Mittwoch, 17. April 2013

Daughter, Frankfurt, 16.04.13


Konzert: Daughter
Ort: Zoom, Frankfurt
Datum: 16.04.2013
Zuschauer: gut 500 (ausverkauft)
Dauer: Daughter gut 80 min, Bear's Den 35 min



Wie machen die das bloß? Das Publikum bei deutschen Konzerten ist ja meist sehr zurückhaltend und klatscht erst nach der letzten verstummten Note. Ich nehme mich da überhaupt nicht aus. Selbst für eine rheinische Frohnatur ist bei Indie-Konzerten Zurückhaltung erste Bürgerpflicht. Ganz im Gegenteil ist alles, was entfernt an Kirmes-, Karneval- oder Schützenfest-Ausgelassenheit erinnert, tunlichst und immer zu vermeiden. Ich hasse rhythmisches Mitklatschen. Es gibt nur zwei Dinge, die schlimmer sind: pseudorhythmisches Mitklatschen und Bands, die zum Klatschen anstacheln. Leider ist dieses Anstiften auch bei eigentlich guten Gruppen verbreitet. Scheinbar haben die keine guten Freunde, die sich trauen, ihnen mal einen entsprechenden Hinweis zu geben. Schade! Aber auch das ist ja weit verbreitet. Ian Brown, der Stone Roses Frontmann, hat sicher enge Freunde, seine Frisur hat er aber trotzdem nie geändert. Ich schweife ab, wobei Frisuren auch später noch eine Rolle spielen.


Jedenfalls erzeugen Daughter genau die Art von Stimmung, die ein schwieriger Konzertbesucher wie ich sucht. Nicht die Hippster-Coolness ("habe ich alles schon mal gesehen - in Brooklyn oder so") aber auch nicht das Schunkeln eines Festzelts. Der Unterschied zu anderen Konzerten ist auffallend. Ich sehe ja durchaus viele im Laufe eines Jahres. Britischere Stimmung als bei Daughter habe ich bei Shows in Deutschland, die auch überwiegend von Deutschen besucht wurden, lange nicht gesehen.


Wie sie das machen, weiß ich allerdings nicht. Also bleibt mir, Daughter möglichst oft anzusehen, was in diesem Jahr leicht fällt, da die Londoner im Sommer viele der tollen Festivals spielen, u.a. das Maifeld Derby. Diese Festivals sind in der Regel die einzigen Chancen, die Band live zu erleben, da ihre Clubshows allesamt ausverkauft waren.

Ich hatte die Gelegenheit, Elena, Igor und Remi vor dem Konzert zu treffen und sprach mit ihnen über den großen Erfolg. Gitarrist Igor sagte dabei, daß sie sich alle Träume schon jetzt erfüllt hätten. Alles, was noch komme, sei ein Bonus. "Ich war noch nie in Glastonbury, und jetzt spielen wir da direkt!" ergänzte Sängerin Elena.

Und genauso sind Daughter auf der Bühne. Sie sind bescheiden, lachen viel und haben ganz offensichtlich enormen Spaß an ihrem Job! Und natürlich bauen sie hinterher den Kram auch wieder ab, den sie vorher auf die Bühne gebracht haben.


Vor Daughter traten wieder Bear's Den aus London auf. Das Folk-Trio, das mich schon in Brüssel stark an Mumford & Sons erinnert hatte, machte seine Sache als Support ausgezeichnet, die ersten drei Lieder hatten Schmiß und Hitpotential. Danach wurde es ruhiger und langweiliger, groß könnten Bear's Den allerdings schon werden, wenn sie mehr Don't let the sun steal you aways schreiben. Dann werden sie aber ihre EPs nicht mehr mit Kartoffeldruck verschönern können ("if you like potatoes, if you like stamps, buy them").

Setlist Bear's Den, Zoom, Frankfurt:

01: Agape
02: The waters
03: Don't let the sun steal you away
04: Pompeii
05: Isaac
06: Writing on the wall
07: Hard life


Auch wenn Bear's Den gut ankamen, erreichten sie nur normale Konzertbegeisterung. Der Hebel zur besonderen Stimmung wurde mit dem Erscheinen der anderen drei Londoner umgelegt. Um fünf nach zehn kamen Daughter zurück, nachdem sie vorher wie erwähnt aufgebaut hatten. Und sofort war da die gleiche Begeisterung wie in Köln und Brüssel. Das Frankfurter Publikum war jünger als das in den beiden anderen Städten, in denen ich sie gesehen habe, die Reaktionen exakt gleich. Kein Wunder, daß die Frontfrau durchweg lacht und feixt, bevor sie das nächste ihrer traurigen Lieder anstimmt. Dabei habe ich in einem Interview mit Elena gelesen, daß ihre Texte durchaus ihrer Stimmung während des Schreibens entsprechen. Auch wenn ich ihr nur Gutes wünsche, ist ein zweites Album voller fröhlicher Sommermusik schwer vorstellbar.


Das Set entsprach weitestgehend denen der vorangegangenen Shows, es bestand also aus Songs des Debüts, der EPs und der wundervollen B-Seite Run. Dabei habe ich wechselnde Lieblinge. Candles, das lange Zeit mein Favorit war, gefiel mir in Frankfurt ganz besonders (in Brüssel hatte Elena das Stück ein wenig verpatzt), Tomorrow war grandios und Run und Still ohnehin!

Weil ich mich nach einer Weile etwas nach hinten stellte und da zielsicher die 2x2 Frauen fand, die sich angeregt über was (bzw. wen) auch immer unterhielten, war Frankfurt nicht mein bestes Daughter Konzert. Sehr gut war es trotzdem, anders können das die drei jungen Musiker, die sich an der Musikhochschule kennengelernt haben, auch nicht. Sie wurden auch im Zoom wieder von einem Keyboarder bzw. Bassisten und zusätzlichen Gitarristen (Luke) unterstützt. "Einige der neuen Songs erfordern zusätzliche Unterstützung," erklärte mir Remi, der gebürtige Franzose hinterher.


Wie Daughter das machen, mich und alle anderen* so zu verzücken, kann ich mir nur zum Teil erklären (tolles Material, sensationeller Charme... - alleine die Szene, als Elena sagte, sie könne uns gar nicht sehen, sie müsse dringend zum Frisör!). Aber eine Erklärung ist ja auch nicht nötig, da Musik (um uns selbst zu zitieren) für uns keine Wissenschaft ist.

Ich übertreibe? Das könnt ihr hier überprüfen:



Video: Sophie (mehr)

Oder hier!

Setlist Daughter, Zoom, Frankfurt:

01: Shallows
02: Candles
03: Love
04: Still
05: Amsterdam
06: Landfill
07: Run
08: Human
09: Smother
10: Winter
11: Tomorrow
12: Youth
13: Home

14: Perth / Ready for the floor (Bon Iver / Hot Chip Cover) (Z)

Links:

- aus unserem Archiv:
- Daughter, Köln, 08.04.13
- Daughter, Brüssel, 04.04.13
- Daughter, Luxemburg, 10.11.12
- Daughter, Paris, 07.11.12
- Daughter, Haldern, 11.08.12
- Daughter, Haldern, 11.08.12



 Das komplette Interview in den nächsten Tagen hier!


* alle bis auf einen




4 Kommentare :

Guido hat gesagt…

Ich als Daughter-Jünger fühle mich natürlich von dem * nicht angesprochen. Bin immer noch begeistert und kann das nächste Konzert kaum erwarten.

frank hat gesagt…

haha!
Okay, fühle mich angesprochen.
Ich war schon auch verzückt, Christoph. Nur nicht den gesamten Abend über, den der hatte Längen!

Christoph hat gesagt…

War nur ein Test, ob Du es findest!

Ich weiß das doch!

Christoph hat gesagt…

Wir freuen uns auch sehr auf die kommenden Daughter-Konzerte und werben für jeden Musiker, den wir mögen, gerne und oft! Wir veröffentlichen aber keine subtile Werbung für kommerzielle Webseiten... 'tschuldigung.

 

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