Donnerstag, 28. Februar 2013

Alt-J, Paris, 24.02.13


Konzert: Alt-J (Stealing Sheep)
Ort: Le Trianon, Paris
Datum: 24.02.2013 
Zuschauer: ausverkauft
Konzertdauer: nur 50 Minuten


Schon ein krass seltsames Gefühl, bei einem Konzert neben verpickelten sechzehnjährigen Mädchen mit strähnigen Haare zu stehen. Zu sehen, wie sie die Texte mitsingen, Händchen halten und gemeinsam den Sänger auf der Bühne anhimmeln, schlechte Photos mit ihren kleinen Kameras oder Handys von ihm schießen. Eine schlimme Phase, diese Pubertät bei den Mädels und eigentlich hatte ich keinerlei Absicht, hautnah mitzuerleben, wie sich so etwas äußert.

Aber das Publikum, zumindest in meiner Ecke, bestand nun einmal zum Hauptteil aus diesen schmachtenden Girlies, denen sogar der Ticketpreis von 30 Euro nicht zu hoch war. Papi zahlt ja. Ob ich meine nichtvorhandene Tochter auch zu einem Konzert von Alt-J lassen würde? Sicherlich. Die Burschen in der Band sehen so brav und pflegeleicht aus, daß sie keinen schlechten Einfluss ausüben dürften. Sie rauchen nicht, sie trinken nicht, sie schreien nicht rum. Total harmlos. Zu Pete Doherty dürfte meine Tochter nicht, aber Alt-J ist okay, da passiert nix.

Und die Musik ist ja ohnehin schon einmal gar nicht so übel. Da dachte ich immer, daß pubertierende Mädchen nur Justin Timberlake und Beyonce hören und dann gehen sie doch tatsächlich zu Alt-J. Wann gab es so etwas überhaupt schon einmal? Dass Musikkritiker und heranwachsende Mädels einer Meinung waren?

Aber wie war jetzt das Konzert? Konnte es die hohen Erwartungen, die durch die lobpreisenden Artikel und die vielen Auszeichnugen entstanden sind, erfüllen? Jein.


In musikalischer Hinsicht war das eine tadellose Leistung. Die vier Jungspunde bekamen die Platte sehr detailgetreu umgesetzt. Die Hits wie Tessellate, Matilda oder Breezeblocks klangen live fast noch toller als auf der äußerst gelungenen CD An Awesome Wave, aber ansonsten kam leider nicht viel rüber. Vor allem der total ruhige Sänger Joe Newman war der Problembär. Er machte während des gesamten Konzertes keine einzige Ansage und überließ das Reden ausschließlich dem nerdigen Keyboarder mit Basecap, der sogar des Französischen mächtig war. Newman ging so vorsichtig und schüchtern zu Werke, als wolle er niemanden stören. Nie griff er mal beherzt in die Saiten seiner Gitarre und ganz selten bewegte er sich mehr als nötig. Stattdessen sang er traumversunken in sein Mikro und spulte die Songs des Albums ab. Emotionen Fehlanzeige.


Allerdings reichte ein Blick auf den blonden Bassisten, um sich bewußt zu werden, wie unglaublich jung diese Senkrechtstarter aus Leeds noch sind. Den Kerl hätte ich nicht älter als sechzehn geschätzt und auch der Drummer schien noch nicht volljährig. Der Erfolg kam für sie wahnsinnig früh und wahnsinnig schnell und so ist es auch kein Wunder, daß sie erst einmal in ihren Starstatus reinwachsen müssen. Geben wir ihnen die Zeit, sich auch auf der Bühne zu entwickeln und Sicherheit und Selbstvertrauen zu gewinnen. Songtechnisch sind sie definitiv ein großer Gewinn für die Musikszene. Ihre Chorgesänge sind wundervoll, die Melodien herrlich und ihr minimalistischer Ansatz sehr lobenswert. Sie sind viel viel besser als andere junge britische Bands, die in den letzten 10 Jahren gekommen und (oft sehr schnell) gegangen sind.

Ich jedenfall bleibe bei Alt-J am Ball und traue ihn durchaus zu, in den nächsten Jahren packende Konzerte abzuliefern, die auf der Höhe ihres Studiowerks sind.

Setlist:

01: Intro
02: (Ripe & Ruin)
03: Tessellate 
04: Something Good
05: Buffalo
06: Dissolve Me
07: Fitzpleasure
08: Matilda
09: (Guitar)
10: Bloodflood
11: Ms
12: Breezeblocks

13: Handmade
14: Taro



 

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