Konzert: Liz Green
Ort: West Germany, Berlin
Datum: 13.03.2012
Zuschauer: nicht ausverkauft ca. 70
Konzertdauer: 100 Minuten
Von Markus aus Berlin
Würde ich ein Plattenlabel leiten, müssten sich alle meine handverlesenen Künstler verpflichten, zum Studioalbum kurze Zeit später auch ein Livealbum aufzunehmen...
Das West Germany, in welchem das „Geheim-Konzert“ von Liz Green stattfinden sollte, ist weder ausgeschildert noch besitzt es eine eigene Homepage. Auch kannte es niemand, den ich im Vorfeld darauf ansprach. So blieb mir nichts anderes übrig, als mich zu der Anschrift zu begeben - in der Hoffnung vor Ort schlauer zu werden. Das West Germany liegt im Neuen Kreuzberger Zentrum - einer der übelsten Bausünden der 60er und 70er Jahre - direkt am Kottbusser Tor. Lange Zeit befand sich dort neben dem Bahnhof Zoo auch eine der größeren offenen Drogenszenen. Diese ist mittlerweile zwar fast verschwunden - die bedrückende Atmosphäre blieb aber bestehen. Umso skeptischer war ich, was das wohl für ein Konzertabend werden würde - der in so einem feindlichen Umfeld stattfinden soll.
Dieses „Geheim-Konzert“, wurde weder offiziell beworben noch gab es im Vorverkauf Karten dafür. Nur wenn man die offizielle Homepage von Liz Green oder ihre Facebookseite im Blick hatte, bekam man davon Kenntnis. Scheinbar war es auch nicht erwünscht, dass man zu diesem Konzert zufällig geriet.
Nach einer längeren Suche nach dem West Germany, die mich auf Hinterhöfe, in ein Parkhaus und in eine Apotheke führte, wurde ich netterweise von einem Anwohner zum richtigen Ort gelotst. Ein schmuddeliges und dunkles Treppenhaus erwartete mich - durch das ich mir vertraute Klänge wahrnahm. Zwei Stockwerke später stand vor einer geöffneten Tür, durch welche ich einen vorsichtigen Blick wagte. Liz war noch mitten im Soundcheck. Erleichtert zu wissen, dass Liz Green da ist und ich den Ort gefunden habe, ging ich noch Einkaufen und Essen.
Kurz vor neun machte ich mich erneut auf den Weg durch das Treppenhaus. Dieses Mal saßen der Veranstalter sowie Liz Green mit ihrer Band an der Konzertkasse, die auch gleichzeitig Merchandising Stand war. Das West Germany selbst ist ein skurriler Ort, den man schlecht in Worte fassen kann - erst Recht nicht, wenn man Berlin nicht kennt. Wer das Glück hatte West-Berlin der 80er mit seinen illegalen Clubs sowie Ost-Berlin der 90er mitzuerleben, kann die Beschreibung am ehesten nachfühlen. Es wirkt wie eine abgerockte Neubauwohnung in der die Deckenverkleidung zum großen Teil fehlt - die Wände zum Teil rausgeschlagen wurden und in dem sich ein improvisierter Tresen und eine Chill-Out Ecke mit Campingstühlen befinden. Der Konzertraum selbst hat vielleicht 50qm - mit einer Bühne die aus umgedrehten Bierkisten mit Spanplatte oben drauf besteht. Dazu noch rotes und blaues Licht von der Decke, das die Bühne und die Räume in ein interessantes Licht bringen. Der Boden sowie die Wände sind größtenteils weiß gekachelt. Da ich mittlerweile solche Orte in Berlin nicht mehr gewöhnt bin, kaum ich aus dem Staunen und Entsetzen nicht heraus - und entschied mich dieses Gefühl direkt mit einem Bier aus der Flasche für angenehme zwei Euro zu feiern.
Aus der Distanz betrachtet, wäre das West Germany der Ort, wo man am Wenigsten die Musik von Liz Green vermuten würde.
Liz Green war ein Teil des noch spärlichen Publikums. Sie saß entweder im Eingangsbereich oder setzte sich irgendwo für einen Plausch mit dazu. Auch ihre Bandmitglieder mischten sich ganz normal unter das Publikum. Ich glaube nicht, dass dieses nur aus der Not heraus geschah, dass es keinen Backstage-Bereich gab. Ich glaube es gehörte an diesem besonderen Abend einfach dazu.
Ich geriet recht schnell in einen kleinen Plausch mit dem späteren Saxophonisten von Liz Green, der sich den Künstlernamen Alabaster Deplume gab, wie er später sagte, hat er keine Ahnung, wie er zu diesem Namen kam. Er war auch gleichzeitig der Support von Liz Green. Um 21:30 ging er dann zur Bühne des mittlerweile schon volleren West Germany. Ja - wie soll man seinen Auftritt umschreiben - das gelingt nicht ohne auch ihn zu beschreiben. Ich musste oft an Shakespeare-Rezitieren denken, als ich ihn sah. Er durchmischte seine intelligent und schön gemachte Musik immer wieder mit Monologen bei denen er in diverse Rollen und Haltungen schlüpfte. Er spielt traurige Musik, um glücklich zu machen und vielleicht auch selbst zu werden, wie er selbst sagte.
Liz Green saß bei seinem Auftritt wie selbstverständlich im Publikum auf dem gefliesten Boden und hörte ihrem Bandkollegen gespannt zu, applaudierte, lachte und erfreute sich wie auch der Rest des Raumes. Eine unheimlich sympathische Geste, die ich so nur sehr selten erlebt habe.
Ein sehr schöner Anfang, der mit viel Applaus bedacht worden ist. Zwischenzeitlich hat sich das West Germany weiter gefüllt - sodass es wohl an die 70-80 Zuhörer geworden sind.
Nach einer kurzen Pause kam dann Liz Green auf die Bühne. Anfangs noch alleine und nur von ihrer Gitarre begleitet. Das erste Stück noch akustisch. Es war ein sehr altes altes Lied „Blue Note“, dass sie für einen Mann namens Martin schrieb. Ein eher unromatischer Name, wie sie süffisant anmerkte.
Das Publikum saß größtenteils auf dem Boden und lauschte gespannt, neugierig, mitgehend - was sich im ganzen Konzert über fortsetzte. Niemand war zufällig dort - alle wollten das Konzert (und Bier, Wein und/oder Zigaretten) genießen. Es folgten mit Dying Crapshooter´s Blues ein weiteres „Frühwerk“ von Liz Green. Mittlerweile hat sie, immer noch alleine auf der Bühne, zum Mikrofon gefunden. Sofort fällt der großartige Klang im improvisierten West Germany auf. Der oft übliche Dezibel-Krieg findet hier auf der Bühne nicht statt. Der ausgiebige Soundcheck hat sich gelohnt!
Ab dem Midnight Blues kommen nun auch „Alabaster Deplume“ - bürgerlich genannt Gus Fairbairn am Tenor Saxophone sowie Sam Buckley am Kontrabass, die beide auch schon bei der Einspielung der neuen Platte mitgewirkt haben. Es folgt mit „Penelope“ - ein wunderschönes Lied, welches wohl auf dem neuen Album zu hören sein wird - welches selbstironisch wohl erst 2020 erscheinen wird. Dann folgen der schöne Midnight Blues.
„The next song is about alcoholics - give me the wine“ - damit leitet sie das Lied „Rybka“ ein, dass sie einem polnischen Freund widmete, der nicht ahnt, dass es von Alkoholismus handelt. Das Zusammenspiel zwischen ihr und der Band funktioniert tadellos. Ihre Stimme, der Kontrabass und das Saxophon passen harmonisch zusammen. Gerade ein Saxophon kann auf mich schnell aufdringlich und nervig wirken - nicht so bei Gus. Er kann sich schön in die Musik von Liz einfinden. Das spürt das Publikum auch beim herzlichen Umgang der Band miteinander.
Mit Hey Joe folgt mein persönlicher Favorit von Liz Green. Weder ihre Stimme noch die Band wirken tourmüde - und das obwohl sie quasi jeden Abend auf der Bühne stehen. Mittlerweile ist der Raum durchzogen mit Zigarettenqualm. Etwas, was mich normalerweise sehr stören würde, gehört zu diesem Abend. Gekonnt streicht Sam nun die Saiten seines Kontrabass - würde es doch immer so schön sein können, wie auf diesem Konzert. Ich bin verzückt und das nach gerade mal fünf Liedern.
Ab „I, Dancing Bear“ - einem Birdengine-Cover wechselt Liz ans E-Piano. Es folgen zwei mir unbekannte Stücke - davon eines „Where The River Don´t Flow“.
Es wird nun unter viel Gelächter die Geschichte von Onkel Roy, der direkt an der Autobahn lebte und sich zu seinem Tod wünschte, dass diese für einen Tag gesperrt werden würde und auf dessen Beerdigung „Simply The Best“ von Tina Turner gespielt wurde - einem seiner Lieblingslieder.
Liz steht nicht einfach nur auf der Bühne, sie ist die Bühne selbst - sie unterhält das Publikum mit schönen Geschichten und Anekdoten, deren Wahrheitsgehalt keine besondere Rolle spielen. Es macht ihr sichtlich und für alle im Raum spürbar viel Freude zu unterhalten. Es schwingt trotz der oft traurigen und melancholischen Lieder eine Leichtigkeit im Raum mit. Sie schafft es Besinnlichkeit und Fröhlichkeit in Einklang zu bringen ohne dabei ins Lächerliche abzugleiten. Es fehlt an diesem Abend an nichts. Es hätte dieses Konzert an keinem schöneren und passenderen Ort stattfinden können - und auch das Publikum könnte kein besseres sein. Alle fühlen sich miteinander wohlig und das trotz oder gerade wegen des untypischen Ortes für diese Musik.
The Quiet, Displacement Song, Bad Medicine und weitere Lieder folgen und werden als zweite Zugabe mit einem alten Pulp-Klassiker „Help The Aged“ abgeschlossen.
Schaut man ins Publikum, so sieht man in Gesichter, die so voller Verzückung und Staunen zur Bühne schauen, wie es auch Kinder können, wenn die Großmutter Märchen vorliest. Nicht, dass Liz Green eine „alte Schachtel“ sei - im Gegenteil. Sie versteht es einfach das Publikum mit ihren Liedern und Geschichten zu verzaubern. Dafür braucht es bei ihr nicht die großen Gesten, sondern es reicht schon ihr Blick - ihre tanzenden Augen sowie ihre ansteckende Fröhlichkeit. Sie braucht keine großen Lautsprecher, um gehört zu werden. Das schafft sie alleine durch ihre Ausstrahlung!
Sie hat den Spagat geschafft mit Selbstironie zu spielen und trotzdessen nicht im Klamauk zu enden. Unvergessen und wunderschön ihre gekonnte „Mundtrompete“ bei „Bad Medicine“.
Danke Liz - Du hast mich an diesem Abend glücklich gemacht. Danke Sam und Gus.
Die ausführliche Setlist werde ich nachreichen. Eine klein Anekdote: Liz Green hat eine dicke Kladde, in das sie mit der Hand vor jedem Konzert die Lieder aufschreibt, welche sie spielen möchte. Sie hält sich aber nur grob an diese List, sodass es nur ein grober Hinweis ist.
Das West Germany, in welchem das „Geheim-Konzert“ von Liz Green stattfinden sollte, ist weder ausgeschildert noch besitzt es eine eigene Homepage. Auch kannte es niemand, den ich im Vorfeld darauf ansprach. So blieb mir nichts anderes übrig, als mich zu der Anschrift zu begeben - in der Hoffnung vor Ort schlauer zu werden. Das West Germany liegt im Neuen Kreuzberger Zentrum - einer der übelsten Bausünden der 60er und 70er Jahre - direkt am Kottbusser Tor. Lange Zeit befand sich dort neben dem Bahnhof Zoo auch eine der größeren offenen Drogenszenen. Diese ist mittlerweile zwar fast verschwunden - die bedrückende Atmosphäre blieb aber bestehen. Umso skeptischer war ich, was das wohl für ein Konzertabend werden würde - der in so einem feindlichen Umfeld stattfinden soll.
Dieses „Geheim-Konzert“, wurde weder offiziell beworben noch gab es im Vorverkauf Karten dafür. Nur wenn man die offizielle Homepage von Liz Green oder ihre Facebookseite im Blick hatte, bekam man davon Kenntnis. Scheinbar war es auch nicht erwünscht, dass man zu diesem Konzert zufällig geriet.
Nach einer längeren Suche nach dem West Germany, die mich auf Hinterhöfe, in ein Parkhaus und in eine Apotheke führte, wurde ich netterweise von einem Anwohner zum richtigen Ort gelotst. Ein schmuddeliges und dunkles Treppenhaus erwartete mich - durch das ich mir vertraute Klänge wahrnahm. Zwei Stockwerke später stand vor einer geöffneten Tür, durch welche ich einen vorsichtigen Blick wagte. Liz war noch mitten im Soundcheck. Erleichtert zu wissen, dass Liz Green da ist und ich den Ort gefunden habe, ging ich noch Einkaufen und Essen.
Kurz vor neun machte ich mich erneut auf den Weg durch das Treppenhaus. Dieses Mal saßen der Veranstalter sowie Liz Green mit ihrer Band an der Konzertkasse, die auch gleichzeitig Merchandising Stand war. Das West Germany selbst ist ein skurriler Ort, den man schlecht in Worte fassen kann - erst Recht nicht, wenn man Berlin nicht kennt. Wer das Glück hatte West-Berlin der 80er mit seinen illegalen Clubs sowie Ost-Berlin der 90er mitzuerleben, kann die Beschreibung am ehesten nachfühlen. Es wirkt wie eine abgerockte Neubauwohnung in der die Deckenverkleidung zum großen Teil fehlt - die Wände zum Teil rausgeschlagen wurden und in dem sich ein improvisierter Tresen und eine Chill-Out Ecke mit Campingstühlen befinden. Der Konzertraum selbst hat vielleicht 50qm - mit einer Bühne die aus umgedrehten Bierkisten mit Spanplatte oben drauf besteht. Dazu noch rotes und blaues Licht von der Decke, das die Bühne und die Räume in ein interessantes Licht bringen. Der Boden sowie die Wände sind größtenteils weiß gekachelt. Da ich mittlerweile solche Orte in Berlin nicht mehr gewöhnt bin, kaum ich aus dem Staunen und Entsetzen nicht heraus - und entschied mich dieses Gefühl direkt mit einem Bier aus der Flasche für angenehme zwei Euro zu feiern.
Aus der Distanz betrachtet, wäre das West Germany der Ort, wo man am Wenigsten die Musik von Liz Green vermuten würde.
Liz Green war ein Teil des noch spärlichen Publikums. Sie saß entweder im Eingangsbereich oder setzte sich irgendwo für einen Plausch mit dazu. Auch ihre Bandmitglieder mischten sich ganz normal unter das Publikum. Ich glaube nicht, dass dieses nur aus der Not heraus geschah, dass es keinen Backstage-Bereich gab. Ich glaube es gehörte an diesem besonderen Abend einfach dazu.
Ich geriet recht schnell in einen kleinen Plausch mit dem späteren Saxophonisten von Liz Green, der sich den Künstlernamen Alabaster Deplume gab, wie er später sagte, hat er keine Ahnung, wie er zu diesem Namen kam. Er war auch gleichzeitig der Support von Liz Green. Um 21:30 ging er dann zur Bühne des mittlerweile schon volleren West Germany. Ja - wie soll man seinen Auftritt umschreiben - das gelingt nicht ohne auch ihn zu beschreiben. Ich musste oft an Shakespeare-Rezitieren denken, als ich ihn sah. Er durchmischte seine intelligent und schön gemachte Musik immer wieder mit Monologen bei denen er in diverse Rollen und Haltungen schlüpfte. Er spielt traurige Musik, um glücklich zu machen und vielleicht auch selbst zu werden, wie er selbst sagte.
Liz Green saß bei seinem Auftritt wie selbstverständlich im Publikum auf dem gefliesten Boden und hörte ihrem Bandkollegen gespannt zu, applaudierte, lachte und erfreute sich wie auch der Rest des Raumes. Eine unheimlich sympathische Geste, die ich so nur sehr selten erlebt habe.
Ein sehr schöner Anfang, der mit viel Applaus bedacht worden ist. Zwischenzeitlich hat sich das West Germany weiter gefüllt - sodass es wohl an die 70-80 Zuhörer geworden sind.
Nach einer kurzen Pause kam dann Liz Green auf die Bühne. Anfangs noch alleine und nur von ihrer Gitarre begleitet. Das erste Stück noch akustisch. Es war ein sehr altes altes Lied „Blue Note“, dass sie für einen Mann namens Martin schrieb. Ein eher unromatischer Name, wie sie süffisant anmerkte.
Das Publikum saß größtenteils auf dem Boden und lauschte gespannt, neugierig, mitgehend - was sich im ganzen Konzert über fortsetzte. Niemand war zufällig dort - alle wollten das Konzert (und Bier, Wein und/oder Zigaretten) genießen. Es folgten mit Dying Crapshooter´s Blues ein weiteres „Frühwerk“ von Liz Green. Mittlerweile hat sie, immer noch alleine auf der Bühne, zum Mikrofon gefunden. Sofort fällt der großartige Klang im improvisierten West Germany auf. Der oft übliche Dezibel-Krieg findet hier auf der Bühne nicht statt. Der ausgiebige Soundcheck hat sich gelohnt!
Ab dem Midnight Blues kommen nun auch „Alabaster Deplume“ - bürgerlich genannt Gus Fairbairn am Tenor Saxophone sowie Sam Buckley am Kontrabass, die beide auch schon bei der Einspielung der neuen Platte mitgewirkt haben. Es folgt mit „Penelope“ - ein wunderschönes Lied, welches wohl auf dem neuen Album zu hören sein wird - welches selbstironisch wohl erst 2020 erscheinen wird. Dann folgen der schöne Midnight Blues.
„The next song is about alcoholics - give me the wine“ - damit leitet sie das Lied „Rybka“ ein, dass sie einem polnischen Freund widmete, der nicht ahnt, dass es von Alkoholismus handelt. Das Zusammenspiel zwischen ihr und der Band funktioniert tadellos. Ihre Stimme, der Kontrabass und das Saxophon passen harmonisch zusammen. Gerade ein Saxophon kann auf mich schnell aufdringlich und nervig wirken - nicht so bei Gus. Er kann sich schön in die Musik von Liz einfinden. Das spürt das Publikum auch beim herzlichen Umgang der Band miteinander.
Mit Hey Joe folgt mein persönlicher Favorit von Liz Green. Weder ihre Stimme noch die Band wirken tourmüde - und das obwohl sie quasi jeden Abend auf der Bühne stehen. Mittlerweile ist der Raum durchzogen mit Zigarettenqualm. Etwas, was mich normalerweise sehr stören würde, gehört zu diesem Abend. Gekonnt streicht Sam nun die Saiten seines Kontrabass - würde es doch immer so schön sein können, wie auf diesem Konzert. Ich bin verzückt und das nach gerade mal fünf Liedern.
Ab „I, Dancing Bear“ - einem Birdengine-Cover wechselt Liz ans E-Piano. Es folgen zwei mir unbekannte Stücke - davon eines „Where The River Don´t Flow“.
Es wird nun unter viel Gelächter die Geschichte von Onkel Roy, der direkt an der Autobahn lebte und sich zu seinem Tod wünschte, dass diese für einen Tag gesperrt werden würde und auf dessen Beerdigung „Simply The Best“ von Tina Turner gespielt wurde - einem seiner Lieblingslieder.
Liz steht nicht einfach nur auf der Bühne, sie ist die Bühne selbst - sie unterhält das Publikum mit schönen Geschichten und Anekdoten, deren Wahrheitsgehalt keine besondere Rolle spielen. Es macht ihr sichtlich und für alle im Raum spürbar viel Freude zu unterhalten. Es schwingt trotz der oft traurigen und melancholischen Lieder eine Leichtigkeit im Raum mit. Sie schafft es Besinnlichkeit und Fröhlichkeit in Einklang zu bringen ohne dabei ins Lächerliche abzugleiten. Es fehlt an diesem Abend an nichts. Es hätte dieses Konzert an keinem schöneren und passenderen Ort stattfinden können - und auch das Publikum könnte kein besseres sein. Alle fühlen sich miteinander wohlig und das trotz oder gerade wegen des untypischen Ortes für diese Musik.
The Quiet, Displacement Song, Bad Medicine und weitere Lieder folgen und werden als zweite Zugabe mit einem alten Pulp-Klassiker „Help The Aged“ abgeschlossen.
Schaut man ins Publikum, so sieht man in Gesichter, die so voller Verzückung und Staunen zur Bühne schauen, wie es auch Kinder können, wenn die Großmutter Märchen vorliest. Nicht, dass Liz Green eine „alte Schachtel“ sei - im Gegenteil. Sie versteht es einfach das Publikum mit ihren Liedern und Geschichten zu verzaubern. Dafür braucht es bei ihr nicht die großen Gesten, sondern es reicht schon ihr Blick - ihre tanzenden Augen sowie ihre ansteckende Fröhlichkeit. Sie braucht keine großen Lautsprecher, um gehört zu werden. Das schafft sie alleine durch ihre Ausstrahlung!
Sie hat den Spagat geschafft mit Selbstironie zu spielen und trotzdessen nicht im Klamauk zu enden. Unvergessen und wunderschön ihre gekonnte „Mundtrompete“ bei „Bad Medicine“.
Danke Liz - Du hast mich an diesem Abend glücklich gemacht. Danke Sam und Gus.
Die ausführliche Setlist werde ich nachreichen. Eine klein Anekdote: Liz Green hat eine dicke Kladde, in das sie mit der Hand vor jedem Konzert die Lieder aufschreibt, welche sie spielen möchte. Sie hält sich aber nur grob an diese List, sodass es nur ein grober Hinweis ist.
3 Kommentare :
Danke für den Bericht! Mir war das "West Germany" auch schon in Konzertankündigungen aufgefallen. Hat allerdings gedauert, bis der Groschen bei mir fiel: Wenn da steht: "Berlin, West Germany" in einer Liste mit verschiedenen Orten in Europa. Ich dachte erst: die ewig gestrigen sterben nicht aus... Und überhaupt hat Westberlin nie zu Westdeutschland gehört!! Die einfache Lösung, dass sich einfach jemand einen Jux mit der Bezeichnung einer Konzertlokation gemacht hat, kam erst als ich das West Germany zum zweiten Mal auftauchen sah... Und nun weiß ich immerhin, wie es dort aussieht!
"Und überhaupt hat Westberlin nie zu Westdeutschland gehört!!"
Nun ja, ganz so stimmt das ja nicht, Gudrun. Berlin (West) bzw. West-Berlin (Westberlin hat man nur in der DDR gesagt) war auf jedenfall ein Bundesland und das Grundgestz der Bundesrepublik Deutschland galt auch dort, wenn auch mit Einschränkungen.
Es gab eben den Sonderstatus.
Klasse, dass wir bald probieren können, ob man den Bindestrich bei mir hört oder nicht hört (*kicher*)...
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