Konzert: The National
Ort: Down the Rabbit Hole Festival
Datum: 25.06.2016
Dauer: 75min
Zuschauer: 10.000
Auch drei Jahre nach Erscheinen des letzten Albums "Trouble will find me" sind The National immer (noch) wieder auf Tournee. Neue Stücke müssen bei ihnen lange Reifen und oft bildeten sie sich erst bei Live-Auftritten zu ihrer späteren Form. Nicht ungewöhnlich also, das Matt Berninger die Bühne mit den Worten "Let´s play a new song" betritt.
Was dann folgt, ist leider sinnbildlich für den Rest der Show. Berninger dreht sich verloren im Kreis, alle anderen sehen sich fragend an, und der Song startet einfach nicht. Unklar ob Matt den Text völlig vergessen hat oder die Technik streikt, es wird heute einfach nichts wirklich Großes gelingen. Berninger, als bekennender Bühnenalkoholiker bekannt, ist an diesem Abend jedoch definitiv mehr als eine Flasche drüber.
Ist seine Mischung aus Schüchternheit, Derwisch und coolem Frontmann sonst immer entweder komisch oder besorgniserregend, wirkt seine Vorstellung heute einfach nur traurig und respektlos. Wer die sonst strafenden Blicke der Dessner-Zwillinge kennt, sie bilden ja durch ihre Perfektion das Gegengewicht zu Matts Eskapaden, kann sich vorstellen das es nach dieser Show Gesprächsbedarf gab.
Matt Berninger singt an diesem Abend kaum, sein sonst tiefer Brummton gerät zu einem einzigen Nuscheln und Murmeln, während die Band ansonsten großartig klingt. Und so sind keine ausladenden Versionen möglich, nur Standardprogramm mit Blick auf den taumelnden Sänger. Die Setlist kommt daher auch ohne Überraschungen daher, zwei neue Songs gibt’s dann doch noch. Aber es gibt keinen, von vielen erwarteten, Grateful Dead Song, andere Cover oder gar Gäste auf der Bühne.
Wer The National schön öfter gesehen hat, mag das weniger stören. Lieber auch mal eine schwächere Show, wenn es dafür beim nächsten Mal auch wieder besonders gut wird. Trotzdem ist die Band jetzt an einem weiteren Scheidepunkt angekommen.
Als Headliner eines 20.000er Festivals wird die Luft nach oben dünner, die Erwartungen, der bei Festivals oft zufälligen Zuhörer, höher. Die flackernde Leinwand alleine bietet da nicht viel Blickfang, lenkt aber trotzdem noch zu stark vom Geschehen auf der Bühne ab. Moderne Klassiker wie "England" und "Graceless", sowie der wie immer geplante Sprung ins Publikum bei "Terrible Love" sind da schon bessere Argumente.
Aber spätestens wenn Matt eine halbvolle Weinflasche quer über die Bühne in Richtung Kollegen wirft, scheint vom Spaß auf der Bühne nicht mehr viel übrig zu sein.
Eine Show mit so vielen tollen Songs kann natürlich nie völlig enttäuschen, aber vielleicht sollten The National es wirklich einmal ernsthaft mit einer längeren Pause versuchen und die neuen Stücke im Studio zu Ende führen. Nach drei Jahren sollte die Zeit dafür reif sein.
Fotos: Michael Graef
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