Konzert: Sigur Rós
Ort: Primavera Sound Festival, Barcelona
Datum: 04.06.2016
Dauer: knapp 90 min
Zuschauer: tausende
Sigur Rós ist eine dieser Bands, denen man verfallen sein muß, um sie zu lieben. Man geht nicht zu Sigur Rós, um mal reinzuhören und sich eine Weile unterhalten zu lassen. Dafür ist die Musik der größten isländischen Band viel zu nervig, wenn man sie eben nicht extrem gerne mag.
Bei den letzten Liedern des Primavera-Konzerts stand ein Spanier hinter mir, der jede Zeile mitsang. Jede einzelne. Auch bei den Liedern in Hopelandic, der bandeigenen Phantasie-Sprache. Wenn man die Gruppe mag, dann richtig.
Vor Sigur Rós hatte PJ Harvey ein eindrucksvolles Konzert auf der gegenüber liegenden Heineken-Bühne gespielt. Dabei war schon das Bühnenbild, in meiner Facebook-Timeline perfekt als riesiges Ikea-Expedit-Regal beschrieben, ein Knüller. Bei Sigur Rós waren zuerst nur Metall-Streben, die von der Mitte des Bühnenhintergrunds nach vorne strahlten, zu sehen. Wie eine um 90° gedrehte und sehr hübsch designte Wäschespinne. Als es um Mitternacht losging, war die Bühne vorne von einer Art Metallvorhang bedeckt, auf der bunte Lichtinstallationen zu sehen waren. Die Band - drei Musiker - stand dicht an dicht in der Mitte ganz hinten und war durch diese Metall-Licht-Sache nur schemenhaft zu sehen.
Das erste Lied zu diesem visuell verhutschelten Anfang war etwas Neues. Óveður. Ich kann nicht viel dazu sagen, weil einfach zu viel gleichzeitig passierte, um die Aufmerksamkeit auf ein neues Stück zu lenken. Während dieser Ouvertüre schossen immer wieder Lichtblitze dreidimensional durch die Bühne, es war eindrucksvoll (viel bessere Lichteffekte als bei Joffreys Hochzeit!).
Beim zweiten Stück (Starálfur von Ágætis byrjun) liefen blaue Linien dreidimensional über und durch die Bühne. Es sah aus wie ein gigantischer Windows-Bildschirmschoner, in dem drei Musiker spielten.
Bei Sæglópur (Takk...) fuhr das Gitter nach oben, die drei Musiker verließen ihren winzigen Platz hinten und kamen nach vorne und nutzten dort die ganze Breite der Bühne. Daß Sigur Rós zur Zeit live nur zu dritt auftreten, ohne Orchester, ohne Streicher, ohne Gäste, hatte ich vor dem Konzert gelesen. Jón Þór Birgisson mit seiner gestrichenen Gitarre, Bassist Georg Hólm und Schlagzeuger Orri Páll Dýrason, das war alles. Natürlich bedeutet das, daß vieles vom Band kommen muß, damit die Stücke so klingen wie auf Platte oder groß besetzten Konzerten. Ich empfand das aber nicht als problematisch, ich habe Sigur Rós schon mit unzähligen Musikern erlebt, und egal wie viele Menschen auf der Bühne stehen und Glöckchen bedienen, im Mittelpunkt stehen nun einmal Jónsis Stimme, seine mit Geigenbogen gestrichene Gitarre und das wahnsinnig tolle Schlagzeug.
Das Set war ein klassisches Best-of mit Liedern von allen Platten außer Valtari. Zum ersten Mal seit Ewigkeiten spielen Sigur Rós auf dieser Tour wieder Starálfur live (zuletzt vorher 2007), der Rest war nicht weiter überraschend. Aber meinetwegen könnten Sigur Rós auch anderthalb Stunden lang Rezepte für Lundi süßsauer vertonen, ich fände es großartig! Und der Mann hinter mir hätte auch die mitgesungen.
Sigur Rós nachts bei einem Festival... viel mehr geht livemusikalisch nicht. Die erhabene Schönheit der Lieder der Band wirken auf live und vor allem laut so viel besser als auf einer Hifi-Anlage. Am Ende des Konzerts stand eine Zugabe, das fast 15-minütige Popplagið. Perfekt! Ich hätte mir schon noch Moderat sofort im Anschluß angesehen. Aber nach diesem Ende hätte das nicht mehr richtig viel Spaß gemacht.
Setlist, Sigur Rós, Primavera Festival:
01: Óveður
02: Starálfur
03: Sæglópur
04: Glósóli
05: Vaka
06: Ný batterí
07: E-bow
08: Festival
09: Yfirborð
10: Kveikur
11: Hafsól
12: Popplagið (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- Sigur Rós, Düsseldorf, 25.11.13
- Sigur Rós, Frankfurt, 24.11.13
- Sigur Rós, Esch-sur-Alzette, 23.11.13
- Sigur Rós, Larmer Tree Gardens, 31.08.13
- Sigur Rós, Rom, 28.07.13
- Sigur Rós, Hilvarenbeek, 23.06.13
- Sigur Rós, Wien, 04.09.12
- Sigur Rós, Paris, 15.11.08
- Sigur Rós, Köln, 11.08.08
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