Konzert: Hazel O'Connor
Ort: La Locomotive, Paris
Datum: 10.04.2008
Zuschauer: etwa 50
Konzertdauer: 90 min.
Heute sind wir wieder das kleine private Konzerttagebuch. Denn heute geht es um eine Künstlerin, die mir viel bedeutet, die in Indiekreisen aber keine Rolle mehr spielt, obwohl sie in den ganz frühen 80er Jahren großen Erfolg in England hatte.
Ich habe Hazels Musik erst einige Jahre später kennengelernt. 1988 bekam ich von einem Schulfreund mit den Worten "das wird Dir ganz sicher gefallen" eine Kassette in die Hand gedrückt. Darauf war Hazel O'Connors Soundtrack zum Film "Breaking Glass", in dem sie die Hauptrolle der jungen Musikerin Kate spielte. Die Platte kaufte ich mir ein paar Tage später, weil mir die Musik wirklich unglaublich gut gefiel. In den Monaten danach nervte ich einen Kölner Plattenhändler regelmäßig damit, daß ich nach Hazels Singles fragte und eine nach der anderen fand. Ihre beiden anderen Alben "Cover Plus" und "Sons and Lovers", die kurz nach "Breaking Glass" entstanden waren, gab es noch im normalen Plattenhandel.
In unserer Indiedisko liefen damals auch ein oder zwei Lieder der Engländerin, "Blackman" war Ende der 80er immer noch ein Hit (hallo Marcel übrigens!).
Die beiden Folgeplatten waren ziemliche Flops. Danach wurde es ruhig um Hazel O'Connor. "Breaking Glass" ist für mich aber immer eine der meistgehörten Platten geblieben, in meinem musikalischen Gedächtnis war Hazel immer präsent. 1993 hörte ich im Radio dann ein Lied, bei dem ich sofort wußte, daß das von ihr stammen müsse, auch wenn ihre Stimme dunkler und rauher geworden war. Und es stimmte: Es gab Hazel O'Connor noch oder wieder, "My friend Jack" stammte von einem neuen Album "To be freed". Und dann wurde es wieder ein paar Jahre still. Ende der 90er ging ich durch Trier, guckte im Vorbeigehen auf die Aushänge eines Tickethändlers und sah da einen Konzerttermin von Hazel O'Connor, etwas, auf das ich Jahre vergeblich gewartet hatte. Und dann in Trier. Das Konzert sollte allerdings in einem kleinen Ort auf halber Strecke nach Saarbrücken stattfinden, also noch spektakulärer! Zwei Minuten später hatte ich meine Karte, als einziger im Vorverkauf, denn zu Konzert im Ducsaal kamen sehr viele, aber nur einheimische Zuschauer. Hazel spielte da mit komplett neuen Arrangements. Statt Gitarren, Bass und Schlagzeug gab es eine Harfe, eine Geige und Percussions. Der Abend war traumhaft, das eindrucksvollste Konzert meines Lebens, ganz sicher!
In den Jahren danach kamen zwar ein paar CDs auf den Markt, nicht aber das Comeback, keine Konzerttermine, außer ganz vereinzelten in irgendwelchen irischen Dörfern. Bis vor drei Wochen ein mail von Oliver kam: "Hazel O'Connor 10.04. in Paris. Sei da!" Tja, was sollte ich machen... Also stand ein Ausflug in die Modehauptstadt Paris an.
Ort des Konzerts war die Locomotive eine Art Großraumdisko, die wohl 1.000 Zuschauer faßt. Zu verfehlen ist das Gebäude nicht, weil es zum einen das Nachbarhaus der Moulin Rouge ist und zum anderen eines der wenigen in der Gegend (Pigale) ohne blinkend-rote Leuchtwerbung. Wir waren früh dran, Oliver hatte mir die diversen Konzert-Clubs in der Nähe gezeigt, von denen ich sonst nur lese, und setzten uns in ein irisches Lokal neben dem Loco, um noch etwas zu essen. Von da sah man, daß immer mal wieder Leute in die Locomotive gingen, fast so viele wie ins "New Girls" auf der anderen Straßenseite.
Im Loco zeigte uns dann eine Frau, daß wir nicht in den großen Saal gehen sollten, das Konzert fände unten statt. "Unten" war eine Art kleine Kellerkneipe mit Säulen, ein paar Treppen und einer Bühne, hinter der eine (stillgelegte) Bar war. Neben uns waren vielleicht 20 Leute da. Als 20 Minuten später die Vor- und Begleitgruppe, die Subterraneans ihr kurzes Set spielten, wurde es etwas voller.
Die in Irland lebende Hazel erschien dann um kurz nach zehn. Sie hatte sich seit dem Konzert von zehn Jahren nicht merklich verändert, auch nicht, was ihren Kleidungsgeschmack anging. Sie trug ein schwarzes mehrteiliges Kleid und eine türkise zusammengeknotete Bluse darüber.
Als ich die Besetzung der Subterraneans gesehen hatte (zwei Gitarren, Schlagzeug, Bass und das unvermeidliche Saxophon), hatte sich bei mir eine gewisse Enttäuschung eingestellt. Das akustische Setup hatte doch den Klang der Lieder so umwerfend interpretiert, ohne dabei z.B. das Saxophon zu brauchen. Mit den ersten Takte von "Give me an inch" von "Breaking Glass" waren die Zweifel weg. Jetzt sollte ich also auch die Originalversionen hören, die trotz der 28 Jahre auf dem Buckel für mich weiter hinreißend sind. Die blauen Spots auf Hazel und ihr roboterartiger Tanz erinnerte so sehr an einzelne Szenen aus dem Film "Breaking Glass", großartig! Dem wundervollen "Runaway" folgte mit "Blackman" der alte Indiedisko-Hit. "Calls the tune", auch vom Soundtrack, wurde am Ende abgewandelt, es hatte einen karibischen, sommerlichen und leider auch unnötigen Abschluß, "If only" danach, bei dem Subterraneans Sänger Tony (oder Toni?) wundervoll mitsang, klang zwar dadurch auch neu aber brillant.
"Einen meiner ersten Bühneauftritte hatte ich genau hier, nur die Straße runter. Ich war mit einer Showtanzgruppe in der Pigalle. Abends im Hotel habe ich mich dann gewundert, warum da so viel los ist. Das war die ganze Zeit busy", erzählte sie. Alle lachten, weil "busy" in einem Hotel dieser Gegend keinen Interpretationsspielraum läßt. Den fand ein Franzose aber trotztdem und rief "Because you are so beautiful!" "Nein, ich meinte eher die Ladies."
Es folgten die drei nicht von "Breaking Glass" stammenden "Cover plus", "D days" und das Stranglers Cover "Hanging around" und danach eines der ganz neuen Lieder "Acoustically yours", in dem der Saxophonist Flöte spielte, bevor es bewegend wurde. "Will you" ist für mich eines der schönsten ruhigen Lieder überhaupt. Es stammt wie so vieles von "Breaking Glass", wurde von Hazel mit rauher Stimme aber auch noch einmal auf "To be freed" veröffentlicht. In Paris war "Will you" ein Duett mit Toni (Tony?) - und ein famoses. Es gilt zwar: "Hände weg von Lieblingsliedern", hier ist allerdings ein neues entstanden. Was war das schön!
Mit brüchiger Stimme und offensichtlichen Schwierigkeiten erzählte Hazel danach die Geschichte ihrer Freundin Rebecca, mit der sie vor nicht langer Zeit eine Tanzparty organisiert hatte. Nach dieser Party verabschiedeten sie sich, sahen sich aber nie wieder, weil Rebecca kollabierte und kurz später starb. Hazel schrieb ihr ein Lied, um über die Trauer hinwegzukommen. Das Stück war musikalisch wunderbar, überhaupt nicht kitschig und auch die Umstände waren nicht so, daß man gedacht hätte "schlimme Geschichte, aber muß das öffentlich gemacht werden", es war bewegend und wäre ohne den Beigeschmack einer der schönsten Momente des Konzerts gewesen.
Den Hits "Who needs it" (das sie eigentlich nie spielt, wie sie sagte) und "Eighth day" folgte ein kleines Streichergebnis, "Still breathing", ein mir unbekanntes Lied, das an ganz schlimmen Pop der 80er erinnerte und einen Mitmachteil hatte. Die erste Zugabe, das traditionelle "Spencill Hill" wischte das aber schnell weg, bevor mit "Driftwood" ein letztes Stück folgte.
Hazel O'Connor hat es nicht versaut. Sie war toll, wie ich es erhofft und auch erwartet hatte. Kein Vergleich zu dem scheußlich ernüchternden Siouxsie Konzert in der Live Music Hall vor ein paar Monaten. Wer weiß, ob ich Hazel noch einmal live sehen werde, die bisherige Frequenz ihrer Auftritte spricht dagegen. Falls nicht, war das das I-Pünktchen unter "unserer gemeinsamen Musikgeschichte."
Ich habe Hazels Musik erst einige Jahre später kennengelernt. 1988 bekam ich von einem Schulfreund mit den Worten "das wird Dir ganz sicher gefallen" eine Kassette in die Hand gedrückt. Darauf war Hazel O'Connors Soundtrack zum Film "Breaking Glass", in dem sie die Hauptrolle der jungen Musikerin Kate spielte. Die Platte kaufte ich mir ein paar Tage später, weil mir die Musik wirklich unglaublich gut gefiel. In den Monaten danach nervte ich einen Kölner Plattenhändler regelmäßig damit, daß ich nach Hazels Singles fragte und eine nach der anderen fand. Ihre beiden anderen Alben "Cover Plus" und "Sons and Lovers", die kurz nach "Breaking Glass" entstanden waren, gab es noch im normalen Plattenhandel.
In unserer Indiedisko liefen damals auch ein oder zwei Lieder der Engländerin, "Blackman" war Ende der 80er immer noch ein Hit (hallo Marcel übrigens!).
Die beiden Folgeplatten waren ziemliche Flops. Danach wurde es ruhig um Hazel O'Connor. "Breaking Glass" ist für mich aber immer eine der meistgehörten Platten geblieben, in meinem musikalischen Gedächtnis war Hazel immer präsent. 1993 hörte ich im Radio dann ein Lied, bei dem ich sofort wußte, daß das von ihr stammen müsse, auch wenn ihre Stimme dunkler und rauher geworden war. Und es stimmte: Es gab Hazel O'Connor noch oder wieder, "My friend Jack" stammte von einem neuen Album "To be freed". Und dann wurde es wieder ein paar Jahre still. Ende der 90er ging ich durch Trier, guckte im Vorbeigehen auf die Aushänge eines Tickethändlers und sah da einen Konzerttermin von Hazel O'Connor, etwas, auf das ich Jahre vergeblich gewartet hatte. Und dann in Trier. Das Konzert sollte allerdings in einem kleinen Ort auf halber Strecke nach Saarbrücken stattfinden, also noch spektakulärer! Zwei Minuten später hatte ich meine Karte, als einziger im Vorverkauf, denn zu Konzert im Ducsaal kamen sehr viele, aber nur einheimische Zuschauer. Hazel spielte da mit komplett neuen Arrangements. Statt Gitarren, Bass und Schlagzeug gab es eine Harfe, eine Geige und Percussions. Der Abend war traumhaft, das eindrucksvollste Konzert meines Lebens, ganz sicher!
In den Jahren danach kamen zwar ein paar CDs auf den Markt, nicht aber das Comeback, keine Konzerttermine, außer ganz vereinzelten in irgendwelchen irischen Dörfern. Bis vor drei Wochen ein mail von Oliver kam: "Hazel O'Connor 10.04. in Paris. Sei da!" Tja, was sollte ich machen... Also stand ein Ausflug in die Modehauptstadt Paris an.
Ort des Konzerts war die Locomotive eine Art Großraumdisko, die wohl 1.000 Zuschauer faßt. Zu verfehlen ist das Gebäude nicht, weil es zum einen das Nachbarhaus der Moulin Rouge ist und zum anderen eines der wenigen in der Gegend (Pigale) ohne blinkend-rote Leuchtwerbung. Wir waren früh dran, Oliver hatte mir die diversen Konzert-Clubs in der Nähe gezeigt, von denen ich sonst nur lese, und setzten uns in ein irisches Lokal neben dem Loco, um noch etwas zu essen. Von da sah man, daß immer mal wieder Leute in die Locomotive gingen, fast so viele wie ins "New Girls" auf der anderen Straßenseite.
Im Loco zeigte uns dann eine Frau, daß wir nicht in den großen Saal gehen sollten, das Konzert fände unten statt. "Unten" war eine Art kleine Kellerkneipe mit Säulen, ein paar Treppen und einer Bühne, hinter der eine (stillgelegte) Bar war. Neben uns waren vielleicht 20 Leute da. Als 20 Minuten später die Vor- und Begleitgruppe, die Subterraneans ihr kurzes Set spielten, wurde es etwas voller.
Die in Irland lebende Hazel erschien dann um kurz nach zehn. Sie hatte sich seit dem Konzert von zehn Jahren nicht merklich verändert, auch nicht, was ihren Kleidungsgeschmack anging. Sie trug ein schwarzes mehrteiliges Kleid und eine türkise zusammengeknotete Bluse darüber.
Als ich die Besetzung der Subterraneans gesehen hatte (zwei Gitarren, Schlagzeug, Bass und das unvermeidliche Saxophon), hatte sich bei mir eine gewisse Enttäuschung eingestellt. Das akustische Setup hatte doch den Klang der Lieder so umwerfend interpretiert, ohne dabei z.B. das Saxophon zu brauchen. Mit den ersten Takte von "Give me an inch" von "Breaking Glass" waren die Zweifel weg. Jetzt sollte ich also auch die Originalversionen hören, die trotz der 28 Jahre auf dem Buckel für mich weiter hinreißend sind. Die blauen Spots auf Hazel und ihr roboterartiger Tanz erinnerte so sehr an einzelne Szenen aus dem Film "Breaking Glass", großartig! Dem wundervollen "Runaway" folgte mit "Blackman" der alte Indiedisko-Hit. "Calls the tune", auch vom Soundtrack, wurde am Ende abgewandelt, es hatte einen karibischen, sommerlichen und leider auch unnötigen Abschluß, "If only" danach, bei dem Subterraneans Sänger Tony (oder Toni?) wundervoll mitsang, klang zwar dadurch auch neu aber brillant.
"Einen meiner ersten Bühneauftritte hatte ich genau hier, nur die Straße runter. Ich war mit einer Showtanzgruppe in der Pigalle. Abends im Hotel habe ich mich dann gewundert, warum da so viel los ist. Das war die ganze Zeit busy", erzählte sie. Alle lachten, weil "busy" in einem Hotel dieser Gegend keinen Interpretationsspielraum läßt. Den fand ein Franzose aber trotztdem und rief "Because you are so beautiful!" "Nein, ich meinte eher die Ladies."
Es folgten die drei nicht von "Breaking Glass" stammenden "Cover plus", "D days" und das Stranglers Cover "Hanging around" und danach eines der ganz neuen Lieder "Acoustically yours", in dem der Saxophonist Flöte spielte, bevor es bewegend wurde. "Will you" ist für mich eines der schönsten ruhigen Lieder überhaupt. Es stammt wie so vieles von "Breaking Glass", wurde von Hazel mit rauher Stimme aber auch noch einmal auf "To be freed" veröffentlicht. In Paris war "Will you" ein Duett mit Toni (Tony?) - und ein famoses. Es gilt zwar: "Hände weg von Lieblingsliedern", hier ist allerdings ein neues entstanden. Was war das schön!
Mit brüchiger Stimme und offensichtlichen Schwierigkeiten erzählte Hazel danach die Geschichte ihrer Freundin Rebecca, mit der sie vor nicht langer Zeit eine Tanzparty organisiert hatte. Nach dieser Party verabschiedeten sie sich, sahen sich aber nie wieder, weil Rebecca kollabierte und kurz später starb. Hazel schrieb ihr ein Lied, um über die Trauer hinwegzukommen. Das Stück war musikalisch wunderbar, überhaupt nicht kitschig und auch die Umstände waren nicht so, daß man gedacht hätte "schlimme Geschichte, aber muß das öffentlich gemacht werden", es war bewegend und wäre ohne den Beigeschmack einer der schönsten Momente des Konzerts gewesen.
Den Hits "Who needs it" (das sie eigentlich nie spielt, wie sie sagte) und "Eighth day" folgte ein kleines Streichergebnis, "Still breathing", ein mir unbekanntes Lied, das an ganz schlimmen Pop der 80er erinnerte und einen Mitmachteil hatte. Die erste Zugabe, das traditionelle "Spencill Hill" wischte das aber schnell weg, bevor mit "Driftwood" ein letztes Stück folgte.
Hazel O'Connor hat es nicht versaut. Sie war toll, wie ich es erhofft und auch erwartet hatte. Kein Vergleich zu dem scheußlich ernüchternden Siouxsie Konzert in der Live Music Hall vor ein paar Monaten. Wer weiß, ob ich Hazel noch einmal live sehen werde, die bisherige Frequenz ihrer Auftritte spricht dagegen. Falls nicht, war das das I-Pünktchen unter "unserer gemeinsamen Musikgeschichte."
Setlist Hazel O'Connor, La Locomotive, Paris:
01: Give me an inch
02: Runaway
03: Blackman
04: Calls the tune
05: If only
06: Cover plus
07: D days
08: Hanging around
09: Acoustically yours
10: Will you
11: Rebecca
12: Eighth day
13: Who needs it
14: Still breathing
15: Spancill Hill (Z)
16: Driftwood (Z)
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1 Kommentare :
Rebecca war so herzerweichend. Ein Highlight des Jahres.
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