Konzert: Paper Beat Scissors
Ort: Le Waly Fay, Paris
Datum: 15.05.2013
Zuschauer:
Konzertdauer:55 Minuten
Das Vergnügen einen Song gewidmet zu bekommen, habe ich nach wie vor recht selten. In Haldern wurde mir dieser besondere Moment zu teil, als Josh T. Pearson ein Lied mit den Worten: "this one is for this german here", anstimmte und dann Singer To The Crowd, ein Cover des Franzosen Thousand spielte.
Bei meinen Wohnzimmersessions (bei denen Paper Beat Scissors auch kürzlich gespielt hat) kam das auch schon vor, aber das ist in diesem Zusammenhang ja auch nicht so ungewöhnlich.
In dieser Woche war es aber soweit: "this song is for Oliver", hörte ich Tim Crabtree alias Paper Beat Scissors in das Mikro sprechen. Der hagere Brite, der seit einigen Jahren im kanadischen Halifax lebt, hatte sich gemerkt, daß ich ihm kürzlich erzählt hatte, daß ich den auf der fein verpackten EP Flicker enthaltenen Song Back Out besonders mag. Das Stück erinnerte mich hinsichtlich Melodieführung, Melancholie und Falsetstimme angenehm an Loney Dear und dies obwohl der falsche Kanadier den Schweden gar nicht wirklich kennt.
Es ist ein wirklich wundervolles, sehr filigranes Lied und heute in dem urigen Gewölbekeller des Pariser Restaurants Waly Fay kam es besonders gut zur Geltung. Inhaltlich geht es um Hoffung im weiten Sinne, möge sich jeder zu Hause im stillen Kämmerlein mit den Parolen beschäftigen, ich werde sie hier nicht vorkauen. Stilistisch schloss es den Reigen melancholisch- intimer Akustikballaden, die hier und heute tonangebend waren. Eine hölzerne Gitarre und eine durch Mark und Bein gehende Falsettstimme, mehr brauchte Paper Beat Scissors nicht, um nachhaltig zu beeindrucken. Sein Set war gespickt mit betörenden Liedern, denen man jetzt floskelhaft Begriffe wie "Rotweinmusik, Lagerfeuermusik, oder Herbstmusik anheften könnte, aber um keine Klischees zu pflegen, nicht sollte. Bekanntlich ist es Mai und der Herbst noch recht weit entfernt, Rotwein wurde nicht getrunken, sondern eine Rumbole, (kredenzt vom Hausherren) und ein Lagerfeuer brauchte es eh nicht, es war auch so warm genug.
Ursprünglich hätte der Gig in einer nahe gelegenen Galerie names Goutte de Terre stattfinden sollen. Da diese aber nach der Buchung von Paper Beat Scissors (und einigen anderen Künstlern) kurzfristig geschlossen wurde (Eigentümerwechsel oder so was, ich weiß es nicht genau), wurde das Ganze ein paar Häuser weiterverlegt und im Keller eines afrikanischen Restaurants gespielt. Als ich im Vorfeld davon hörte, schwante mir nichts Gutes (ich stellte mir eine laute, duftintensive, eher undankbare Location vor) wurde aber extrem positiv überrascht. Die Bedingungen waren vorzüglich, der Raum sehr stilvoll und voller Atmosphäre, das Publikum vorbildlich leise und der Sound brillant.
Null Störfaktoren also und so konnte man voll und ganz dieses feine Konzert genießen. Be Patient, Rest Your Bones oder Flicker hießen neben Back Out die Highlights eines Auftritts, der durchgängig hochklassig und erlesen war und auch mit zwei Covern, Waltz # 1 von Elliott Smith und Sprout And The Bean von Joanna Newsom, aufwarten konnte.
Tim Crabtree setzte seine Stimme stets sehr wandelbar ein, mal war sie fragil und zart, dann wieder druckvoll und fast wütend, immer aber berührte sie. Stimmliches Vorbild ist wohl Jonsi, aber richtige Parallelen zu dem Sigur Rós Sänger kann man dennoch nicht so richtig herstellen. Wenn überhaupt, dann klingt Paper Beat Scissors eher nach Damien Rice.
Daran dachte aber keiner hier im Raume, die Zuseher waren eher interessierte Nichtkenner, die unter anderem auch deshalb gekommen waren, weil sie das oben gelegene Restaurant und seinen Betreiber oder den Konzertveranstalter Raphael kannten, der hier im Viertel so einiges in Bewegung gesetzt hat und setzt. Von Nachteil war es aber keineswegs, daß die Leute mit dem Oeuvre von Paper Beat Scissors vorher nicht viel allzu viel anzufangen wussten und auch ansonsten keine Musiknerds waren. So waren sie durchaus bereit, Geld für CDs und Vinyl (unter anderem eine Single mit dem Lied Tendrils, aufgenommen live in einer Kirche in Halifax) locker zu machen und hinterher kräftig Tonträger zu kaufen. Für den sympathischen Tim Crabtree, der am Vortag bereits im Pop In aufgetreten war, hatte sich dieser Abend richtig gelohnt. Er strahlte hinterher über beide Ohren und war sichtlich angetan. Schön! Falls nicht schon geschehen, entdeckt diesen Anglo-Kanadier auch für euch, er spielt bald in Deutschland, unter anderem beim fein besetzten Maifeld-Derby.
Hach und ich muss jetzt gleich noch mal Back Out hören!
Tourdaten Paper Beat Scissors:
19.05.2013: München, Theatron Pfingstfestival
20.05.2013: Graz, Scherbe
21.05.2013: Innsbruck, Die Bäckerei
23.05.2013: Prag, Djvická Klubovna
24.05.2013: Berlin, Café Myxa
25.05.2013: Eppstein, Burg Eppstein Folk Festival
26.05.2013: Köln, Lichtung
28.05.2013: Braunschweig, Nexus
29.05.2013: Weimar, TBD
30.05.2013: Mainz, Haus Mainusch
31.05.2013: Maifeld Derby Festival
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