Konzert: Toy Fight & Anathallo (Spasmodic Joy)
Ort: Mains d'Oeuvres, Saint Ouen bei Paris
Datum: 04.05.2009
Zuschauer: angesichts des hochkarätigen LineUps zu wenige
Ort: Mains d'Oeuvres, Saint Ouen bei Paris
Datum: 04.05.2009
Zuschauer: angesichts des hochkarätigen LineUps zu wenige
Der Prophet gilt nichts im eigenen Lande, das ist nicht nur In Deutschland so , sondern auch in Frankreich, wenn es um heimische Indiebands geht. Man ist immer ein wenig skeptisch und fragt sich, ob die Landsleute genauso gut sind, wie britische oder amerikanische Formationen.
Obwohl bei Toy Fight die Vorraussetzungen hervorragend sind, daß sich dieser Zustand sehr bald ändert und sie auch in Paris und ganz Frankreich kräftig durchstarten werden! Und es ist ja schon bemerkenswert, daß ausgerechnet ein Berliner Label schneller hellhörig wurde, als ein Pariser. Der hochangesehene Laden City Slang zögerte mit dem Signing nicht lange, als sie über MySpace auf die unglaublich frischen, ansteckend heiteren und ohrwurmigen Songs der Franzosen stießen. Die Begeisterung in Berlin muß wohl riesig gewesen sein und eines schönen Tages hatten Toy Fight der Sage nach dann eine Mail aus Deutschland in ihrem virtuellen Brifekasten: "Sucht ihr ein Label?" Wahrscheinlich haben Sebastien, Maxime und David (die Gründungsmitglieder) zunächst an einen Scherz geglaubt, denn bis dahin waren sie überwiegend in kleinen Pariser Bars unterwegs, unter anderem im Motel. "Hey, kneif' mich mal, City Slang will uns unter Vetrag nehmen" haben sie sich wahrscheinlich gegenseitig zugeflaxt. Geschichten wie sie das Leben schreibt. Eine wunderschöne Geschichte wie ich finde, Happy End, sprich internationaler Erfolg, nicht unwahrscheinlich und ich würde es ihnen sowas von gönnen!
Vor Toy Fight, die ich bereits draußen vor der Tür getroffen hatte, wurde ein junger französischer Künstler platziert. Gestern hatte ich Spasmodic Joy noch als Gruppe angekündigt, weil auf der MySpace Seite Folgendes stand: "We are two, maybe four, probably six." War dann aber nicht so, denn beim Blick auf die Bühne erspähte ich nur einen einzigen Musiker mit Akustikgitarre. Um ihn doppelt zu sehen, hätte ich wohl schon ein paar Schnäpse intus haben müssen. Der zwischen den Liedern äußerst stille Bursche stellte sich irgendwann einmal als Geoff Mendelson vor und erklärte, daß er trotz des englisch klingenden Namens Franzose sei. Er sei extrem dankbar , heute hier zu sein und lobte vor allem die später startende Band Anathallo über den grünen Klee. In den letzten Jahren hätten ihn zwei Acts umgehauen, zum einen Grizzly Bear und nun Anathallo. Es sei für ihn eine große Ehre, vor ihnen auftzutreten.
Meine Befürchtungen, daß der Vortrag von Geoff etwas zäh werden könnte, zerschlugen sich ziemlich bald. Er hatte einen wunderbare, an Elliott Smith erinnernde Stimme, ein sehr energisches Gitarrenspiel und eine hochinteressante Mimik. Beim Singen bebte sein Gesicht vor Erregung, was darauf hinwies, daß er seine Musik voll und ganz lebte, denn schauspielerisches Talent sah ich bei dem so ruhigen Mann nicht. Das packte mich und ich hatte eine wundervolle halbe Stunde, die bestückt war mit melancholischen und betörenden Folksongs. Ich werde den Mann auf jeden Fall weiter im Auge behalten!
Nun aber machten sich Toy Fight bereit. Eine ursprünglich dreiköpfige Band, die bereits im Jahre 2006 eine im Selbstversuch verlegte Scheibe veröffentlich hatte und es dann eigentlich damit bewenden lassen wollte. In der Zwischenzeit sind zu den Stammitgliedern Maxime, Sebastien und David drei neue Mitglieder hinzugestoßen: Mina Tindle, die einzige Frau in der Männerunde, singt im Background und hat bei ein bis zwei Lieder auch einen ausgeprägteren Gesangespart. Zudem spielt sie wundervoll Melodica und versprüht mit ihrem herzlichen Lächeln jede Menge Charme, dem man(n) sich nur schwer entziehen kann. Sie ist auch Solokünstlerin und tritt am Mittwoch im Vorprogramm von Beirut in Brüssel auf. Jean "Jaune!" Thévenin ist der Drummer der Band und der meisteingesetzte Schlagzeuger von Paris überhaupt. Die Liste der Gruppen, in denen er mit viel Körpereinsatz trommelt, würde den Rahmen sprengen, ich beschränke mich deshalb darauf, fünf seiner Bands zu nennen: Tahiti Boy & The Palmtree Family (mit denen war er kürzlich in Austin, Texas bei South By Soutwest), Soko, The Rodeo, My Girlfriend Is Better Than Yours, Cocosuma. Ein unglaubliches Pensum, oder? Und schließlich der Bassist Bertrand Faure-Brac, der aber eher im Hintergrund agiert.
Vor Toy Fight, die ich bereits draußen vor der Tür getroffen hatte, wurde ein junger französischer Künstler platziert. Gestern hatte ich Spasmodic Joy noch als Gruppe angekündigt, weil auf der MySpace Seite Folgendes stand: "We are two, maybe four, probably six." War dann aber nicht so, denn beim Blick auf die Bühne erspähte ich nur einen einzigen Musiker mit Akustikgitarre. Um ihn doppelt zu sehen, hätte ich wohl schon ein paar Schnäpse intus haben müssen. Der zwischen den Liedern äußerst stille Bursche stellte sich irgendwann einmal als Geoff Mendelson vor und erklärte, daß er trotz des englisch klingenden Namens Franzose sei. Er sei extrem dankbar , heute hier zu sein und lobte vor allem die später startende Band Anathallo über den grünen Klee. In den letzten Jahren hätten ihn zwei Acts umgehauen, zum einen Grizzly Bear und nun Anathallo. Es sei für ihn eine große Ehre, vor ihnen auftzutreten.
Meine Befürchtungen, daß der Vortrag von Geoff etwas zäh werden könnte, zerschlugen sich ziemlich bald. Er hatte einen wunderbare, an Elliott Smith erinnernde Stimme, ein sehr energisches Gitarrenspiel und eine hochinteressante Mimik. Beim Singen bebte sein Gesicht vor Erregung, was darauf hinwies, daß er seine Musik voll und ganz lebte, denn schauspielerisches Talent sah ich bei dem so ruhigen Mann nicht. Das packte mich und ich hatte eine wundervolle halbe Stunde, die bestückt war mit melancholischen und betörenden Folksongs. Ich werde den Mann auf jeden Fall weiter im Auge behalten!
Nun aber machten sich Toy Fight bereit. Eine ursprünglich dreiköpfige Band, die bereits im Jahre 2006 eine im Selbstversuch verlegte Scheibe veröffentlich hatte und es dann eigentlich damit bewenden lassen wollte. In der Zwischenzeit sind zu den Stammitgliedern Maxime, Sebastien und David drei neue Mitglieder hinzugestoßen: Mina Tindle, die einzige Frau in der Männerunde, singt im Background und hat bei ein bis zwei Lieder auch einen ausgeprägteren Gesangespart. Zudem spielt sie wundervoll Melodica und versprüht mit ihrem herzlichen Lächeln jede Menge Charme, dem man(n) sich nur schwer entziehen kann. Sie ist auch Solokünstlerin und tritt am Mittwoch im Vorprogramm von Beirut in Brüssel auf. Jean "Jaune!" Thévenin ist der Drummer der Band und der meisteingesetzte Schlagzeuger von Paris überhaupt. Die Liste der Gruppen, in denen er mit viel Körpereinsatz trommelt, würde den Rahmen sprengen, ich beschränke mich deshalb darauf, fünf seiner Bands zu nennen: Tahiti Boy & The Palmtree Family (mit denen war er kürzlich in Austin, Texas bei South By Soutwest), Soko, The Rodeo, My Girlfriend Is Better Than Yours, Cocosuma. Ein unglaubliches Pensum, oder? Und schließlich der Bassist Bertrand Faure-Brac, der aber eher im Hintergrund agiert.
Fünf Männer und eine Frau also, die sich blendend verstehen. Man merkt ihnen an, daß es sich um keine Zwangsgemeinschaft handelt, sondern man sehr gerne Zeit zusammen verbringt. Eigentlich sollte man ja meinen, daß dies eine Selbstverständlichkeit ist, seitdem man aber weiß, daß viele Musiker eigentlich privat nichts miteinander zu tun haben und bloße "Arbeitskollegen" sind, dennoch hervorhebenswert. Und diese Freundschaft und Sympathie füreinander strahlen die Pariser auch aus. Das ist niemand , der sich besonders in den Vordergrund drängt, Gesangesparts wechseln demokratisch und auch an den Instrumenten wird an ein paar Positionen mal rotiert. Ein Truppe zum Liebhaben und Knuddeln, die wunderbar den Draht zum Publikum herstellt. Schon nach ein paar ihrer ungemein schwungvollen und euphorisierenden Liedern tanzte der ganze Saal und selbst Tanzmuffel mussten zumindest mit einem energischen Fußwippen ihrer Begeisterung Ausdruck verleihen. Ansteckende, fast kariös zu nennende Popsongs mit hohem Sucht-und Charmefaktor, die bald die gesamte Indiewelt verzaubern werden, dessen bin ich mir sicher! Auf dem heute erschienenen Album Peplum sind mindestens, na sagen wir mal vorsichtig, ...5 Tophits! Wahrscheinlich bin ich mit dieser Aussage aber noch viel zu konservativ, denn eigentlich habe ich heute nur Knüller gehört! Ich persönlich bin jedensfalls jetzt schon hochgradig süchtig nach Gassenhauern wie Your Own Fireworks, Trucmuche oder Victims Hairdo, auf dem auch die großartige Mina Tindle mitsingt. Schon nach zwanzig Minuten war ich regelrecht beschwipst von dem famosen Indie Pop von Toy Fight, der in bester Tradtition von Bands wie Belle & Sebastian, Neutral Milk Hotel oder XTC steht. Und der französische Akzent bei den englischen Texten ist das Tüpfelchen auf dem I. Schlecht gelaunt? Depressiv? Nun einfach in voller Lautstärke Toy Fight hören, dann kommt man schnell über diesen Hänger hinweg!
Also, was soll ich noch lange erzählen, Toy Fight sind jetzt schon eine der Bands des Jahres, ich bin sicher Peplum wird auf meiner Anlage etliche Runde drehen! Der Wahnsinn!
Setlist Toy Fight, Mains D'Oeuvres, Saint Ouen:
01: AvalanchesAlso, was soll ich noch lange erzählen, Toy Fight sind jetzt schon eine der Bands des Jahres, ich bin sicher Peplum wird auf meiner Anlage etliche Runde drehen! Der Wahnsinn!
Setlist Toy Fight, Mains D'Oeuvres, Saint Ouen:
02: Your Own Private Fireworks
03: Minute Song
04: Trucmuche
05: Golden Make Up
06: Bob
07: Victims Hairdo
08: Les Indes Noires
09: High Noon
10: Drum Drum
Danach passierte etwas sehr Bedauerliches: Zum Konzert von Anathallo verließen schon ein paar Leute das ohnehin schon nicht sehr gut gefüllte Mains D'Oeuvres. Einige gingen endgültig, andere lungerten draußen im Sitzbereich außerhalb des Konzertsaales herum. Da kommen sieben hochsympathische Leute extra den langen Weg aus Chicago, um durch Frankreich und demnächst auch Deutschland zu touren, machen sensationell gute und hochinnovative Musik und werden nicht entsprechend gewürdigt! Das machte mich wirklich traurig und ich überlegte, woran das liegen konnte. Als mögliche Gründe könnte man anführen, daß das Mains D'Oeuvres außerhalb von Paris in Saint Ouen liegt und deshalb viele Pariser eine psychologische Hemmschwelle haben, den Weg auf sich zu nehmen, obwohl es von den Champs-Elysées eigentlich nur 7 U-Bahnstationen entfernt ist. Zum anderen spielte es auch eine gewisse Rolle, daß am gleichen Abend mit Metric und den Von Bondies zwei Publikumsmagneten in der französischen Metropole auftraten, die viele Leute anzogen. Trotzdem: Es gab eigentlich keinen vernünftigen Grund hier und heute nicht auf der Matte zu stehen!
Anathallo entpuppten sich nämlich nicht nur als famose und extrem kreative Musiker, sondern auch als äußerst liebenswürdige und umgängliche Zeitgenossen, die sich keinswegs von dem dürftigen Zuschauerinteresse von ihrer Spiel-und Einsatzfreude abbringen ließen. Im Gegenteil, sie machten verbal mehrfach deutlich, was für eine große Ehre es für sie sei, hier spielen zu dürfen. So lob' ich mir das, musikalisch glänzen und dennoch freundlich und zugänglich bleiben! Keine abgehobenen Spinner, sondern experimentierfreudige Leute, die alle möglichen Tricks ausprobieren, um spannende Sounds zu erzeugen, dabei aber keineswegs wunderschöne Melodien und Harmoniegesänge vernachlässigen. Schon erstaunlich, Anathallo schaffen es wirklich, experimentelle Elemente einzubinden und dennoch catchy und eingängig zu bleiben. Große Kunst, bei der neben den eingesetzten Trommeln (die standen wirklich an allen Seiten!), Trompeten und unzähligen Glöckchen und anderen Percussioninstrumenten die wunderschönen Stimmen von Matt und Erica besonders begeisterten. Es war durchgängig herlich, performancetechnisch brilliant, euphorisierend, mitreißend! Ein Fest für alle Sinne!
Einzelne Highlights besonders hervorzuheben, fällt mir deshalb nicht leicht. Sicherlich könnte man das an Efterklang erinnernde Italo nennen (diese wundervollen Gesänge von Matt Joynt und Erica Froman, der einzigen Dame!), oder auch The River (tolles Piano!), beide von dem aktuellen Album Canopy Glow. Aber auch von dem Vorgängerwerk Floating World kamen Perlen, so z. B. das fantastische Dokkoise House.
Insofern gilt: Von Anathallo muss man alles haben! Es müsste schon mit dem Teufel zugehen , wenn die siebenköpfige Band aus Chicago, die ein wenig an Sufjan Stevens, Efterklang, die Broken Social Scene oder The Manchester Orchestra erinnert, nicht den Durchbruch schafft!
Eine der Bands des Jahres, genau wie Toy Fight. Was für ein Konzertabend!
Setlist Anathallo, Mains D'Oeuvres, Paris:
01: Italo
02: John J. Audubon
03: Cafetorium
04: Hanasakajijii Four
05: Hanasakajijii Two
06: Hanasakajijii One
07: Northern Lights
08: Holiday At The Sea
09: Dokkoise House (with face covered)
10: All The First Pages
- Mehr Fotos von Toy Fight hier
- Mehr Fotos von Anathallo hier
- Video mit interessanten Studioaufnahmen von Toy Fight, Minute Song live im International und im heimischen Wohnzimmer. Jeweils im Wechsel. Cool!
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