Samstag, 4. Mai 2013

Veronica Falls, München, 03.05.13


Konzert: Veronica Falls
Ort: Feierwerk München (Orangehouse)
Datum: 03.05.2013
Zuschauer: knapp 200 (so gut wie ausverkauft)
Dauer: Veronica Falls gut 50 min, Mazes 42 min




Ich schwärme oft von Bands, nachdem ich sie zum ersten Mal gesehen habe. Es gibt ja auch wirklich eine ganze Menge entdeckenswerter Gruppen. Manche Schwärmerei lässt aber nach einer Weile wieder nach - weil es eben wieder etwas Neues gibt, aber manche bleibt haften.

Veronica Falls ist eine dieser Bands, die bei mir bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Natürlich liebte ich die Musik der Briten schon, als ich ihre beiden ersten Singles Found love in a graveyard und Beachy Head gehört hatte, hin und weg war ich aber erst nach dem ersten Konzert in Luxemburg 2011. Ihr Auftritt beim letzten Primavera Festival in Barcelona verstärkte den Eindruck: spätestens da war ich Veronica Falls hemmungslos verfallen.

Luxemburg, Barcelona, München, was wie dämliche Namedropping-Angeberei klingt, ist der Preis für meine Schwärmerei. Dummerweise haben Veronica Falls nämlich bisher einen großer Bogen um Westdeutschland, also um NRW oder Hessen gemacht. Meine Hoffnung, daß sich dies bei der Mai-Tour ändern würde - ändern müsste - war weggeblasen, als ich die Auftrittsorte sah (Kiel, Stuttgart, Berlin, Hamburg, Dresden, München). Ob ich sie sehen wollte, war nicht die Frage, wo war sie.

Brüssel und München waren die einzigen sinnvollen Alternativen (nicht nachfragen, bitte!), es wurde heute München.

Ich war schon um 19 Uhr am Feierwerk im Münchener Westen, weil ich zu einem Interview mit der Band verabredet war. Das Feierwerk ist ein Kulturzentrum in Gebäuden, die offenbar früher als Fertigungshallen gedient hatten. Veronica Falls waren im kleinen Saal angesetzt, im Orangehouse, laut Feierwerk-Website dem Wohnzimmer des Komplexes. Als ich dort ankam, waren die vier Londoner noch beim Soundcheck. Sie spielten Bad Feeling und brauchten einige Durchgänge, um mit dem Klang zufrieden zu sein - und es gibt wahrlich schlechtere Starts in einen Abend als 15 Minuten Bad Feeling.

Es lag nicht an mir, daß sich der Konzertstart um 30 Minuten verzögerte (wobei ich das gerne mal behauptete). Kurz vor acht saßen Sängerin Roxanne und Gitarrist James zwar noch mit mir in ihrer Garderobe und malten ein Selbstporträt, als die Vorgruppe Mazes vom Soundcheck reinkam und erklärte, sie habe keine Zeit für ein Abendessen, sie müsse pünktlich um halb neun beginnen. 

Vielleicht durften Mazes doch noch essen, es ging jedenfalls erst um neun im vollgepackten Orangehouse los. 199 Zuschauer passen laut Website des Clubs ins Wohnzimmer, die sicher auch da waren.

Der kleine Saal gefiel mir sehr gut.  Ungewöhnlich sind die beiden Fensterfronten die wegen des Schummerlichts auf der Bühne und der Lichter von der Straße dafür sorgten, daß das Publikum besser ausgeleuchtet war als die Bands. Da die Bühne nicht zentriert ist und eine Reihe Säulen den Saal teilt, war die rechte Hälfte des Raums vollgestopft, die linke, die hinten sichteingeschränkt war und von der Bar begrenzt war, recht leer. Es war also voll, aber nicht unangenehm voll.

Der Support Mazes, eine Band aus Manchester, besteht aus drei Musikern (Gitarre, Bass, Schlagzeug) und sollte nach Selbstbeschreibung Garage-Rock spielen. Mag ich. Das erste Stück des Sets war dann allerdings deutlich anders, bestand aus einer sehr einfachen monoton wieder und wieder gespielten Ton-Folge und dauerte ewig. Und diese Kombination war fantastisch! Der Bassist hampelte mir etwas zu sehr rum, das passte nicht zum schlichten Klang des Stücks, schmälerte die Qualität aber nicht. Das mochte ich noch sehr viel mehr als die x-te Garageband. Leider wurde es danach bluesiger und weniger spannend. Erst das letzte Lied, das nach dem gleichen Muster wie das erste gestrickt war, also repetitiver Rhythmus, karger Gesang und irre Länge, packte mich wieder. Sicher ist Mazes keine Band, die mir auf Platte gefällt, Anfang und Ende des gut 40 minütigen Konzerts waren aber sehr gut, der Rest ok.

Um fünf nach zehn* kamen Veronica Falls auf die dunkle Bühne. Die Band, die 2009 gegründet wurde, besteht aus Sängerin Roxanne, Gitarrist James, Schlagzeuger Patrick und der gebürtigen Französin Marion am Bass.

Das Set begann wie so oft mit dem ersten Stück der aktuellen Platte (Tell me). Das Album Waiting for something to happen erschien im Februar diesen Jahres und folgte dem 2011er Debüt Veronica Falls. Obwohl zwischen beiden Platten fast anderthalb Jahre liegen, wurde das Album wegen exzessiven Tourens in sehr kurzer Zeit geschrieben. Wir hatten uns vor dem Konzert darüber unterhalten, ob die Lieder auf Waiting for something... alle aus der Zwischenzeit stammten, weil ich denke, daß viele Bands auf ihrem Debüt Stücke ansammeln, die zum Teil viele Jahre alt sind, um dann in Hetze einen mittelprächtigen Nachfolger zu schreiben. Zwei Stücke seien ein wenig älter (und werden schon lange live gespielt - Buried alive zum Beispiel), der Rest sei ausnahmslos nach dem Erstling entstanden. Da mir Waiting for something to happen immer besser gefällt und einige riesige Pop-Perlen enthält, spricht das deutlich für die Qualität der Band!

Trotzdem brauchte ich zwei Lieder, um reinzukommen. Erst bei Beachy Head, dem Lied über den Selbstmord-Kreidefelsen in Sussex, war meine restlose Begeisterung wieder da! Dieser wundervolle Gesang von Roxanne, James und Patrick, die scheppernden Gitarren, die einfach gehaltenen aber enorm melodiösen Melodien - und die oft ungemein düsteren Texte! Und (liebe Kölner Booker), das funktionierte hervorragend! Veronica Falls hatten schon einmal im Feierwerk gespielt, die ausgelassene Stimmung lag aber sicher nicht nur daran!

Danach blieben Niveau und Stimmung gleichhoch. Wenig überraschend, da die Band zwei Hitalben aufgenommen hat und kaum schwächere (und keine schwachen) Lieder hat.

Mit fünfzig Minuten war das Konzert viel zu kurz, keine Frage. Das Repertoire hätte locker für 20, 30 weitere Minuten gereicht. Alleine der Überhit Come on over vor den Zugaben, der von einem zwei-, dreiminütigen Intro eingeleitet wurde, entschädigte aber für diesen Makel. Die Stelle am Ende, wenn Schlagzeuger Patrick "ah ah"s singt ist einfach wundervoll! In Michelin-Führern werden drei Sterne damit beschrieben, daß sich dafür eine eigene Anreise lohnt. Come on over ist ein Drei-Sterne-Lied!

Nach zwei Zugaben (die zweite war das Roky Erickson Cover Starry eyes von ihrer ersten Single) war um kurz vor elf Schluß. Natürlich war es wieder ein tolles Konzert! Und wenn der Preis für tolle Veronica Falls Shows die kurze Dauer ist, weiß ich Abhilfe: man muß die Band einfach öfter sehen. Vielleicht spielen sie dann auch mal meinen aktuellen Liebling Shooting star, ein völlig zu unrecht unterschätzter Oberknüller des aktuellen Albums.



Video: Sophie (mehr)

Setlist Veronica Falls, Feierwerk, München:

01: Tell me
02: My heart beats
03: Beachy Head
04: Broken toy
05: Waiting for something to happen
06: Bad feeling
07: Found love in a graveyard
08: If you still want me
09: Buried alive
10: Wedding day
11: Teenage
12: Come on over

13: Right side of my brain (Z)
14: Starry eyes (Roky Erickson Cover) (Z)

Links:

- aus unserem Archiv:
- Veronica Falls, Barcelona, 02.06.12
- Veronica Falls, Berlin, 22.03.12
- Veronica Falls, Luxemburg, 10.11.11
- Veronica Falls, Paris, 04.05.11

Tourdaten Veronica Falls:

04.05.2013 Stuttgart, Merlin 
05.05.2013 Dresden, Beatpol 
06.05.2013 Berlin, Festsaal Kreuzberg 
07.05.2013 Kiel, Roter Salon @ Pumpe 
08.05.2013 Hamburg, Molotow 

Foto: Archiv (Primavera Festival 2012)


* 22.06 Uhr, um genau zu sein




 

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