Freitag, 25. April 2008

Laura Marling, Paris, 24.04.08



Konzert: Laura Marling

Ort: Le Baron, Paris
Datum: 24.04.2008
Zuschauer: kann ich schlecht schätzen, vielleicht 150?



"Tell Laura I Love Her"


An diese Schmonzette von Ray Peterson aus dem Jahre 1960 (zalreiche Mal gecovert, sogar von Rex Gildo!) mußte ich oft beim Auftritt der blutjungen Engländerin Laura Marling im Pariser Nobelclub Baron denken. Ja, ich geb's ja zu, ich bin schon ein wenig verschossen in dieses Mädchen und somit wahrscheinlich befangen, was mein musikalisches Urteil betrifft.

Aber ich bin nicht der Einzige der für die kurzhaarige Blondine schwärmt. Chris, ein 42 jähriger Engländer aus Manchester, ist extra für dieses kurze Privatkonzert nach Paris gekommen! Von London aus reiste er mit dem Eurostar an, den Konzerttermin hatte er auf der MySpace Seite von Laura erfahren. Schon witzig, da spielt eine Engländerin in einem winzigen Club in Paris, den oft noch nicht einmal Einheimische kennen und ein Brite steht pünktlich auf der Matte! Überpünktlich sogar, denn um 23 Uhr - wie eigentlich angekündigt - ließen die Gorillas am Eingang noch niemanden in den plüschig-kitschigen Raum eintreten. Auf französisch erklärte ich dem Mann mit dem Lockenkopf, der sich später als Chris vorstellte, daß wir bestimmt noch eine gute Stunde auf den Auftritt von Laura Marling warten müßten. Und so war es dann auch, erst kurz vor 24 Uhr wurden wir eingelassen, obwohl sich unsere Namen nicht auf der Gästeliste befanden. Mein französischer Freund Philippe, der inzwischen eingetroffen war und sich eingeschrieben hatte, behauptete einfach kess, das wir seine Gäste seien. Und schwupps, waren wir drin!

Unmittelbar vor der winzigen Bühne befanden sich urgemütliche rote Sofasitze und in diese ließen wir uns entspannt fallen. Die kleine Laura saß gleich hinter uns und wartete mit einem Glas Rotwein in der Hand auf die Gäste, die sie mitgebracht hatte und die supporten durften. Und das waren Mumford And Sons. An deren Spitze agierte der junge kräftige Mann als Sänger und Multiinstrumentalist , der Laura kürzlich auch schon in der Maroquinerie begleitet hatte. Ich glaube der Naturbursche, der mit seiner kurzen schwarzen Weste und dem stämmigen Körperbau ein wenig wie ein Handwerker aussieht, heißt Marcus, sicher bin ich mir da aber nicht. Alleine war er nicht, es gab auch noch einen Kappe tragenden Pianisten, einen im Chor laut mitsingenden Kontrabassisten und einen Banjospieler in der Band. Die Stimme von Marcus (wenn er denn so heißt) war außergewöhnlich, er hat ein veritables Reibeisenkehlchen. Dementsprechend versoffen und verraucht hörte sich sein Gesang an und das gefiel mir auf Anhieb. Die gespielten Lieder (ein gutes halbes Dutzend) waren außerordentlich flott und treibend, was auch daran lag, daß Marcus mit dem Fuß die Trommelpedale bediente. Man konnte prima mitklatschen und die Stimmung hätte nicht besser sein können. Auch die Band hatte sichtlich Spaß, obwohl sie heute schon touristische Strapazen hinter sich hatte, die Jungs waren von Notre-Dame zu Fuß zu dem nicht weit von den Champs-Elysées entfernt liegenden Club gekommen. Energie hatten sie aber wie junge Stiere, sie legten einen Schunkler nach dem anderen auf das 70er Jahre Disko-Parkett.

Danach stieß Laura hinzu. Immer noch ihr Glas Rotwein in der Hand haltend, ergriff sie das Mikro und legte an der Gitarre los. Laut Setlist, die ich schon sehr früh zu Gesicht bekommen hatte, weil sie an dem Mischpult des Toningenieurs klebte, der gleich neben mir agierte, war der Albumtitel Shine vorgesehen. Den ließ sie aber aus und brachte stattdessen die Singleauskopplung Ghosts. Ein wunderschönes Lied, aber mein persönlicher Favorit kam an zweiter Stelle: Bei My Manic And I stiegen mir vor Ergriffenheit die Tränen in die Augen. Mit welcher Reife das unglaublich jung aussehende Persönchen diesen traurig-schönen Titel vortrug, war einfach atemberaubend. "If he wants to die in a lake in Geneva, the mountains can cover the shape of his nose. If he wants to die where nobody can see him, the beauty of his death will carry on so I don't believe him." Was sollte ich da machen, wenn die Erbin von Sandy "Fairport Convention" Denny mich so um ihre zarten Finger wickelt? Ich taumelte vor Glück und war nicht mehr Herr meiner Sinne...

Wer aber glaubt, Laura würde nur lahm an ihrer Gitarre (oder der Ukulele) rumkratzen und traurige Balladen vortragen, sah sich getäuscht. Ihre Kompositionen sind teilweise sehr flott und gerade der Tempowechsel bei dem Titeltrack des Albums Alas I Cannot Swim kommt völlig überraschend. Interessanterweise ist Laura aber schon wieder ihrer Zeit voraus, denn obwohl ihr Debüt erst diese Woche in Frankreich erschienen ist, spielte sie bereits zwei neue Lieder, Dora und Blackberry Stone, die sich vorzüglich in den Rest des leider viel zu kurzen Sets einfügten. Nach circa. 30 Minuten war nämlich schon Schluß. Die hatten es aber in sich und der Engländer Chris war vollkommen begeistert, sein Kommentar: "My new favorite location" und "What a talent!"

Recht hatte er und ich gab ihm auch noch folgendes auf den Weg ( der Glückliche wird Laura im Mai in Liverpool wiedersehen!) :

Tell Laura I Love Her!!!

Vorgesehene Setlist Laura Marling, Le Baron, Paris:

01: Shine
02: Ghosts
03: My Manic And I
04: Dora
05: Blackberry Stone
06: I'm A Fly
07: Cross Your Fingers
08: Alas I Cannot Swim

Tatsächlich gespielte Setlist Laura Marling, Le Baron, Paris:

01: Ghosts
02: My Manic And I
03: You're No God
04: Dora
05: Blackberry Stone
06: I'm A Fly
07: Cross Your Fingers
08: Alas I Cannot Swim

Links:

- Laura Marling in der Pariser Maroquinerie, April 2008
- Video von Laura in guter Qualität, live bei BBC2 (15.03.2008) von "Cross Your Fingers"
- Offizieller Videoclip von "My Manic And I"
- Ghosts von Laura Marling
- Marcus Mumford live im Amsterdamer Paradiso

Konzertbesucher von Laura Marling könnten auch mögen:

- Noah And The Whale in Paris 2008
- Johnny Flynn And The Sussex Wit in Paris, November 2007
- Nina Nastasia in Paris 2008
- Alela Diane in Paris 2008
- Emily Jane White in Paris 2008
- Soko, zuletzt im Oktober 2007

- Mehr Fotos von Laura Marling hier



1 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Hey, klasse geschrieben. Höre Laura auch schon ne zeitlang und was würd ich darum geben, dieses junge Supertalent live zu sehen, nur länger als 30 Minuten dürfen es schon sein, vor allem weil es ja scheinbar ne wirklich besondere Atmosphäre gab.

 

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