,
steuern schöne Backing-Vocals bei. Schon der Auftritt der eigenen
Band lebte vom ausgezeichneten, mehrstimmigen Gesang,
als Gastvokalisten des Hauptacts sorgen der Bassist und der Gitarrist
und Sänger der Frankfurter Gruppe für traumhafte Harmonien. Sascha
Baum bewies bereits beim 45-minütigen Auftritt seiner Band mit
starken Songs wie „Physical
Lie“,
„Cold Love“
oder
„Nobody Knows“,
dessen Grundriff mich positiv ein wenig an „Iron
Man“ von
Black Sabbath
denken
ließ, dass er ein fähiger Sänger ist.
Musikalisch haben die Frankfurter ihre Referenzen klar
gesteckt, verweisen auf Folkrock-Größen der 60er und 70er ohne sich
anzubiedern. Das herrlich leise und unaufgeregte Schlagzeugspiel und
die Akkordeon- und Klavierpassagen der beiden Evas taten ihr Übriges
für ein gutes Konzert einer Band, die offensichtlich viel Calexico
gehört
und Neil Youngs
Tugenden
verinnerlicht hat.
Die
häufigen Vergleiche mit den frühen Pink
Floyd greifen
sicherlich zu kurz, allerdings brillieren Lieder wie „Shine
Like Gold“, das
heute Abend das erste gespielte Stück des Debütalbums ist, mit
einer ähnlichen Ästhetik und einem Gitarrenspiel das dem jungen
David Gilmour
wirklich
ebenbürtig ist. Dass die Darmstädter auch ähnlich verschrobene
Geschichten wie Syd
Barret erzählen
können wird mit dem neuen Song „Mr.
Busdriver“ und
„Mr. Zoot Suit“,
einem
der interessantesten Titel des Debüts, angedeutet. Verstärkt mit Bläsersätzen erzeugt die Band bei ihrem Release-Konzert
einen ähnlich satten Sound wie in den Studioversionen, der einen
live sprachlos zurücklässt. „Everyday“,
das sich nicht auf den beiden Major-Label-Veröffentlichungen findet,
ist ein weiteres Highlight.
Meist überdurchschnittlich lang, ruft
doch kein einziges Lied heute Abend Langeweile in mir hervor. Viel
lässt sich beobachten, zahllose interessante Akkordfolgen entdecken.
Musikalisch spielt sich alles im hochklassigsten Segment ab;
unglaublich, dass man eine derart junge Band vor sich sieht.
Betrachtet man eine psychedeliche Power-Ballade wie „Dream
On“,
würde man darauf wetten, eine ausgefuchste, routinierte Band vor
sich zu sehen. Routine kommt heute Abend freilich nie auf, die Freude
über den enormen Zuschauerzuspruch ist ehrlich, die Spielfreude
echt, hier genießen ein paar bodenständige Jungs den verdienten
Erfolg, den gelebten Rockstartraum. Robert Herz, der Schlagzeuger mit
den langen Dreadlocks, spielt bis zum Rand der Erschöpfung ohne
jemals aufzuhören, fröhlich zu lächeln und synchron mit seinem
Bruder zu singen. Die Attitüde stimmt, nervige Starallüren sucht
man vergebens.
Wie
„Cats In The
Alley“ glänzt
der Song im rotweinseligen Dämmerlicht eines lauen Sommerabends, die
Musik tritt an einen nah heran. Untypische Liebeslieder mit großartiger
musikalischer Umsetzung, Okta Logue gelingen sie immer wieder: „...
and I hope we, / We could climb all over the gates / Of the old
telephone factory / Again in the westend of the valley / near the
railroad / where we used to play / like cats, cats in the alley / and
I wonder if you / still see that moon in June“. Angedeutete
Drogenmetaphorik, Bilder in Dylan-Tradition mit „Born
To Run“-Ethos,
es sind hochprozentige Songs, die einen Gegenpol zum perversen
Hedonismus, zum vertonten Markliberalismus der David
Guetta-Jugend
formen.
„Den
nächsten Song haben wir zuletzt beim Release-Konzert unseres ersten
Album 'Ballads Of A Burden' in der Oettinger-Villa gespielt. Es ist
heute der richtige Moment es wieder zu spielen, es liegt uns sehr am
Herzen“,
der aufrichtigen Ansage Benno Herz' folgt der traurige Song „Deal
With The Digger“,
der mit seiner markerschütternden Geschichte und der passenden
Instrumentierung zu dem Besten gehört, was Okta Logue in ihrem
erstklassigen Werk bisher kreierten.
Das
Debütalbum endete mit dem fast halbstündigen „Decay“,
heute gefällt mir der Song, performt mit Bläserunterstützung
besser denn je. Immer wieder erzeugt Hildebrandt interessante
Electro-Effekte, es wird hohe Aufmerksamkeit gefordert, doch die Band
macht es den Zuschauern leicht zu folgen. Als Dank gibt es „Bright
Lights“,
den aller Wahrscheinlichkeit nach bekanntesten Song der Darmstädter.
Grenzenloser Applaus dankt, „You“,
der letzte Titel des neuen Werks folgt und beschließt das reguläre
Set.
„Für
unsere Darmstädter Konzerte überlegen wir uns immer etwas
Besonderes“,
nach kurzer Unterbrechung steht das Quartett wieder auf der Bühne
und wird erneut durch die vier Freunde von Bees Village unterstützt,
als man das beste Neil Young Cover spielt, das ich bisher live gehört
habe. Das krachende Stück Sozial- und Rassismuskritik, „Southern
Man“,
in dem der große alte Mann aus den kanadischen Bergen in den 70ern
ein zynisches Bild der US-Südstaaten skizzierte und das ihm die
bekannte Antwort der, dem „Hurra-Patriotismus“ frönenden,
Southern Rockband Lynyrd
Skynyrd
in ihrem größten Hit einbrachte, wird mit genuinen Chören
dargeboten. Ohne für gewöhnlich nach Neil Young zu klingen, ist die
Hommage eine leidenschaftliche Referenz an einen der größten
popmusikalischen Helden. Ein Medley, das den Fans der ersten Stunde
gewidmet wird, folgt, bevor „Chase
The Day“ den
tatsächlichen Schlussstein des Abends setzt. Philip Meloi, Nicolai
Hildebrandt, Robert und Benno Herz sind auf dem richtigen Weg, um eine
große Sache, ein international ernstzunehmender Act auf dem Niveau
eines Konstantin
Groppers zu
werden. Die großen Festivals und Hallen, Unmengen an möglichen
Fans warten. „Our
hearts, out in the toxic rain / If you ever try to name us we'd slip
way. / At last, and despite the toxic rain, / We'll be dancing
through our dreams built out of sand / We'll chase the day to carry
on“.
Im Oktober wird die ausgedehnte Club-Tour Okta Logue erneut in die Kantine nach Augsburg führen, für mich ist es dann wohl wieder an der Zeit für eine Fahrt von Stuttgart zu den Schwaben in Bayerns Südwesten.
Setlist, Bees Village, Darmstadt:
01: Physical Lie
02: Blew It Away
03: Cold Love
04: Nobody Knows
05: Words
06: Holy Sand Parade
07: Snowman
08: Golden Mountain
09: Outside A World
10: Empty (Z)
Setlist, Okta Logue, Darmstadt:
01: Transit
02: Let Go
03: Shine Like Gold
04: Mr. Busdriver
05: Everyday
06: Dream On
07: Cats In The Alley
08: Mr. Zoot Suit
09: Just To Hear You Sleep
10: Judith
11: Deal With The Digger
12: Hey Dora
13: Decay
14: Bright Lights
15: You
16: Southern Man (Neil Young - Cover) (Z)
17: Medley (Z)
18: Chase The Day (Z)
Tourdaten, Okta Logue:
21.05.2013 Köln, Studio 672
22.05.2013 Hamburg, Uebel & Gefährlich
23.05.2013 Berlin, Magnet Club
03.09.2013 Saarbrücken, Garage
04.09.2013 Konstanz, Kulturladen
05.09.2013 Ulm, Roxy
06.09.2013 Würzburg, Café Cairo
07.09.2013 Wiesbaden, Schlachthof
10.09.2013 Hannover, Café Glockensee
11.09.2013 Bremen, Lagerhaus
12.09.2013 Kiel, Schaubude
14.09.2013 Dresden, Beatpol
02.10.2013 Nürnberg, MUZ
03.10.2013 Freiburg, White Rabbit
04.10.2013 Augsburg, Kantine
05.10.2013 Weinheim, Café Central
16.10.2013 PL - Gydnia
17.10.2013 PL - Warschau (plus UFO Mammut)
18.10.2013 PL - Krakau
25.10.2013 Osnabrück, Bastard
26.10.2013 Neumarkt i. d. Oberpfalz, Cooper's
27.10.2013 A - Wien, die Brut
06.11.2013 Leipzig, Werk 2
07.11.2013 Frankfurt/Main, Zoom
08.11.2013 München, Atomic Café
09.11.2013 Stuttgart, Zwölfzehn
04.12.2013 Köln, Luxor
05.12.2013 Aschaffenburg, Colos-Saal
Setlist, Bees Village, Darmstadt:
01: Physical Lie
02: Blew It Away
03: Cold Love
04: Nobody Knows
05: Words
06: Holy Sand Parade
07: Snowman
08: Golden Mountain
09: Outside A World
10: Empty (Z)
Setlist, Okta Logue, Darmstadt:
01: Transit
02: Let Go
03: Shine Like Gold
04: Mr. Busdriver
05: Everyday
06: Dream On
07: Cats In The Alley
08: Mr. Zoot Suit
09: Just To Hear You Sleep
10: Judith
11: Deal With The Digger
12: Hey Dora
13: Decay
14: Bright Lights
15: You
16: Southern Man (Neil Young - Cover) (Z)
17: Medley (Z)
18: Chase The Day (Z)
Tourdaten, Okta Logue:
21.05.2013 Köln, Studio 672
22.05.2013 Hamburg, Uebel & Gefährlich
23.05.2013 Berlin, Magnet Club
03.09.2013 Saarbrücken, Garage
04.09.2013 Konstanz, Kulturladen
05.09.2013 Ulm, Roxy
06.09.2013 Würzburg, Café Cairo
07.09.2013 Wiesbaden, Schlachthof
10.09.2013 Hannover, Café Glockensee
11.09.2013 Bremen, Lagerhaus
12.09.2013 Kiel, Schaubude
14.09.2013 Dresden, Beatpol
02.10.2013 Nürnberg, MUZ
03.10.2013 Freiburg, White Rabbit
04.10.2013 Augsburg, Kantine
05.10.2013 Weinheim, Café Central
16.10.2013 PL - Gydnia
17.10.2013 PL - Warschau (plus UFO Mammut)
18.10.2013 PL - Krakau
25.10.2013 Osnabrück, Bastard
26.10.2013 Neumarkt i. d. Oberpfalz, Cooper's
27.10.2013 A - Wien, die Brut
06.11.2013 Leipzig, Werk 2
07.11.2013 Frankfurt/Main, Zoom
08.11.2013 München, Atomic Café
09.11.2013 Stuttgart, Zwölfzehn
04.12.2013 Köln, Luxor
05.12.2013 Aschaffenburg, Colos-Saal
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