Dienstag, 27. März 2012

Eric Eckhart & Miss Kenichi, Berlin, 23.03.12


Konzert: Eric Eckhart + Miss Kenichi
Ort: Sofa Salon (wechselnde Orte), Berlin

Datum: 23.03.2012

Zuschauer: „ausverkauft“ ca. 30-35

Konzertdauer: sicherlich über 2 Stunden

Bericht und Fotos von Markus aus Berlin


An diesem Abend stand mein erstes Wohnzimmerkonzert auf dem Programm. Organisiert vom Sofa Salon. Da ich mir schon seit längerem vorgenommen habe, Miss Kenichi live zu erleben, war ich dankbar, dass es sich endlich ergeben konnte. Das Konzert sollte im Wedding stattfinden - was mir gelegen kam, da ich dort gemütlich hinradeln konnte. Einlass sollte schon um 19 Uhr sein - und die Konzerte um 20:15 Uhr beginnen. Denn neben Miss Kenichi sollte auch Eric Eckhart auftreten, den ich bis dahin noch nicht kannte. Ich hörte aber am Tag des Konzerts in seine Musik rein und war durchaus angetan.

So machte ich mich auf den Weg. Auf dem Weg zum „Wohnzimmer“ überquerte ich die Bornholmer Brücke, die Ost- und Westberlin verbindet. Es gibt nur noch wenige Orte in Berlin, die mich an die Wiedervereinigung erinnern und noch sentimental stimmen können.

Noch einmal abbiegen und schon stand ich vor dem Altbau in dem das Wohnzimmerkonzert stattfindet. Als ich im vierten Stock ankam, wurde ich gleich freundlich von Sam begrüsst, die den Abend auch organisierte. Das macht sie mittlerweile schon seit zwei Jahren, wie sie mir später verriet - und das Monat für Monat in einer anderen Wohnung. Was mir sofort auffiel war die angenehm lockere und offene Atmosphäre in der schönen Zweiraumwohnung. Im Wohnzimmer lagen schon rote Kissen auf dem Boden sowie eine Gästematratze. Ich nutzte die Gunst der frühen Stunde und sicherte mir einen angenehmen Platz auf dem Sofa. Mein erstes Bier schenkte mir einer der anderen Gäste. Überall standen kleine Snacks herum und in der Küche hätte es Suppe gegeben, die ich aber erst später bemerkte.


Es füllte sich die Wohnung mehr und mehr und irgendwann kam Sam, die eigentlich Australierin ist, ins Wohnzimmer und und leitete den Abend mit einer kleinen Ansprache ein, in der sie die Künstler kurz vorstellte. Dann kamen Eric Eckhart und Sara Thörgersen, die ihn auf der Violine begleitet, auf die Wohnzimmerbühne - also an das Ende des Raumes. Ein wenig musste noch die E-Gitarre zur Seite geräumt werden, die schon für Miss Kenichi bereitstand.


Am Anfang erzählt er davon, dass er aus einer Großfamilie stammt und ihn die Atmosphäre an Weihnachten daheim erinnert. Danach bittet er mit viel Charme, dass sich auch die Zuhörer vorstellen sollen, was dann auch alle bereitwillig taten. Das machte den Abend dann noch intimer, als er eh schon war.

Eric Eckhart stammt eigentlich aus West Virginia, das er vor zwei Jahren in einer Lebenskrise verließ, um seiner Leidenschaft für die Musik zu folgen. Er verkaufte sein Haus, seine drei Autos und packte einen Koffer und zog nach Irland. Mittlerweile lebt er seit zwei Jahren in Berlin. Erics Musik ist eine Mischung aus Americana / Pop, Indie-Rock mit klassischem Songwriting, wie es treffend auf seiner Website steht. Das Set beginnt mit dem Lied „Running“. Eric hat eine wirklich schöne Stimme und die Akustikgitarre und Violine untermalen diese sehr passend.



Es folgt mit Pale Yellow Moon ein bislang unveröffentlichtes Stück. Es fällt ihm leicht eine Melodie und Akkorde zusammenzuführen, aber der passende Text kommt erst mit der Zeit. So hat auch dieser Song noch nicht den endgültigen Text gefunden. Es ist schön, wie er bei seiner Musik mitgeht und wie es ihm Freude macht, uns an seiner Musik teilhaben zu lassen. Auch Sara begeistert mich nicht minder. Auch bei ihr spüre ich, wie gerne sie Musik macht. Eric erzählt gerne auch die passenden Geschichten rund um die Lieder, so auch von dem Traum irgendwann mal eine Filmmusik zu komponieren. I Saw A Light gefällt mir auf Anhieb. Eine tolles Lied, welches auch mit viel Applaus bedacht wird. Er strahlt so viel Lebensfreude aus, wie die von einem Menschen, der seine Bestimmung gefunden hat und diese auch verfolgt. Es folgen noch neue und alte Lieder. Bei einem darf das Publikum auch mitsingen, was nicht peinlich oder unangenehm ist, sondern einfach nur schön. Mein persönlicher Höhepunkt des Konzerts ist, als Sam vom Sofa Salon auf die Bühne gebeten wird und beide mit „From Whence I Came“ ein wunderschönes Duett singen. Einfach toll. Damit endet auch schon sein Konzert und nach einer kurzen Pause geht es mit Miss Kenichi weiter.


Ich weiß gar nicht mehr, wie ich auf Miss Kenichi aufmerksam wurde - irgendwann stolperte ich wohl im Internet über sie. Sam hatte Miss Kenichi schon lange auf ihrer Wunschliste für den Sofa Salon. Direkt nach Wilco, die, so glaube ich, jeder gerne in seinem Wohnzimmer zu Gast hätte, der wirklich gute Musik zu schätzen weiß.

Miss Kenichi beginnt ihr Set mit einem schönen Intro, welches passender hätte nicht sein können: Deeper Well vom ehrwürdigen David Olney a cappella vorgetragen. Dann kommt ihre angenehm gedämpfte E-Gitarre zum Einsatz. Eine passende Begleitung zu ihrer zarten und weichen Stimme. Miss Kenichi ist unheimlich nervös, weil sie unbedingt einen neuen Song vorspielen möchte - „The Trail“. Entstanden ist dieses Lied als sie mehrere Tage lang krank mit Schmerzen im Bett lag und diese „Erfahrungen“ irgendwie verarbeiten wollte...es ist ihr sehr gut gelungen - wobei ich dem Lied nicht ansatzweise anhören würde, wie es ursprünglich entstand. Mit Collision Time spielt sie einen Titel aus ihrem 2006 erschienenen Album, welches auch gleichzeitig dessen Namensgeber ist. Ich weiß gar nicht, wie ich Miss Kenichi einordnen soll. Irgendwo habe ich gelesen: Feist + PJ Harvey = Miss Kenichi. Ich finde das trifft es sehr gut. Ich mag ihren Mut bei ihrer Musik - ich mag es, wenn etwas auch mal sperrig ist und sperrig bleiben darf. So ergänzen sich ihre Melodien perfekt zu ihrer Stimme, die direkt ins Herz geht.


Richtig ergreifend ist es, als Miss Kenichi erzählt, wie sie Harry Belafonte traf und ihr etwas sehr Wichtiges mit auf den Weg gab: Never be scared! Fear is the greatest violator! Don´t ever be scared. Eine schöne Einstimmung auf All My Tears. Niemand klappert mit Bierfalschen oder steht auf zum Rauchen oder geht zur Toilette. Alle lauschen gespannt und ergriffen ihren schönen Melodien. Niemand unterhält sich nebenher oder schreibt SMS. Sehr beeindruckend. Gegen Ende des Konzerts fordert Miss Kenichi alle auf einfach mal aufzustehen - wie sie sagte, kam ihr das einfach so in den Sinn - warum nicht einfach mal die Situation verändern? Und wirklich alle standen vom Boden und vom Sofa auf und sofort war eine ganz andere Atmosphäre im Raum. Beendet wird ihr Set mit der Zugabe White Sand - einem Lied, welches sie für die Neuverfilmung von „Die Leiden des jungen Werther“ geschrieben hatte. Ein Lied für Lotte. So endet ihr sympathisches Konzert mit viel Applaus. Ich freue mich darauf Miss Kenichi irgendwann mit ihrer Band zusammen zu hören. Darunter auch Earl Harvin - der Schlagzeuger, den ich zuletzt auch schon beim fulminanten Konzert der Tindersticks im Roten Salon erleben durfte. So schließen sich manche Kreise unerwartet.

Der Abend ist noch lange nicht beendet. Ich weiß gar nicht wie lange gespielt wurde - aber weder die Künstler noch die Gäste sind direkt nach Hause gegangen. Bis zwei Uhr morgens saßen wir noch zusammen, bis auch die letzten Gäste nach Hause gefahren sind. Ich hatte noch schöne Gespräche mit Eric, Miss Kenichi sowie Sam Wareing, die allesamt sehr offene und herzliche Menschen sind. Der Sofa Salon hat mir unheimlich viel Freude gemacht und ich werde dort mit Sicherheit nicht das letzte Mal teilgenommen haben. Vielleicht sogar irgendwann in meiner eigenen Wohnung. Solche Künstler und so tolle Gäste hat man gerne bei sich daheim.




Weitere Infos:

Sofa Salon: http://www.sofasalon.de/
Miss Kenichi:http://www.facebook.com/pages/Miss-Kenichi/90355534002?sk=wall
Eric Eckhart:http://www.ericeckhart.com/


Setlist Eric Eckhart:


01: Running
02: Pale Yellow Moon
03: I Saw A Light
04: Kties Waiting
05: Anyone, Anywhere
06: The One
07: Westside Of Attitude
08: Lost
09: From Where I Came


Setlist Miss Kenichi:

01: Intro (Deeper Well Cover)
02: Open Fields
03: The Trail (Welturaufführung)
04: Collision Time
05: Blanket
06:All My Tears
07: Bells
08: It Won´t Come
09: White Sand




1 Kommentare :

E. hat gesagt…

sehr schön! interessante künstler, empathischer bericht, prima! (ich muss endlich die startrakete für unser nächsten wohnzimmerkonzert zünden!)

 

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