Konzert: CocoRosie (+Valgeir Sigurdsson)
Ort: Berlin Huxleys Neue Welt
Datum:24.05.2013
Zuschauer: ausverkauft
Dauer: 30+120 Minuten
CocoRosie erneut in Berlin. Nach drei im vergangenen Jahr ausverkauften Shows hintereinander, ist der Tourauftakt in Berlin zum neuen Album Tales Of A GrassWidow wohl kein Zufall. Statt zuletzt im Heimathafen, wird dieses Mal ins mittlerweile eher stiefmütterlichen Huxleys Neue Welt geladen. In den 90ern kam man als Konzertgänger kaum ums Huxleys herum. Das hat sich nun gravierend geändert und so kam beim Betreten der Räume ein großer Moment der Nostalgie in mir hoch. Legendär war für mich u.a. das Sonic Youth Konzert mit Stereolab als Vorband. Vielleicht auch legendär, da es außer einer Wand von Gitarrengeschrabbel kaum etwas zu vernehmen gab. Da hoffte ich heute auf deutlich mehr Klangkunst.
Die beiden letzten CocoRosie Konzerte gefielen mir außerordentlich gut - auch wenn sie es mit der indischen Folklore doch recht dick aufgetragen haben. Es wirkte nicht peinlich. Statt indischer Folklore wurde zu Anfang des heutigen Konzertabends den Isländer Valgeir Sigurdsson geboten, welchen ich schon vor einer Weile im Radialsysteme V bestaunen durfte. Der beliebte Mix aus Klassik-Elementen und Elektrosounds ist seine große Stärke. So fusioniert er auch gekonnt (auch provokativ) Elektrosounds mit Klaviereinlagen. Zwischendurch strapaziert er doch recht arg mit massiven Bässen, die an der Grenze zum Nase bluten standen. Dann auch hochfrequentes Fiepen, bei der sich massenhaft die Ohren zugehalten wurde. Vielleicht wollte Herr Sigurdsson einfach nur eine ordentliche Duftmarke setzen in Kenntnis an die doch recht spielerischen Sounds der Casady Schwestern. Das ist ihm sicherlich gelungen, wenn mir auch sein Konzert in den Radialsystemen deutlich besser gefallen hat. Ein teils verwirrtes Publikum klatschte teils vor entzückter Bewunderung und aus Überforderung.
Ein Metallzaun trennt das Publikum unnötigerweise von der Bühne. Das schafft eine distanzierte Atmosphäre, die in meinen Augen unnötig gewesen ist. Einzig die Fotografen und der Kameramann mögen davon profitiert haben. Schaue ich um mich herum, so entdecke ich doch eine recht stattliche Anzahl von frisch rasierten Frauenköpfen. Das CocoRosie auch als Ikonen der Lesben-und Schwulenbewegung gelten, ist heute Abend gut erkennbar. Eine angenehm offene Atmosphäre schafft dieser kunterbunte Publikumsmix.
Nach 30 Minuten Pause und einem gehirnwaschenden in Endlosschleife befindlichen Sound, kommen endlich die ersten Musiker von CocoRosie auf die Bühne. Neben Valgeir Sigurdsson ist der Beatboxer Tez auch wieder dabei. Der Abend beginnt mit Child Bride. Ich war gespannt was sie die beiden Schwestern an Kostümierung für den heutigen Abend überlegt haben. Ohne mich wirklich auszukennen, würde ich sagen, dass Sierra einen schwarzen Body mit Strumpfhose bis zu den Knien trug. Darüber einen kiminoartigen Mantel. Sie platzierte sich direkt an der Harfe und sphärische Klaäge ertönten aus ihrem Zupfen und Gesang. Bianca trug einen langen dünnen Kittel, der eher an Fabrikarbeiterin erinnerte als an eine Abendgarderobe. Viel interessanter war dagegen ihr Kopfschmuck. Eine Mischung aus beleuchtetem Geweih bzw. Zweigen mit lauter kleinen LEDs. Das sah am Anfang doch recht eigenwillig aus, aber dafür liebe ich CocoRosie, dass sie sich immer wieder für die Bühne irgendetwas besonderes überlegen. Und diese beleuchtete Krone war einfach unheimlich schön anzusehen.
Das neue Album gefällt mir richtig gut. Und mit End Of Time spielen sie auch gleich eines meiner Lieblingslieder des Albums. Tez ist wieder voll in seinem Element. Ohne ihn - und da bin ich mir ziemlich sicher, würde der Sound von CocoRosie sehr viel verlieren. Bei Harmless Monster geht mir richtig das Herz auf. "And it´s alright to recognize me"...
Wenn ich jetzt sagen würde, dass das Publikum distanziert reagierte, so ist das wahrlich übertrieben, aber die überschwängliche Euphorie macht sich (noch) nicht wirklich breit. Das mag auch daran liegen, dass das neue Album erst am gleichen Tag des Konzerts veröffentlich wurde und alles noch neu und interessant klingt. After The Afterlife und Gravediggress kommen überraschend schon am Anfang des Konzerts. Soll mir recht sein, denn ich habe sie mangels Alternative vom neuen Album doch recht häufig gehört. Dazu noch die doch recht üppige Radiopräsenz. Richtig gut gefällt mir Anna Lama, welches bislang unveröffentlicht ist. Ich mag das Harfenspiel und Sierras deutlich verzerrte Stimme. Ein wahres Highlight.
Dann bekommt der liebe Tez Zeit für eine kleine Soloshow. Ich bin immer wieder beeindruckt. Ein wirklich cooler Typ. Gott sei Dank erinnert nur sehr wenig an die Zeiten von Police Academy, als das Geräusche imitieren in der breiten Öffentlichkeit populär wurde. Mit Villain kommt die Band wieder zurück auf die Bühne. Dieses Mal sogar in Begleitung einer drallen Tänzerin, die eine Mischung aus Erotik und Rhythmik versprühen möchte. Meinen Nerv hat diese Darbietung nicht getroffen. Passte irgendwie nicht richtig zum Rest dazu.
Richtig beeindruckt hat mich die Live-Version von Undertaker. Dazu Sierras Gesang und im Hintergrund ein tragischer Clown auf der Videoleinwand. Da lief es mir vor Rührung kalt den Rücken herunter. Wunderschön. Überhaupt wirken Bianca und Sierra keinesfalls überdrüssig voneinander. So ist es schön mit anzusehen, wie sie sich gegenseitig unterstützen. Jede in ihrer Rolle. R.I.P. Burnface klingt angenehm frisch.
Lustig wird es dann noch zu Fairy Paradise, als Bianca irgendeinen Christopher aus dem Publikum auf die Bühne bittet, um dann mit ihr tanzend und singend eine nette Show abzuliefern. In welcher Beziehung die Beiden zueinander stehen, bleibt für mich ungeklärt.
Ordentlichen Applaus gibt es dann noch für die ersten Tonbandklänge von Werewolf. Zu Recht, denn das Lied ist einfach zu schön - und darf eigentlich auch live nie fehlen. Voller Wehmut höre ich dann Teen Angel. Ach und wieder die Harfe. Stelle ich mir einen Himmel vor - von welchen Engeln würde ich lieber umgeben sein. Vor den kitschig, langweiligen goldhaarigen Engeln oder von Engeln wie sie die Casady Schwestern sind. Ich glaube ich bräuchte eine gute Mischung.
Abgerundet wird der Abend dann mit Beautiful Boyz.
Ich muss gestehen, dass ich nach anfänglicher Skepsis, ob mich CocoRosie erneut so berühren würden, nun beruhigt sagen kann - ja - das tun sie. Und das neue Album ist wunderbar geworden. Froh und glücklich entlässt mich das Huxleys mit einem weiteren Meilenstein, den ich an diesem Ort erleben durfte. Einziger Wehmutstropfen: Sie haben Japan und South 2nd nicht gespielt.
Hier die Aufzeichnung vom Pariser Konzert:
http://liveweb.arte.tv/de/video/Cocorosie_in_den_Bouffes_du_Nord/
Setlist:
Child Bride
End Of Time
Harmless Monster
Tears For Animals
After The Afterlife
Gravediggress
Anna Lama
Tez (solo)
Villain
Far Away
Undertaker
R.I.P. Burnface
Smokey Taboo
Poison
We Are On Fire
Fairy Paradise
-
Werewolf
Teen Angle
-
God Has A U
Beautiful Boyz
Ort: Berlin Huxleys Neue Welt
Datum:24.05.2013
Zuschauer: ausverkauft
Dauer: 30+120 Minuten
Die beiden letzten CocoRosie Konzerte gefielen mir außerordentlich gut - auch wenn sie es mit der indischen Folklore doch recht dick aufgetragen haben. Es wirkte nicht peinlich. Statt indischer Folklore wurde zu Anfang des heutigen Konzertabends den Isländer Valgeir Sigurdsson geboten, welchen ich schon vor einer Weile im Radialsysteme V bestaunen durfte. Der beliebte Mix aus Klassik-Elementen und Elektrosounds ist seine große Stärke. So fusioniert er auch gekonnt (auch provokativ) Elektrosounds mit Klaviereinlagen. Zwischendurch strapaziert er doch recht arg mit massiven Bässen, die an der Grenze zum Nase bluten standen. Dann auch hochfrequentes Fiepen, bei der sich massenhaft die Ohren zugehalten wurde. Vielleicht wollte Herr Sigurdsson einfach nur eine ordentliche Duftmarke setzen in Kenntnis an die doch recht spielerischen Sounds der Casady Schwestern. Das ist ihm sicherlich gelungen, wenn mir auch sein Konzert in den Radialsystemen deutlich besser gefallen hat. Ein teils verwirrtes Publikum klatschte teils vor entzückter Bewunderung und aus Überforderung.
Ein Metallzaun trennt das Publikum unnötigerweise von der Bühne. Das schafft eine distanzierte Atmosphäre, die in meinen Augen unnötig gewesen ist. Einzig die Fotografen und der Kameramann mögen davon profitiert haben. Schaue ich um mich herum, so entdecke ich doch eine recht stattliche Anzahl von frisch rasierten Frauenköpfen. Das CocoRosie auch als Ikonen der Lesben-und Schwulenbewegung gelten, ist heute Abend gut erkennbar. Eine angenehm offene Atmosphäre schafft dieser kunterbunte Publikumsmix.
Nach 30 Minuten Pause und einem gehirnwaschenden in Endlosschleife befindlichen Sound, kommen endlich die ersten Musiker von CocoRosie auf die Bühne. Neben Valgeir Sigurdsson ist der Beatboxer Tez auch wieder dabei. Der Abend beginnt mit Child Bride. Ich war gespannt was sie die beiden Schwestern an Kostümierung für den heutigen Abend überlegt haben. Ohne mich wirklich auszukennen, würde ich sagen, dass Sierra einen schwarzen Body mit Strumpfhose bis zu den Knien trug. Darüber einen kiminoartigen Mantel. Sie platzierte sich direkt an der Harfe und sphärische Klaäge ertönten aus ihrem Zupfen und Gesang. Bianca trug einen langen dünnen Kittel, der eher an Fabrikarbeiterin erinnerte als an eine Abendgarderobe. Viel interessanter war dagegen ihr Kopfschmuck. Eine Mischung aus beleuchtetem Geweih bzw. Zweigen mit lauter kleinen LEDs. Das sah am Anfang doch recht eigenwillig aus, aber dafür liebe ich CocoRosie, dass sie sich immer wieder für die Bühne irgendetwas besonderes überlegen. Und diese beleuchtete Krone war einfach unheimlich schön anzusehen.
Das neue Album gefällt mir richtig gut. Und mit End Of Time spielen sie auch gleich eines meiner Lieblingslieder des Albums. Tez ist wieder voll in seinem Element. Ohne ihn - und da bin ich mir ziemlich sicher, würde der Sound von CocoRosie sehr viel verlieren. Bei Harmless Monster geht mir richtig das Herz auf. "And it´s alright to recognize me"...
Wenn ich jetzt sagen würde, dass das Publikum distanziert reagierte, so ist das wahrlich übertrieben, aber die überschwängliche Euphorie macht sich (noch) nicht wirklich breit. Das mag auch daran liegen, dass das neue Album erst am gleichen Tag des Konzerts veröffentlich wurde und alles noch neu und interessant klingt. After The Afterlife und Gravediggress kommen überraschend schon am Anfang des Konzerts. Soll mir recht sein, denn ich habe sie mangels Alternative vom neuen Album doch recht häufig gehört. Dazu noch die doch recht üppige Radiopräsenz. Richtig gut gefällt mir Anna Lama, welches bislang unveröffentlicht ist. Ich mag das Harfenspiel und Sierras deutlich verzerrte Stimme. Ein wahres Highlight.
Dann bekommt der liebe Tez Zeit für eine kleine Soloshow. Ich bin immer wieder beeindruckt. Ein wirklich cooler Typ. Gott sei Dank erinnert nur sehr wenig an die Zeiten von Police Academy, als das Geräusche imitieren in der breiten Öffentlichkeit populär wurde. Mit Villain kommt die Band wieder zurück auf die Bühne. Dieses Mal sogar in Begleitung einer drallen Tänzerin, die eine Mischung aus Erotik und Rhythmik versprühen möchte. Meinen Nerv hat diese Darbietung nicht getroffen. Passte irgendwie nicht richtig zum Rest dazu.
Richtig beeindruckt hat mich die Live-Version von Undertaker. Dazu Sierras Gesang und im Hintergrund ein tragischer Clown auf der Videoleinwand. Da lief es mir vor Rührung kalt den Rücken herunter. Wunderschön. Überhaupt wirken Bianca und Sierra keinesfalls überdrüssig voneinander. So ist es schön mit anzusehen, wie sie sich gegenseitig unterstützen. Jede in ihrer Rolle. R.I.P. Burnface klingt angenehm frisch.
Lustig wird es dann noch zu Fairy Paradise, als Bianca irgendeinen Christopher aus dem Publikum auf die Bühne bittet, um dann mit ihr tanzend und singend eine nette Show abzuliefern. In welcher Beziehung die Beiden zueinander stehen, bleibt für mich ungeklärt.
Ordentlichen Applaus gibt es dann noch für die ersten Tonbandklänge von Werewolf. Zu Recht, denn das Lied ist einfach zu schön - und darf eigentlich auch live nie fehlen. Voller Wehmut höre ich dann Teen Angel. Ach und wieder die Harfe. Stelle ich mir einen Himmel vor - von welchen Engeln würde ich lieber umgeben sein. Vor den kitschig, langweiligen goldhaarigen Engeln oder von Engeln wie sie die Casady Schwestern sind. Ich glaube ich bräuchte eine gute Mischung.
Abgerundet wird der Abend dann mit Beautiful Boyz.
Ich muss gestehen, dass ich nach anfänglicher Skepsis, ob mich CocoRosie erneut so berühren würden, nun beruhigt sagen kann - ja - das tun sie. Und das neue Album ist wunderbar geworden. Froh und glücklich entlässt mich das Huxleys mit einem weiteren Meilenstein, den ich an diesem Ort erleben durfte. Einziger Wehmutstropfen: Sie haben Japan und South 2nd nicht gespielt.
Hier die Aufzeichnung vom Pariser Konzert:
http://liveweb.arte.tv/de/video/Cocorosie_in_den_Bouffes_du_Nord/
Setlist:
Child Bride
End Of Time
Harmless Monster
Tears For Animals
After The Afterlife
Gravediggress
Anna Lama
Tez (solo)
Villain
Far Away
Undertaker
R.I.P. Burnface
Smokey Taboo
Poison
We Are On Fire
Fairy Paradise
-
Werewolf
Teen Angle
-
God Has A U
Beautiful Boyz
1 Kommentare :
Christopher Nell, Schauspieler!
Robert Wilson hat mit CocoRosie am Berliner Ensemble Peter Pan inszeniert, wo er mitspielt als Tinker Bell. Empfehlenswert.
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