Konzert: Woodpecker Wooliams und Malvina Meinier
Ort: L'Espace B, Paris
Datum: 02.04.2013
Zuschauer: etwa 25
Konzertdauer: pro Künstler etwa 35 Minuten
Eine britische Harfespielerin mit der Stimme von Joanna Newsom und dem putzigen Babygesicht der beiden Schwestern von First Aid Kit, was hat Gemma Williams aka Woodpecker Wooliams denn Eigenes zu bieten?
Ha blöde Frage, eine ganze Menge natürlich! Erst einmal klingt ihre Stimme nur in bestimmten Tonlagen der Newsom verdammt ähnlich, dann spielt sie auch auf andere Weise Harfe als die Amerikanerin und für ihr Gesicht, das in der Tat sehr dem von Klara und Johanna Söderberg ähnelt, kann sie ja nichts.
Aber diese Sache musste einleitend schon einmal geklärt werden, damit wir uns ganz unbeschwert dem Oeuvre und vor allen Dingen dem Konzert von Woodpecker Wooliams im Espace B zu Paris widmen können.
Leider kamen zu dem Gig optimistisch geschätzt nur 25 Leute (Pessimisten redeten eher von 20), aber dafür war immerhin (und tollerweise!) Gudrun Thäter da, die extra aus Karlsuhe angereist kam. Wir waren also mehr oder weniger unter uns und wurden zumindest nicht von Labertaschen gestört.
Woodpecker startete gegen 22 Uhr in ihr Set. Sie war nicht alleine gekommen, hatte männliche Begleitung an Schlagzeug und Keyboards mit dabei. Im Mittelpunkt stand (bzw. vielmehr saß) aber die puztige Brightonerin und ihre kleine weiße Harfe. Wie sie mir hinterher erzählte, hätte sie gar nicht den Platz und das Geld, ein solch riesiges Teil wie die Newsom zu besitzen, aber auch die Miniaturausgabe des althergebrachten Instrumentes erzeugte himmlische Töne, die freilich von ein paar noisigen Geräuschen bewußt konterkariert wurden. Woodpecker spielt diesen Harfensound also absichtlich modern und wenig klassisch, bricht immer mal wieder mit dem Schönklang und haut auch Ecken und Kanten in ihr Klangmuster rein. Zudem benutzte sie auch ein Omnichord, ein Keyboard und ein kleines Teil, mit der sie zu dem tollen Songs Sparrow verzerrte Geräusche und pluckernde, treibende Beats produzierte. Das war ein absolut tanzbares Stück (obwohl natürlich keine Sau tanzte, weil alle nur faul rumsaßen), der definitiv viel Eigenes zu bieten hatte, inklusive einer kleinen feinen Synthiemelodie. Ähnlich gelagert und ebenfalls spannend: Crow.
Toll ihr Temperament. Das niedliche Mädel scheute sich nicht ab und zu auf Grazie und Anmut zu verzichten und mit hochrotem Kopf und mit weit aufgerissenem Mund dicht an der Harfe "abzurocken". Da war sie dann ganz in ihrem Element und ihre Stimme klang noch höher und infantiler als ohnehin schon, aber auch ziemlich zornig und trotzig.
Highlight im schönen Set war möglicherweise Gull, ein sehr liebliches Lied, das freilich auch nicht völlig auf ein paar (störende?) Geräusche verzichte. Eine Lied über eine Möwe (oder auch nicht), sprich einen Vogel, wie auch alle anderen Songs auf dem Debütalbum The Bird School Of Being Human, von dem alle 7 Songs gespielt wurden, wenn ich das richtig erinnere. Viel schräger als Gull klang Hummingbird, das war phasenweise fast ein wenig Free Jazz.
Nach etwa 35 war allerdings die Messe schon gelesen, schließlich ist das Album von Woodpecker nicht einmal eine halbe Stunde lang.
Der Auftritt hatte definitiv Lust auf mehr gemacht, wenngleich Gudrun Thäter hinterher etwas rumnörgelte. Mehr bekamen wir Pariser im Übrigen nur zwei Tage später. Im kleinen Plattenladen der Balades Sonores gab es Woodpecker Wooliams noch einmal in einem Instore Gig zu genießen und selbst da wurde zum Leidwesen des Betreibers (der Arme hatte Angst, die Nachbarn zu stören!) nicht ganz auf das Schlagzeug verzichtet. Scheint also live wirklich ein Trio zu sein, obwohl hier die Frau der unumstrittene Chef ist. Die Sache dauerte in diesem Falle sogar nur 25 Minuten. Wenn man bedenkt, daß die drei Engländer hinterher mit dem Bus (!) eine ganze Nacht hindurch nach Großbritannien zuürckgefahren sind, ist das viel Wegstrecke für so eine kurze Spielzeit. Aber Indie-Musiker sind nun einmal die wahren Helden der Neuzeit, nehmen für Minigagen Riesenstrapazen auf sich, um uns zu entertainen. Zum Lohn habe ich mir das Album mit dem Hahn auf dem Cover dann auch noch einmal auf Vinyl gekauft, obwohl ich es bereits auf CD besaß. Diese Musiker muss man einfach unterstützen!
Bericht Malvina Meinier am Sonntag!
- Lesenswerte Plattenkritik zu Woodpecker Wooliams bei Plattentests. de, klick
1 Kommentare :
Amen. Mein Bericht kommt noch, aber ich könnte das auch als "meinen" Bericht stehen lassen, Oliver!
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