Konzert: Sophie Hunger
Ort: La Cité de la Musique (Amphithéâtre), Paris
Datum: 09.03.2012
Zuschauer: ausverkauft, also 250
Konzertdauer: 90 Minuten
Der noch amtierende französische Staatspräsident Herr S. wurde heute abend nicht gesichtet. Dabei hätte ihn sicherlich jeder gerne gesehen. Er erfreut sich gerade in Indie-Musikkreisen ungeheurer Popularität, wird geradezu verehrt wie ein Popstar. Ein paar Monate vor der Wahl wird fast eine Manie draus. Überall bei Facebook posten Leute aus der Indieszene lobpreisende Sachen über ihn und machen seinen Kontrahenten, den Herrn H., total runter. Jeder will, daß Herr Präsident S. wiedergewählt wird.
Auch Bob Dylan persönlich hat in der Vergangenheit schon in höchsten Tönen von Herrn Präsident S. geschwärmt. Herr S. hatte vor knapp drei Jahren ein Konzert des Folkbarden im Palais de Congrès in Paris besucht und Dylan war von Nicholas S. so angetan, daß er ihm Backstage einen Gürtel aus Texas schenkte. Die Frau von Herrn Nicholas S., die Sängerin Carla B.-S., bekam eine Original- Mundharmonika überreicht. Bob Dylan sagte hinterher über die Begegenung mit dem Präsidenten: " It was like looking at my mirror image. I can see why he's the head of France. He's genuine and warm and extremly likeable."
Was? Wer fragt da, ob Dylan schon Alzheimer hat? Ein bißchen Respekt bitte, ja! Er ist vielleicht ein wenig alt, aber noch saftig in der Birne. Manche sagen zwar, daß seine Stimme schon immer scheiße und unerträglich gewesen sei (ich finde sie übrigens cool), aber ansonsten ist jeder Fan von ihm. Jeder. Das hat er mit Herrn S. gemeinsam. Und die Stimme von Bob mussten wir heute aber ja auch nicht ertragen, schließlich sang die Schweizerin Sophie Hunger seine Texte.
Vor ausverkauften Haus im Amphitheater der Cité de la Musique performte die Blondine die Songs des Altmeisters auf der Akustischen und spielte natürlich auch Mundharmonika. Auf jedem Stück des genialen Bob gibt es sie schließlich, die allegegenwärtige, omnipräsente Mundharmonika. Dieses an sich schöne Instrument hat mir den Zugang zum Oeuvre des Amerikaners immer erschwert. In einem Anfall von schlechtem Gewissen und mit dem ehrgeizigen Ziel, meine Lücken hinischtlich der Diskgrafie Dylans zu schließej hatte ich im Jahre 2005 ein paar wichtige Alben Gekauft. Blonde On Blonde, Highway 61 Revisted, The Freewheelin(, Slow Train Coming...
Das heute Konzerte von Sophie Hunger konzentrierte sich aber auf die Phase 1962-1964, also auf Bob Dylan 1962 (sein erstes Album), Freewheelin', The Times They Are- A Changin' & Another Side of Bob Dylan.
Ich habe zwar leider keine geanue Setlist, aber unter anderem hat Hunger folgende Titel gespielt:
Honey, Just Allow Me One More Chance, The Times They Are A-Changin', North Country Blues, Talking World War III Blues, I Want You (Blonde on Blonde), Hard Times In New York Town, Blowing In The Wind.
Ihr Gitarrenspiel war bisweilen sehr spärlich, manchmal aber auch forsch und energisch, je nachdem was das Stück erforderte. Stimmlich versuchte sie die Eigenarten von Dylan nachzuahmen, was ihr auch ziemlich gut gelang. Schön, wie sie den langgezogenen Gesang imitierte, seine gespielte Empörung nachmachte, sein hämisches Grinsen, sein Greinen, sein Murmeln. Allerdings war bei ihr alles besser verständlich, was bei Mister Zimmerman ja nicht unbedingt immer der Fall war.
Ab und zu lieferte sie ein paar Erklärungen, wie sie zu den einzelnen Liedern stehe, erzählte in einer interessanten Szene auch von ihrer Familie, ihren Großeltern, die wohl aus Russland stammten und leitete dann über in den North Country Blues.Um den Franzosen eine Gefallen zu tun, redete ie auch immer mal wieder af französich und schlug sich hierbei ganz wacker.
Das Set floß gemächlich dahin und niemand im Publikum sagte auch nur einen Ton. Erfreulich und auch passend, denn die gespielte Musik war sehr subtil und duldete keinerlei Störfaktoren. Fotografieren durfte man übrigens auch nicht, was zwar nachvollziehbar, aber trotzdem schade war. Gerne hätte ich mehr von der aufschlußreichen Mimik von Hunger eingefangen, aber nach lediglich einer handvoll Schüssen kam ein Ordner angewetzt und verbat mir das Geknipse.
Nach gut einer Stunde verließ Sophie zum ersten Mal die Bühne, kam dann aber fünf Minuten später nach donnernden Theaterappluas wieder und performte, nun in ein rotes Kleid gewandet, munter weiter. Dann verschwand sie erneut, erschein aber noch ein weitere Mal und spielte auf einer kleinen Spieluhr Blowing In The Wind. Das Teil hätte sie in ihren Schuhen gefunden, sie hätte ja so große Füße.
Großes Gelächter und ein abschließender Jubelausbruch, der aber nicht mehr in eine weitere Zugabe mündete.
Hinterher gab es noch die Gelegenheit, in dem reichhaltig ausgestatteten Bücher-und CD-Laden zu schmökern. Ich schoß ein kleines Foto von ein paar Books von Dylan, da kam aber auch schon der Verkäufer aufgebracht angelaufen und verbat mir dies. Ich könne ja nach den Referenznummern fragen, falls mich das interessiere. Blöder Mistkäfer! Am liebsten hätte ich ihm die Hammelohren langgezogen und erklärt, daß der Kunde König sei. Ich beließ es aber dabei, einfach nichts zu kaufen und mir die Bücher woanders zu besorgen. Selbst Schuld! Schade, die Veranstaltung war manchmal wirklich nicht sehr Rock n' Roll, sondern konservativ und etwas steif.
Ach so, Eric Cantona, großer Fan von Sophie Hunger ward auch nicht gesehen...
Anmerkung: Ein paar Dinge in diesem Bericht entsprechen nicht ganz der Wirklichkeit. Welche das sind könnt ihr euch eventuell denken.
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