Konzert: Malajube
Ort: Sinkkasten, Frankfurt
Datum: 29.05.2009
Zuschauer: nicht furchtbar viele; 100 vielleicht
Dauer: 72 min
Frankfurt ist als Indie-Konzertstadt ziemlich komisch. Weil es für mich gut zu erreichen ist, informiere ich mich regelmäßig, welche Bands im Rhein-Main-Gebiet auftreten. Und dabei habe ich in den vergangenen Jahren allerlei sehenswerte, meist aber auch mächtig skurrile Clubs kennengelernt. Entweder haben die sonderbare Namen (Das Bett, Clubkeller) oder sehen nach allem, nur nicht nach Musikkneipen aus (Cooky's). Aber das, was der Sinkkasten bot, stellte alles andere ganz locker in den Schatten!
Der Laden liegt in unmittelbarer Nähe der Zeil, der großen Frankfurter Einkaufsstraße, die auch nach Geschäftsschluß noch sehr belebt war (und uns beim Flucht-vor-der-Vorgruppe-Spaziergang fast eine ordentliche Prügelei geboten hätte). Praktisch für nicht-Frankfurter schien trotz dieser Innenstadtlage das direkt gegenüber liegende Parkhaus einer dahin dümpelnden Kaufhauskette zu sein. Vor der Schranke fanden wir aber heraus, daß es um 21.30 h schließt... der Laden ist nicht systemrelevant.
Der Club selbst ist köstlich. Geschnitten ist der Raum wie eine dieser Junggesellenabschieds-Kneipen mit mehreren Theken, vielen Säulen, Sitzgelegenheiten und einer mit Stahlgittern geschützen DJ-Kabine. Die Tanzfläche vor der Bühne hat einen Boden aus Metallplatten und ist umsäumt von Kinostühlen! Wie in einer südhessischen Dorfdisko! Die Vorstellung, auf diesen Sitzen eines der kommenden Programmhighlights zu sehen (THE 80's & more – Disco Party, THE 80's & 90's PART I – Disco oder die 8ZIGER DISCO Party...), ist irgendwie reizvoll...
Der Landdisko-Charme wurde dadurch verstärkt. daß enorm viele sehr jung aussehende Leute mit dazugehörenden Eltern durch den Laden liefen - Angehörige oder Freunde einer der beiden (!) Vorgruppen, ähh Special Guests (laut Ankündigungsflugblatt der Frankfurter Sparkasse 1822 - ich hatte erwähnt, daß es skurril war?). Beim Versuch, Bier und Cola zu bestellen, wurde ich von der einen Theke an die andere geschickt (die erste hatte nur eine andere Biersorte) und fragte den dortigen Barkeeper, wann es anfangen würde. Es erschien plötzlich eine besonders gute Idee zu sein, den Vorgruppen aus dem Weg zu gehen! Er schickte mich "zum Mischer" (oder zum "Micha", in Hessen weiß man das nicht so genau), der wie alle sehr nett war, leider aber auch nicht endgültig weiterhelfen konnte ("eigentlich sollten die schon lange spielen, oder meinst du die Franzosen, äh Kanadier, die nachher noch kommen?"). Nach der ersten der Taunusgruppen (The Seven Lost Cities Of Gold (gleich Abendessen)) setzten sich andere Eltern in die erste Reihe und zückten die Kameras. Als dann ein "Ausdrucks""tänzer" die zweite Band (The Mystic Onehand) durch einen Rudolf-Steiner-Gedächtnis-Tanz einleitete und begleitete, entschieden wir uns für eine zweite Flucht und malten uns aus, daß Malajube anschließend vermutlich vor leerem Saal spielen würden.
Schlechtes Timing ließ uns dann zu früh wieder im Saal sein. "Danke, daß ihr alle unseretwegen* gekommen seid! Sollen wir zum Abschluß noch was jammen?" Hilfe!
Endlich durften um halb elf Malajube ihre Instrumente aufbauen. Bei einer unserer Fluchten vorher waren wir der Band fast in die Füße gelaufen, als sie neben ihrem Tourbus Footbag spielten (diese Mischung aus Fußball und Kleinkunst mit kleinen mit Sand gefüllten Bällen). Auch auf der Bühne schienen die vier viel Spaß zu haben, schon beim Aufbau lachten sie viel. Als sie schließlich um kurz vor elf anfingen, fielen mir zwei Sachen auf, die vollkommen ungewöhnlich waren: Sänger Julien Mineau hatte nichts auf dem Kopf, keine Kappe, kein Stirnband, keine Kaputze, und er sprach viel und war zu verstehen!
Reden musste er allerdings auch, denn es galt, Lücken zu überbrücken. Das Schlagzeug seines Bruders Francis wanderte nämlich. Erst fiel das Mikro der Bassdrum von dem offenbar viel zu kleinen Podest, dann eines der anderen. Francis war vollkommen genervt, während der emsige Roadie runterfallende Teile auffing. Julien und Keyboarder Thomas (im lilafarbenen und aktuellen T-Shirt) redeten währenddessen in ihren herrlichen Singsang-Tonlagen mit uns. "Now I can play the Popeye Song for you!" - Thomas: "Popeye, why not?" - "You know Popeye? We love Popeye in Canada!"
Das Schlagzeugproblem löste sich nicht. Bei 333, einem der großen Hits der aktuellen Platte, fehlte in großen Teilen die Bassdrum, bei anderen Stücken spielte Francis merkbar zurückhaltend. Aber all das änderte nichts daran, daß Malajube so gut waren, wie ich sie noch nicht erlebt habe (es war mein sechstes Konzert, alle anderen waren schon ausgezeichnet).
Genau wie Francis hatte auch Bassist Mathieu nicht den einfachsten Auftritt seiner Karriere. Der Bewegungsdrang des großen Musikers wurde durch eine an der Decke hängende Box massiv eingeschränkt. Immer wenn er nach links (von sich aus) gehen wollte, war da dieser Lautsprecher. Am Ende schob er ihn verächtlich aus dem Weg, aber seiner Laune schien das nicht zu schaden. Denn auch Mathieu lachte dauernd ins Publikum - vollkommen neu bei dieser tollen Band, sie menschelten richtig! Was so eine fehlende Kopfbedeckung alles bewirken kann.
Nicht nur der Gesamteindruck (oder auf Deppendeutsch "das ganze Paket") überragte, auch musikalisch waren Malajube perfekt. Vielleicht liegt das aber auch daran, daß mir die neuen Lieder mittlerweile wahnsinnig gut gefallen. Die Stücke der ersten beiden Platten sind ohnehin großartig, so bestand der Abend für mich nur aus Hits. Ich könnte jetzt auch nicht mehr sagen, was mein Liebling war, vor ein paar Wochen wären das sicher Stücke vom zweiten Album gewesen, heute nehmen sie sich nichts mehr.
Einer der alten Favoriten, Montréal -40°C, schien mir verändert, mit mehr Keyboards. Richtig anders war aber dann die eigentlich sehr kurze Zugabe Le robot sexy vom ersten Album. And die anderthalb Minuten Lied schloß sich nämlich eine sicher fünfminütige Instrumentalverlängerung an, nicht schlecht!
Ich hätte nie gedacht, daß aus dem Abend noch etwas werden könnte, zu absurd war der Beginn. Aber es wurde! Die Band aus Québec ("we come from far away!") wird erstaunlicherweise immer besser! Wie schade, daß die Tour jetzt wieder vorbei ist, denn ich warte noch auf den Popeye Song! Julien klimperte (auch neu!) zwar beim ersten Verlassen der Bühne eine Melodie auf Thomas' Keyboards, ich bin aber nicht sicher, ob er es war; die Popeye Remake-Serie habe ich nie gesehen.
Es tut mir leid, das vor allem denen sagen zu müssen, die die Band wegen des ausgefallenen Münster-Konzerts nicht sehen konnten, aber das war eine der Gruppen, die man 2009 erleben musste!
Setlist Malajube, Sinkkasten, Frankfurt:
01: Ursuline
02: Porté disparu
03: Casablanca
04: Casse-cou
05: 333
06: Fille à plumes
07: Etienne d'août
08: Collemboles
09: Pâte filo
10: Montréal -40°C
11: La maladie
12: Le crabe
13: Christobald
14: Keyboardvariationen
15: Luna (Z)
16: La monogamie (Z)
17: Le robot sexy (incl. "Frankfurt Jam") (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- Malajube, Köln, 13.05.09
- Malajube, Berlin, 20.09.07
- Malajube, Köln, 11.09.07
- Malajube, Frankfurt, 06.08.07
- Malajube, Haldern, 04.08.07
- Malajube, Paris, 10.05.07
- Malajube, Paris, 21.03.07
- mehr Fotos aus dem Sikkasten!
Die aktuellen Tourtermine von Malajube:
30.05.09 Jubez, Karlsruhe
31.05.09 Paradiso, Amsterdam
(Quelle: myspace-Seite der Band)
* Das "unseretwegen" hat er nur gedacht, nicht ausgesprochen - aber es stimmte ja auch
Ort: Sinkkasten, Frankfurt
Datum: 29.05.2009
Zuschauer: nicht furchtbar viele; 100 vielleicht
Dauer: 72 min
Frankfurt ist als Indie-Konzertstadt ziemlich komisch. Weil es für mich gut zu erreichen ist, informiere ich mich regelmäßig, welche Bands im Rhein-Main-Gebiet auftreten. Und dabei habe ich in den vergangenen Jahren allerlei sehenswerte, meist aber auch mächtig skurrile Clubs kennengelernt. Entweder haben die sonderbare Namen (Das Bett, Clubkeller) oder sehen nach allem, nur nicht nach Musikkneipen aus (Cooky's). Aber das, was der Sinkkasten bot, stellte alles andere ganz locker in den Schatten!
Der Laden liegt in unmittelbarer Nähe der Zeil, der großen Frankfurter Einkaufsstraße, die auch nach Geschäftsschluß noch sehr belebt war (und uns beim Flucht-vor-der-Vorgruppe-Spaziergang fast eine ordentliche Prügelei geboten hätte). Praktisch für nicht-Frankfurter schien trotz dieser Innenstadtlage das direkt gegenüber liegende Parkhaus einer dahin dümpelnden Kaufhauskette zu sein. Vor der Schranke fanden wir aber heraus, daß es um 21.30 h schließt... der Laden ist nicht systemrelevant.
Der Club selbst ist köstlich. Geschnitten ist der Raum wie eine dieser Junggesellenabschieds-Kneipen mit mehreren Theken, vielen Säulen, Sitzgelegenheiten und einer mit Stahlgittern geschützen DJ-Kabine. Die Tanzfläche vor der Bühne hat einen Boden aus Metallplatten und ist umsäumt von Kinostühlen! Wie in einer südhessischen Dorfdisko! Die Vorstellung, auf diesen Sitzen eines der kommenden Programmhighlights zu sehen (THE 80's & more – Disco Party, THE 80's & 90's PART I – Disco oder die 8ZIGER DISCO Party...), ist irgendwie reizvoll...
Der Landdisko-Charme wurde dadurch verstärkt. daß enorm viele sehr jung aussehende Leute mit dazugehörenden Eltern durch den Laden liefen - Angehörige oder Freunde einer der beiden (!) Vorgruppen, ähh Special Guests (laut Ankündigungsflugblatt der Frankfurter Sparkasse 1822 - ich hatte erwähnt, daß es skurril war?). Beim Versuch, Bier und Cola zu bestellen, wurde ich von der einen Theke an die andere geschickt (die erste hatte nur eine andere Biersorte) und fragte den dortigen Barkeeper, wann es anfangen würde. Es erschien plötzlich eine besonders gute Idee zu sein, den Vorgruppen aus dem Weg zu gehen! Er schickte mich "zum Mischer" (oder zum "Micha", in Hessen weiß man das nicht so genau), der wie alle sehr nett war, leider aber auch nicht endgültig weiterhelfen konnte ("eigentlich sollten die schon lange spielen, oder meinst du die Franzosen, äh Kanadier, die nachher noch kommen?"). Nach der ersten der Taunusgruppen (The Seven Lost Cities Of Gold (gleich Abendessen)) setzten sich andere Eltern in die erste Reihe und zückten die Kameras. Als dann ein "Ausdrucks""tänzer" die zweite Band (The Mystic Onehand) durch einen Rudolf-Steiner-Gedächtnis-Tanz einleitete und begleitete, entschieden wir uns für eine zweite Flucht und malten uns aus, daß Malajube anschließend vermutlich vor leerem Saal spielen würden.
Schlechtes Timing ließ uns dann zu früh wieder im Saal sein. "Danke, daß ihr alle unseretwegen* gekommen seid! Sollen wir zum Abschluß noch was jammen?" Hilfe!
Endlich durften um halb elf Malajube ihre Instrumente aufbauen. Bei einer unserer Fluchten vorher waren wir der Band fast in die Füße gelaufen, als sie neben ihrem Tourbus Footbag spielten (diese Mischung aus Fußball und Kleinkunst mit kleinen mit Sand gefüllten Bällen). Auch auf der Bühne schienen die vier viel Spaß zu haben, schon beim Aufbau lachten sie viel. Als sie schließlich um kurz vor elf anfingen, fielen mir zwei Sachen auf, die vollkommen ungewöhnlich waren: Sänger Julien Mineau hatte nichts auf dem Kopf, keine Kappe, kein Stirnband, keine Kaputze, und er sprach viel und war zu verstehen!
Reden musste er allerdings auch, denn es galt, Lücken zu überbrücken. Das Schlagzeug seines Bruders Francis wanderte nämlich. Erst fiel das Mikro der Bassdrum von dem offenbar viel zu kleinen Podest, dann eines der anderen. Francis war vollkommen genervt, während der emsige Roadie runterfallende Teile auffing. Julien und Keyboarder Thomas (im lilafarbenen und aktuellen T-Shirt) redeten währenddessen in ihren herrlichen Singsang-Tonlagen mit uns. "Now I can play the Popeye Song for you!" - Thomas: "Popeye, why not?" - "You know Popeye? We love Popeye in Canada!"
Das Schlagzeugproblem löste sich nicht. Bei 333, einem der großen Hits der aktuellen Platte, fehlte in großen Teilen die Bassdrum, bei anderen Stücken spielte Francis merkbar zurückhaltend. Aber all das änderte nichts daran, daß Malajube so gut waren, wie ich sie noch nicht erlebt habe (es war mein sechstes Konzert, alle anderen waren schon ausgezeichnet).
Genau wie Francis hatte auch Bassist Mathieu nicht den einfachsten Auftritt seiner Karriere. Der Bewegungsdrang des großen Musikers wurde durch eine an der Decke hängende Box massiv eingeschränkt. Immer wenn er nach links (von sich aus) gehen wollte, war da dieser Lautsprecher. Am Ende schob er ihn verächtlich aus dem Weg, aber seiner Laune schien das nicht zu schaden. Denn auch Mathieu lachte dauernd ins Publikum - vollkommen neu bei dieser tollen Band, sie menschelten richtig! Was so eine fehlende Kopfbedeckung alles bewirken kann.
Nicht nur der Gesamteindruck (oder auf Deppendeutsch "das ganze Paket") überragte, auch musikalisch waren Malajube perfekt. Vielleicht liegt das aber auch daran, daß mir die neuen Lieder mittlerweile wahnsinnig gut gefallen. Die Stücke der ersten beiden Platten sind ohnehin großartig, so bestand der Abend für mich nur aus Hits. Ich könnte jetzt auch nicht mehr sagen, was mein Liebling war, vor ein paar Wochen wären das sicher Stücke vom zweiten Album gewesen, heute nehmen sie sich nichts mehr.
Einer der alten Favoriten, Montréal -40°C, schien mir verändert, mit mehr Keyboards. Richtig anders war aber dann die eigentlich sehr kurze Zugabe Le robot sexy vom ersten Album. And die anderthalb Minuten Lied schloß sich nämlich eine sicher fünfminütige Instrumentalverlängerung an, nicht schlecht!
Ich hätte nie gedacht, daß aus dem Abend noch etwas werden könnte, zu absurd war der Beginn. Aber es wurde! Die Band aus Québec ("we come from far away!") wird erstaunlicherweise immer besser! Wie schade, daß die Tour jetzt wieder vorbei ist, denn ich warte noch auf den Popeye Song! Julien klimperte (auch neu!) zwar beim ersten Verlassen der Bühne eine Melodie auf Thomas' Keyboards, ich bin aber nicht sicher, ob er es war; die Popeye Remake-Serie habe ich nie gesehen.
Es tut mir leid, das vor allem denen sagen zu müssen, die die Band wegen des ausgefallenen Münster-Konzerts nicht sehen konnten, aber das war eine der Gruppen, die man 2009 erleben musste!
Setlist Malajube, Sinkkasten, Frankfurt:
01: Ursuline
02: Porté disparu
03: Casablanca
04: Casse-cou
05: 333
06: Fille à plumes
07: Etienne d'août
08: Collemboles
09: Pâte filo
10: Montréal -40°C
11: La maladie
12: Le crabe
13: Christobald
14: Keyboardvariationen
15: Luna (Z)
16: La monogamie (Z)
17: Le robot sexy (incl. "Frankfurt Jam") (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- Malajube, Köln, 13.05.09
- Malajube, Berlin, 20.09.07
- Malajube, Köln, 11.09.07
- Malajube, Frankfurt, 06.08.07
- Malajube, Haldern, 04.08.07
- Malajube, Paris, 10.05.07
- Malajube, Paris, 21.03.07
- mehr Fotos aus dem Sikkasten!
Die aktuellen Tourtermine von Malajube:
30.05.09 Jubez, Karlsruhe
31.05.09 Paradiso, Amsterdam
(Quelle: myspace-Seite der Band)
* Das "unseretwegen" hat er nur gedacht, nicht ausgesprochen - aber es stimmte ja auch
2 Kommentare :
So schade, echt...aber ich wäre definitiv in Frankfurt hängen geblieben, vor allem wenn die Jungs so spät anfingen...wie ärgerlich...:-(
Hihi, also im Sinkkasten war ich auch genau EINMAL. Um mich da nochmal hin zu bekommen, müssten schon Depeche Mode für mich persönlich aufspielen. :-)
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