Samstag, 6. April 2013

Adam Green & Binki Shapiro, Frankfurt, 04.04.2013


Konzert: Adam Green & Binki Shapiro 
Support: Kieran Leonard 
Ort: Zoom Club Frankfurt 
Datum: 04.04.2013 
Zuschauer: circa 500-700 
Dauer: Adam Green & Binki Shapiro (circa 75min), Kieran Leonard (circa 35min) 



Ich habe das graue Wetter einfach unsagbar satt. Als hätte das Wetter dies auch langsam eingesehen, gab es heute seit langem mal wieder ein paar Sonnenstrahlen und am Abend erhoffte ich mir dann endlich das musikalische Äquivalent. Adam Green kenne ich zwar nicht mehr original aus „Moldy Peaches“-Zeiten, aber seit seinen Solo-Alben bekomme ich „Emily“ einfach nicht mehr aus dem Kopf und ich war wirklich sehr gespannt darauf diesen komischen Kauz endlich mal live erleben zu dürfen. Anfang des Jahres veröffentlichte Adam Green mit der mir bis dahin nicht bekannten Binki Shapiro (ihres Zeichens amerikanische Singer-/Songwriterin, die anscheinend erst in Videos von „Beck“ und dann mit der Supergroup „Little Joy“ auf sich aufmerksam gemacht hatte) nun ein Album voller Duette, die trotz an sich schwerer Trennungsthematik oder vielleicht auch gerade aufgrund dessen, wirklich schön anzuhören sind und ich das Album häufig angehört habe, da mir persönlich das Zusammenspiel der beiden Stimmen außerordentlich gut gefällt. 

Als ich pünktlich zu Einlass gegen 20 Uhr den Zoom Club erreichte waren einerseits angenehm wenige Menschen dort anzutreffen, andererseits überraschte mich dies auch, da ich mit einem größeren Andrang gerechnet hatte. Kurz nach 20 Uhr wurde uns dann von einem netten Mitarbeiter des Zoom Club eröffnet, dass sich der Einlass noch um eine halbe Stunde verzögern werde, da anscheinend eines der Mikrofone beim Soundcheck seinen Geist aufgegeben hätte und die Künstler nun noch mehr Zeit bräuchten. Da ich solche Spirenzchen schon gewöhnt bin, habe ich mich davon wenig beeindrucken lassen und mich ziemlich desinteressiert und zu diesem Zeitpunkt bereits schon leicht durchgefroren wieder auf die immer noch zu überfüllte Zeil begeben. Etwa eine halbe Stunde später kehrte ich wieder zurück, um stellte ziemlich unbegeistert fest, dass all die Menschen, die um 20 Uhr noch nicht da gewesen waren, sich nun doch eingefunden hatten und eine beachtliche Menschenmenge die Straße vor dem Zoom Club bevölkerte. Viele Besucher sprachen mir förmlich aus der Seele, als im Vorbeigehen bemerkt wurde: „Wie sollen die ganzen Menschen denn in den Club passen? Der ist doch gar nicht so groß!“. An sich alles noch kein Problem und auch erfreulich für die Künstler, wenn man ein gut gefülltes Haus erwarten darf, allerdings wurde mein Geduldsfaden nach und nach immer dünner, da sich nach über einer weiteren Stunde draußen in der Kälte immer noch nichts bewegt hatte. Von drinnen waren zwar soundcheckartige Geräusche zu vernehmen und so nahm man kollektiv an, dass es wohl noch etwas dauern würde, aber sehr geehrtes Personal des Zoom Club – man hätte zwischendurch ruhig einfach mal eine Ansage zur Situation machen können. Irgendwann gegen halb zehn, also 90 min nach geplanten Einlass, war ich schon ziemlich genervt und vor allem halb erfroren und da mich das Wetter an sich sowieso momentan zu einem Konzertmuffel werden lässt, wäre ich schon längst wieder nach Hause gegangen, wenn da nicht einerseits mein Ticket gewesen wäre und vor allem die Neugier auf Adam Green. Besagtes Ticket wurde mir dann dankenswerterweise auch am Eingang noch abgenommen und damit dieser Bericht nicht nur vor Hass trieft, möchte ich nur kurz die Frage in den Raum stellen, warum E-Tickets denn unbedingt gut ausgedruckt sein müssen, damit man sie einscannt, wenn sie einem dann doch von unfreundlichem Personal entzogen werden und nicht mal ansatzweise eingescannt werden? Meistens kein Problem und oft habe ich das Ticket auch gleich zweimal ausgedruckt, aber wenn die Künstler nach dem Konzert sogar noch so nett sind und Autogramme geben und man dann kein Ticket mehr hat und vor allem die Art und Weise wie einem das Ticket aufs Patzigste und Unverständnisvollste von einem teilnahmslosen Kontrolleur entzogen wird bereits zu Anfang droht den Abend zu versauen, dann muss man sich das kurz von der Seele schreiben, denn ansonsten bleiben mir nur die hasserfüllten Blicke, die ich mit Vergnügen und tiefster Verachtung von nun an bei einem Besuch im Zoom Club ggf. an den Mann bringen werden muss. 


Aber nun zurück zum eigentlichen Gegenstand dieses Berichts. Irgendwann inmitten der Nacht, vermutlich etwa 20 Minuten vor 22 Uhr legte man dann doch schon mit der Vorband los. Da sich niemand erbarmte dem Publikum mitzuteilen, wann man denn nun gedenkt mit dem abendlichen Programm loszulegen, habe ich das erste Lied leider nur halb mitbekommen, da ich noch an der Bar stand. Erster Eindruck von Weitem: sympathischer Hippie mit langen Haaren und sehr vielen Ketten. Zweiter Eindruck bei genauerer Betrachtung: talentierter, charmanter und sehr souveräner Brite mit Whiskey, Mundharmonika und Gitarre bewaffnet, der sich selbst nicht zu ernst nimmt, textlich anfangs bei mir für abwertendes Schmunzeln sorgte (es muss sich ja auch nicht immer alles reimen!), aber im Laufe seines halbstündigen Sets nicht nur mein Herz gewann, sondern auch merklich Zuspruch aus dem Publikum erhielt. Bei dem Mann mit den geschätzt und so gut wie es nur ging abgezählten 6 Halsketten, handelt es sich um den britischen Singer/Songwriter Kieran Leonard, der mir bisher noch kein Begriff war, allerdings spätestens mit seinem Song „Harold Pinter is Dead“ bei mir endlich auch textlich punktete und vor allem meine Neugierde weckte. Auch wenn ich mich nicht erbarmen konnte und ihm die Frage, ob denn jemand Harold Pinter kenne, trotz leicht schlechten Gewissens und besseren Wissens nicht bejahen wollte – mit Literaturanspielungen kriegt man mich einfach sofort rum. Für begeisterte Folkrock-Fans definitiv das Reinhören wert – vielleicht muss der Arme bei seiner nächsten Tour dann auch nicht mehr mit Couchsurfing über die Runden kommen. 

Dank Kieran Leonard war ich mittlerweile wieder wach und glücklicherweise machte sich im gut gefüllten Zoom Club auch eine noch angenehme Wärme breit, so dass sich mit meiner Körpertemperatur auch langsam meine Laune wieder erholte und ich nun einfach nur gespannt war, ob Adam Green genauso herrlich seltsam sein werden würde, wie ich es mir ausmalte. Weit nach 22 Uhr war der Moment endlich gekommen und die Live Band, sowie Binki Shapiro und Adam Green betraten nach und nach die Bühne. Und es war herrlich. Adam in gruseliger hellbrauner Lederhose und mit untertellergroßen Pupillen. Nicht, dass ich hier Drogen in irgendeiner Form verherrlichen möchte, obwohl das immer noch jeder selbst wissen muss, aber was auch immer Adam Green sich da eingeworfen haben mag oder auch nicht – seine Show war grandios. Ruhiger und entspannter Einstieg ins Set mit „If you want me to“, bei dem Binki Shapiro direkt unter Beweis stellten konnte, dass sie nicht nur als hübsches Ornament diente, sondern ihre Stimme live noch mehr überzeugte, als bereits im Vorfeld auf Platte. Bei „Pleasantries“ meldete sich nun auch Adam Green „zu Wort“ und die beiden zeigten souverän, dass die Dynamik zwischen den beiden auch auf die Bühne übertragbar ist. Stimmlich beide einwandfrei, wobei man sich bei Adam Green sowieso immer darüber streiten darf, was genau er da macht – aber es war sehr unterhaltsam und die beiden harmonierten sehr gut. Zunächst noch durch seine Gitarre im Zaum gehalten, brach Adam Green spätestens bei seinen Solostücken „Buddy Bradley“, „Cigarette burns forever“ und „You Blacken My Stay“ in eine Art positive Rage aus, die sich nur sehr schwer beschreiben lässt: unkoordiniertes Hin-und Herspringen, Tambourin auf dem Kopf, wilde Armbewegungen, intensiver Blickkontakt mit dem Publikum, seltsame Tanzeinlagen und insgesamt einfach nur eine Darbietung, die mich zum Kopfschütteln, Lachen und gleichzeitig jubilierendem Klatschen bewegt hat.


Ich kann mir vorstellen, dass über die Maßen kritische Geister Adams Performance müde belächeln mögen, aber diese Menschen sollten sich dann vielleicht fragen, ob sie bei diesem Konzert nicht einfach falsch waren. Ich fühlte mich auf ganzer Linie Bestens unterhalten und obwohl das aufgrund der musikalischen Darbietung gar nicht mehr nötig gewesen wäre, fand ich es absolut großartig, dass sich Adam und Binki beim Publikum für die Verzögerung entschuldigten und die anfangs etwas unruhige Atmosphäre im ungeduldigen Publikum mit souveränem Charme und Geschichten davon, wie Adam Green auf der Zeil verloren ging, schnell auflockerten. Eine weitere Demonstration des eigenen Stils Adam Greens und einfach sehr interessant zu beobachten bzw. mit zu erleben: Crowd-Surfing, komme was wolle! Das hatte ich bisher auch noch nicht erlebt. Adam stürzte sich voller Begeisterung in die Menge, die ihn zunächst trug, ihn dann hinabsinken ließ, worauf er einfach wieder hochkletterte, es irgendwie schaffte, das die Masse ihn weitertrug und mit Begeisterung in die hinteren Reihen surfen ließ, bis er dann in für mich beängstigender Geschwindigkeit die Reise zurück gen Bühne antrat, die mit einer glücklicherweise relativ sanften Bruchlandung auf der Bühne endete. Und all dies mit einem begeisterten Lächeln, das im Publikum eine ähnlich geartete Reaktion hervorrief. Musikalische Höhepunkte im Set für mich persönlich „Pity Love“, „Casanova“ und der großartige Albumopener „Here I Am“, der den ersten Teil des Konzerts beschloss.



Auch wenn es mir nicht vergönnt war endlich mal „Emily“ live zu erleben, war Adam Green ein wahres Erlebnis. Adam und Binki bildeten auf der Bühne ein perfektes Gespann – Binki brachte die Extraportion Professionalität und distanzierte Schönheit mit, die Adams warmherzige, chaotische und liebenswürdige Art ergänzt und mit einer soliden Liveband im Rücken ein Konzert lieferte, das das Warten in der Kälte vergessen machte und vollkommen wert war. 

Setlist, Adam Green & Binki Shapiro, Zoom Club Frankfurt: 

01: If you want me to 
02: Pleasantries 
03: Pity Love 
04: Casanova 
05: I never found out 
06: Just to make me feel good 
07: Buddy Bradley 
08: Cigarette Burns Forever 
09: You blacken my stay 
10: Friends of mine 
11: Unattainable 
12: Don't ask for more 
13: What's the reward 
14: Nighttime stopped bleeding 

15: Here I am (Z) 
16: Dance with me (Z) 
17: Collage (Z) 

Weiterführende Links:

http://www.kieranleonardmusic.co.uk/


2 Kommentare :

Guido E. hat gesagt…

Dann gibt es von mir noch die Setlist dazu:
https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10151369856638456&set=a.10151367873523456.1073741845.590023455&type=3&theater

Gudrun hat gesagt…

Auf dich ist doch Verlass, Guido :)

 

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