Konzert: Oliver Peel Session # 45 mit Malvina Meinier & Michelle Blades
Ort: Oliviers Wohnzimmer, 3. Pariser Arrondissement
Datum: 30.03.2013
Zuschauer: etwa 40
Konzertdauer: pro Artist etwa 45 Minuten
Fast 6 Monate lang keine Oliver Peel Session, eine solch ausgedehnte Pause gab es in der Historie dieser Veranstaltung seit 2008 nicht mehr. Aber die Umstände haben sich geändert seit sich im Juli 2012 ein Nachbar lautstark beschwert hat und die Sessions nicht mehr in unserem eigenen Wohnzimmer (bzw. auf der Dachterrasse) stattfinden können. Ich muss nun immer Freunde und Bekannte anbetteln, ob sie mir nicht ihren Salon zur Verfügung stellen, da bleibt die Spontaneität natürlich etwas auf der Strecke.
Freundlicherweise hat mir ein netter Franzose namens Olivier (ausgerechnet ein Namensvetter, schon witzig!) angeboten, in seinem geräumigen und stilvollen Keller eine Homeshow zu veranstalten und da ich bereits ein mal bei ihm als Gast eines solches Konzert war, wußte ich, daß er Platz hat und sich die Räumlichkeiten bestens eignen.
4 Tage vor der Session war Olivier aber gar nicht gut drauf, er klagte am Telefon über Fieber und eine schmerzhafte Nasennebenhöhlenentzündung. Meine bange Frage, ob wir canceln sollen, verneinte er aber glücklicherweise.
Gecancelt werden musste aber schließlich der Auftritt des weiblichen französischen Duos Boy And The Echo Choir, die ich als Headliner der Session engagiert hatte. Die Mädels hatten zwar angefragt, was wir aufbieten können, um ein verstärktes Konzert durchzuführen, daß sie aber große Profiboxen und einen Mixtabel brauchten, hatte ich nicht erwartet. Einen Tag vor der Session erfuhr ich erst von diesen hohen technischen Anforderungen. Es folgte eine schlaflose Nacht, in der ich permanent darüber grübelte, wo ich so plötzlich solche Boxen herkriegen könnte und am nächsten morgen leider die Übereinkunft, die Geschichte zu annulieren. Für alle Beteiligten schade, aber manchmal ist eben Pech im Spiel.
Zum Glück hatte ich mit Malvina Meinier eine zweite Künstlerin gebucht und da die Amerikanerin Michelle Blades ihre WG-Genossin ist, konnte Letztgenannte zudem als "Edel-Joker" gewonnen werden.
Das Line-Up war also zum mit der Zunge schnalzen und spätestens im nächsten Jahr werden mir die schlafmützigen Pariser Blogger auf die Schulter klopfen und sagen: "Mensch Oliver, du hattest Malvina und Michelle schon wieder als Erste auf dem Schirm!" Dann wird es aber vermutlich schwierig werden, sie für Wohnzimmerkonzerte zu gewinnen, weil die Venues deutlich größer werden dürften.
Aber hören wir auf in die Kristalkugel zu blicken und uns selbst zu beweihräuchern und erinnern und erst einmal an diese wundervollen Auftritte im Keller von Olivier.
Es war wieder einmal ein solch stressiger Tag vorher, weil es erst oben geschilderte Absage gab und ich mit meiner Frau dann auch noch 1 1/2 mit dem Auto (eine schwachsinnige Idee!) durch den schlimmsten Pariser Verkehr fuhr, um vom 17. ins 3. Arrondissement zu kommen. Eigentlich keine weite Strecke, aber der Verkehr in Paris ist diabolisch, vor allem am Wochenende. Ich schaffte es gerade noch rechtzeitig vor den Künstlern einzutreffen, kippte Chips in Plastikteller, schnitt Salami in Scheibchen, trug Bier in den Keller und rödelte von oben nach unten und zurück. Hektik pur! Und meine Frau suchte derweil ewig lange nach einem Parkpatz. Ohne sie bin ich einfach aufgeschmissen mit meinen zwei linken Händen! (aber es ging dann doch irgendwie...)
Die letzten zwei Stunden vor den Sessions sind sowieso grundsätzlich schrecklich, sobald aber die Musiker und die ersten Gäste eintrudeln, das erste Beruhigungsbier die Kehle runtergelaufen ist und alles seine geplanten Wege geht, sinkt mein Puls wieder und Glücksgefühle stellen sich ein. So war es auch am letzten Samstag und ich stellte zufrieden fest, daß sich ungefähr 40 Leutchen im Kellergewölbe eingefunden hatten.
Malvina und ihr Lebens- und Musikpartner Marius standen auf der improvisierten Bühne bereit und nachdem ich sie mittels einer kurzen Rede meinem Publikum vorgestellt hatte, ließen sie ihren traumhaften Schwebesound auf das Publikum los. Das Kellergewölbe erwies sich als hervorragender Resonanzkörper, der Sound kam intensiv und druckvoll aus den Boxen. Malvina sang zum Steine erweichen schön und Marius kredenzte einen Orgelsound, der perfekt zu dem Stück passte. Es hieß Drawing Roads und ist auf einem Sampler des kleinen Pariser Labels Midnight Special Records enthalten.
Stilitisch ein ziemlich Bruch mit dem fast klassischen Kammerpop, den Malvina auf ihrem ersten, in Eigenregie releasten Album, gepflegt hatte. Statt Cello, Violinen und klassischem Piano gab es nun pluckernde Beats, vibrierende Synthies und artifizielle Geräusche. Für die Fans des Albums ungewohnt und gewöhnungsbedürftig, letztlich aber keineswegs abschreckend, denn Malvinas sensationelle Stimme klang mindestens genauso kraftvoll, kristallklar und hoch wie bisher. Falls es wirklich möglich ist, Glas mittels seiner Stimme zum Bersten zu bringen, dann dürfte die fragile Französin das schaffen. Wahnsinn wie sie singt, wie sie Vokale ziehen kann, welche atemberaubende Höhen sie erklimmt!
Im Gepäck hatte sie auch zwei neue Kompositionen Peek Out und Thick Throat, aber am beeindruckendsten blieb wohl ihre Perle vom Album, Covered In Silence. Ein fantastisches Lied, das auch in der Elektroversion zu gefallen wusste. Besonders als der Refrain einsetzte und synthetische Glöckchen die Stimme wie auf einem weichen Kissen betteten, wurden Glanzlichter gesetzt. Das Björk Cover Unravel war ebenfalls wunderschön. Malvina setzte hier ihre Stimme ganz variabel und sehr berührend ein. Spärliche Eletroklänge bildeten den Hintergrund. während Meinier den Text sang:
While You Are Away
My Heart Comes undone
slowly nravels
in a ball of yrn
the devil collects it
with a grin
our love
in a ball of yarn
he'll never return it
so when you come back
we'll have to make new love
Beonders die mehrfach wiederholet Zeile "he'll never return it", war zum Umfallen schön.
Abschließend gab es auch noch eine neue Elektroversion des Titeltracks des Albums The Wise One.
Dann folgte Teil 2, nämlich die klassische Variante am Piano. Eigentlich sollte diese laut Plan nur ein einizes Lied lang dauern. Weil mich Bath Noises aber so begeisterte, wurde ich kess und fing an, mir zunächst noch Covered in Silence und dann noch das zweiteilige Winterlied En Attendant L'Hiver und Hiver zu wünschen.
Malvina am Klavier war einfach eine Wucht. Die klassisch ausgebildete Französin spielte mit einer Leichtigkeit, Flüssigkeit und Eleganz, daß es einem den Atem verschlug. Keiner im Kellergewölbe muckte, alle hörten sie wie gebannt hin. Ihr wundervolle Stimme kam nun besonders gut zur Geltung und ich hätte am liebsten noch weitere 15 Stücke gehört. Aber etwa 45 Minuten Spielzeit am Stück sollten bei Homeshows nicht überschritten werden, sonst werden die Gäste quängelig. Die Leutchen wollen sich eben bewegen, essen, trinken, rauchen flirten, vielleicht eine Eroberung abknutschen.
Für einige Gäste war gerade dieser letzte Abschnitt das Beste am Konzert, für andere war der elektronische Teil toller.
Setlist Malvina Meinier, Oliver Peel Session # 45, Paris:
01: Drawing Roads
02: Peek Out
03: Covered In Silence
04: Thick Throat
05: Unravel (Björk Cover)
06:The Wise One
07: Bath Noises
08: Covered In Silence
09: En Attendant L'Hiver
10: Hiver
Gleich geht es hier mit Michelle Blades weiter, stay tuned!
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