Sonntag, 8. November 2009

Festival de la musique allemand, Paris, 07.11.09


Konzert: Festival de la musique allemand (Festival deutscher Musik) mit Pupkulies + Rebecca, Masha Qrella, Stereo Total, Mediengruppe Telekommander, Schulz und Soehne und Djs

Ort: Le Nouveau Casino, Paris
Datum: 07.11.2009
Zuschauer: so gut wie ausverkauft
Konzertdauer: von 21 Uhr bis 6 Uhr!



Das Festival de la musique allemand fand heuer zum 9. Male in Paris statt, aber für mich war es eine Premiere. Deutsche Musiker in meinem Pariser Jagdrevier zu beäugen, ist natürlich für mich einen spannende Sache, das versteht sich wohl von selbst. Ich bin ja laut Eike ein Brückenbauer zwischen Frankreich und Deutschland und in dieser Funktion musste ich natürlich brav antreten, Fotos schießen und Bericht erstatten. Für einen Gästelistenplatz hat es trotzdem nicht gereicht, da ich keine Peilung hatte, wen ich da hätte anschreiben müssen* und mich außerdem auch zu spät darum gekümmert habe. Ich wollte mir bis zu letzten Minute alle Optionen offen halten, schließlich gab es anderswo auch interessante Konzerte u.a. mit Fanfarlo oder April March. Daß ich mich schließlich für das Festival deutscher Musik entschieden habe, sollte ich nicht bereuen. Es war ein schöner, stimmungsvoller und ausgelassener Abend mit einem abwechslungsreichen musikalischen Programm. Elektro Pop mit Pupkulies + Rebecca, Indierock mit Masha Qrella, schräger deutsch französischer Punk Pop mit Stereo Total und deutscher Punk Rock mit der Mediengruppe Telekommander, für jeden Geschmack war etwas dabei!

Wobei sich über Geschmack natürlich trefflich streiten lässt. Oder auch nicht. Formulieren wir es bescheidener: Was ich mag ist gut, was ich nicht mag, ist scheiße! So.

Stereo Total waren schon mal eher nichts für mich, die überlass ich gerne Uschi (hallo Uschi, alles klar?) und den anderen, zahlreichen Fans, die extra für das schräge deutsch-französische Duo gekommen waren. Wahrscheinlich habe ich nicht den gleichen Humor wie Françoise und Brezel (eigentlich habe ich gar keinen Humor), oder war einfach nicht besoffen genug (eigentlich war ich noch nicht einmal ein bißchen besoffen), um auf den Mix aus Neuer Deutscher Welle, Punk Rock im Stile der Ramones bzw. Stinky Fingers und Elektro Pop abzugehen. Aber meinen Segen brauchten Stereo Total wahrlich nicht, denn ihr Set wurde vom Publikum sensationell gut aufgenommen und das Nouveau Casino glich einem Tollhaus. Super Stimmung also und das ist es ja, worauf es den meisten bei Festivals in erster Linie ankommt. Gekrönt wurde die Party vom Entern der Bühne aufgepeitscher Fans bei der Zugabe. Abgefahren, keine Frage...

A propos abgefahren, die letzte U-Bahn fuhr auch heute nicht später (obwohl Sven Regener ja das Gegenteil behauptet) und so konnte ich das Set der Mediengruppe Telekommander auch nicht bis zum Ende sehen. Eine Katastrophe war das aber nicht, denn der elektronische, deutsche Punkrock der beiden Heißsporne Florian Zwietnig und Gerald Mandl war zwar unterhaltsam und tanzbar, aber musikalisch nicht unbedingt meine Tasse Tee. Wobei festzuhalten ist, daß die Kerle absolut catchy und explosiv sind und mich mit ein paar Liedern (Endlosrille, Einer muss in Führung gehen) gut durchgeschüttelt haben. Das Zeugnis starke Liveband kann ich ihnen bedenkenlos ausstellen.

Kommen wir zu der Berlinerin Masha Qrella, die der Hauptgrund meines Erscheinens war. Die vielbeschäftigte Frau (Mina, Contriva, NMFarner) wollte ich schon immer mal solo sehen. Zusammen mit ihrer Band Contriva hatte ich vor ein paar Jahren bereits einmal das Vergnügen, sie live zu erleben, aber Songs unter ihrem Moniker hatte sie den Parisern bisher noch nicht vorgetragen. Stilistisch unterscheiden sich Contriva und Masha Qrella deutlich. Gibt es bei Ersteren so gut wie nie Gesang, ist bei Masha jedes Lied mit Texten beschrieben. Gut so, denn ihre Stimme ist wirklich sehr sehr schön! Lieblich, melancholisch, sinnlich und perfekt passend zum ideenreichen Indierock ihrer Band, die aus drei weiteren Mitgliedern besteht. Mit I Talk To The Trees wurde das Set eröffnet und auf Anhieb war ich angetan von der zarten Melancholie, die mich auf erfreuliche Weise an Stereolab erinnerte. Die Orgel jubilierte, die Gitarre tönte herrlich melodiös und der Bass polterte dezent durch das Stück. Ein Hörgenuß erster Güte, obwohl sich die Band hinterher nicht ganz zufrieden zu dem Sound äußerte.

Was mir besonders gefiel, war die Tatsache, daß Masha Qrella konsequent Indiemusik macht, die nicht nach dem eingängigen und erfolgsversprechenden Hit schielt, sondern subtiler und komplexer daherkommt, ohne schwer zugänglich zu werden. In dieser Hinsicht sah ich Parallelen zu den sträflich wenig beachteten Engländerinnen von Electrelane, die ebenfalls starke Lieder mit Langzeiteffekt komponieren. Zum Abschluß gab es allerdings ein Lied, das mit seinen unwiderstehlichen Dingel-Dengel Gitarren und seinem eingängigen Refrain definitiv Hitqualitäten hatte. Ich habe es umgehend zu meinem Profilsong bei MySpace auserkoren und empfehle auch das tolle aktuelle Album Speak Low.

Setlist Masha Qrella, Nouveau Casino, Paris:

01: I Talk To The Trees
02: My Ship
03: Speak Low
04: One Life To Live
05: Drunken Scene
06: Wandering Star
07: Feels Like
08: Pink Frost
09: 14 Reasons
10: I'm A Stranger Here Myself

Konzertdaten Masha Qrella (Angaben ohne Gewähr):

12.11.2009: UT Connewitz, Leipzig
13.11.2009: Metropolis, Münster
14.11.2009: Knust, Hamburg: abgesagt!

Danach Konzerte in Italien!

Ebenfalls postiv hervorzuheben waren Pupkulies & Rebecca. Ein gemischtes Berliner Duo mit klarer Aufgabenteilung. Sie singt und zwar absolut charmant (manchmal klang sie wie Julie Doiron, was natürlich ein Plus war!) und er ist für die zackigen, elektronischen Beats zuständig.

Sie gingen als erste Band des abends an den Start und meisterten diese schwierige Aufgabe mit Bravour. Am Anfang war es noch recht leer im Nouveau Casino, aber mit der Zeit strömten immer mehr Besucher in den Laden und die anfänglichen Hemmungen fielen von Lied zu Lied. Pupkulies und Rebecca boten einen minimalistischen, aber punktgenauen und sehr tanzbaren Sound, der erfreulich organisch klang und eine schwer zu beschreibende Anziehungskraft ausübte. Rebeccas Gesang und ihre charmante Art trug viel dazu bei, aber auch die Beats des smarten Janosh waren absolut catchy! Das Ganze wirkte schlichtweg hypnotisierend und irgendwann sah ich nur noch Rebeccas Pferdeschwanz durch die Gegend segeln und Janosh hinter seinem schönen Apple Notebook rödeln.

Gespielt wurden Stücke von beiden Alben (Beyond The Cage und Burning Boats) z.B. Some Gin, Save Me und vor allem das französische Nouvelle Chance ("Tu es fous toi?"), das logischerwise bei den Franzosen extrem gut ankam.

Pupkulies & Rebecca also eine echte Entdeckung! Sie hatten einen wirklich gelungenen Abend eröffnet, der noch bis in die frühen Morgenstunden ging. So lang kann aber ein alter, müder Mann wie ich nicht abhotten. Gegen 1 Uhr 30 war für mich Schluß. Bis zum nächsten Jahr, Festival de la musique allemand und Kompliment an den Organisator Phil Stumpf!


* am Kassenhäuschen angekommen, wurde mir das klarer. Das Goetheinstitut natürlich! Darüber kamen in der Tat eine ganze Gruppe junger Mädchen rein...

Links:

Eike freut sich darüber, daß es den anachronistischen Sound der Mediengruppe Telekommander heute noch gibt. Hier nachzulesen
.
- Videos von Uschi (klasse, danke!): Stereo Total - Wir tanzen im 4-eck @ Nouveau Casino Paris. Leute stürmen die Bühne. Wahnsinn! I Love You Ono
Forever 16




2 Kommentare :

E. hat gesagt…

fotos?

Oliver Peel hat gesagt…

Kommen sofort! Insider wissen ja, wo man sie findet. Auf meiner Flickr-Seite:

http://www.flickr.com/photos/oliverpeel

 

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