Donnerstag, 16. August 2007

Battles & Apparat feat. Raz Ohara, Köln, 15.08.07


Konzert: Battles & Apparat feat. Raz Ohara (c/o pop)

Ort: Gloria, Köln
Datum: 15.08.2007
Zuschauer: recht voll

Mein zweiter Versuch, die sehr hippe US-Band Battles vom sehr hippen Label Warp zu sehen... Vor ein paar Monaten spielten die New Yorker schon einmal in Köln, damals konnte ich mich nicht aufraffen, mir das Konzert anzusehen. Im Rahmen der c/o pop bot sich nun eine zweite Chance, wobei ich nicht sicher bin, ob ich gestern ins Gloria gefahren wäre, wenn ich kein Festivalticket gehabt hätte.

Als ich nach neun vor dem Gloria ankam, war da noch eine stattliche Schlange, obwohl schon um acht der Einlaß begonnen haben sollte. Anstehen und im Nieselregen warten mußten aber nur die Leute mit Festivaltickets, die mit Tagestickets durften durch. Es gab nämlich keine Bändchen mehr! Ein glänzender Start... Drinnen war es dann ziemlich voll, vor allem rund um die Bars. Da auf der Bühne keine Band spielte und es schon halb zehn war, war ich sicher, Apparat feat. Raz Ohara verpaßt zu haben. Oliver sagte mir dann aber,
daß die Band bzw. das Projekt um Sascha Ring noch nicht begonnen habe.

Kurze Zeit später kamen dann drei Musiker auf die Bühne, ein Schlagzeuger und zwei Keyboarder (Ring und vermutlich Raz Ohara). Die Musik, die die drei erzeugten, war natürlich sehr elektronisch, mit vielen Dingen vom Band und Gesang von Sascha Ring und Raz Ohara. Das
war gar nicht schlecht. Bei einigen der Lieder spielten die beiden Keyboarder dann auch Gitarre, wobei es bei Ohara offenbar größere Probleme gab, denn seine Gitarre blieb erst einmal stumm. Unter anderem das erzeugte ziemlich lange Pausen zwischen den Liedern, die Ring damit begründete, sie seien neun Stunden angereist, sie wollten sich jetzt zwischen den Liedern erholen. Da das Konzert ohne Gitarren aber "nur halb soviel Spaß macht", bat er um Verständnis, für die technisch bedingten Pausen.

Die Band spielte wohl acht Lieder, ich habe allerdings keine Ahnung, was da nun Teil des Sets war. In der Mitte wurde es mir manchmal zu eintönig, am Anfang und am Ende hat es mir aber wirklich gefallen. Öfter erinnerte mich Apparat (schrecklicher Bandname) an Werle & Stankowski, die mich aber eine Ecke mehr überzeugt haben.

Das Gloria war wirklich gut gefüllt, vorne war es aber recht angenehm, weil etwas Platz war. Vermutlich ahnten die meisten, daß Battles ziemlichen Krach machen.
Erste Vorbereitung dafür war die Platzierung des Schlagzeugs in der Mitte der Bühne und vorne. Die besondere Stellung des Schlagzeugs wurde noch durch ein irre hoch aufgehängtes Becken verstärkt. Zwei Keyboards dazu, Gitarre, Bass und elektronischer Schnickschnack und für Battles war aufgebaut. Die Band begann dann eine halbe Stunde später als angekündigt, nämlich um 23 Uhr. Beim Soundcheck hatte man schon die erste Ahnung bekommen, wie laut es werden sollte, denn Schlagzeuger John Stanier prügelte unglaublich wild auf seine Trommeln ein.

Ale es dann endlich losging, folgten fast anderthalb Stunden sehr experimenteller Musik. Neben dem Ex-Helmet-Schlagzeuger Stanier standen Keyboarder und Gitarrist Ian Williams, Bassist und Gitarrist Dave Konopka und Keyboarder, Gitarrist und sowas wie Sänger Tyondai Braxton auf der Bühne. Die Melodien, die die vier Musiker produzieren, sind sehr eigen, extrem komplex, wechseln den Verlauf regelmäßig,
haben dann aber auch teilweise verblüffend einfache Melodie-Linien zwischen all den lauten Tönen der Gitarren und des Schlagzeugs versteckt. Uns kamen bei diesen Liedbestandteilen Assoziationen zu Kinderliedern (Lied der Schlümpfe zum Beispiel), mir sogar zu Volksliedern, manchmal Marschmelodien oder zu diesen Fanfaren-Liedchen der US-Kavallerie in Western. Diese River-Kwai-Themen werden aber eben umbaut mit vielen lauten Tönen. Dabei entsteht wirklich ein faszinierendes Konzerterlebnis. Ich bin ziemlich sicher, Battles nicht mehr auf Platte zu hören, dafür gibt es schlicht keine Situationen, in denen ich das hören wollen würde und dafür ist das einfach nicht meine Musik. Live und nah dran, war es allerdings ein echtes Erlebnis!

Im Mittelpunkt des Auftritts stand nicht nur optisch Schlagzeuger John. Er prügelte wahnsinnig präzise und hart auf seine Gerätschaften ein. Recht schnell waren sein Hemd und seine Hose vollkommen durchgeschwitzt. Das hohe Becken hing so hoch, daß Stanier das nur mit vollkommen gestreckten Arm spielen konnte. Ob das bequem ist, bezweifele ich, es machte aber viel her. Bassist Dave hielt den Bass höher als The Views Kyle seine Gitarre. Im Prinzip hätte er mit dem Kinn spielen können. Die beiden Keyboarder/Gitarristen fügten dann alle übrigen, teilweise sehr eigenen Geräusche bei. Tyondai, der als einziger auch in ein Mikro geräuschte, zeigte dem Soundman während des Auftritts zigmal, daß das Mikro viel zu laut eingestellt sei. Obwohl er seine Stimme nur für Effekte einsetzt, war sie ihm wohl doch noch zu dominant.

Vielleicht sollte ich nach dieser wirren Beschreibung noch einmal betonen, daß es toll
war. Den Eindruck hatte auch nicht nur ich, das Publikum schien Spaß zu haben. Es gab sogar zwei echte Groupies, die ich bei solch experimentellen Sachen nicht erwartet hatte. Zwei ziemlich angeschickerte Frauen liefen nämlich gegen Ende des Konzerts in die erste Reihe und versuchten, dem Bassisten irgendetwas mitzuteilen (vermutlich ihre Handynummern). Warum auch immer (vielleicht, weil sie das während eines Lieds versuchten), schienen sie aber keinen Erfolg zu haben und gingen wieder. Damit verpassten sie eine noch einmal spektakuläre Zugabe. Die Band kam um kurz nach zwölf wieder auf die Bühne, fing ein wenig an zu klimpern, während Stanier eine seiner Trommeln abbaute. Das erinnerte mich an Built to Spill, denn da demontierte der Schlagzeuger während der Zugabe schon seinen ganzen Kram. John Stanier legte das Ding (ein Tom Tom?) quer auf den Boden, setzte sich daneben und prügelte sitzend darauf ein. Ein durchgeknallter und damit würdiger Abschluß!



 

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