Dienstag, 9. April 2013

The Bookshop Band, Paris, 27.03.13



Konzert: The Bookshop Band (Pollyanna)
Ort: Le Pop In, Paris
Datum: 27.03.2013
Zuschauer: etwa 60, gut besuchte Veranstaltung
Konzertdauer: etwa 75 Minuten

Zorn und Wut am Anfang und am Ende des Abends, aber der musikalische Teil dazwischen war hochkarätig, insofern war das doch noch ein recht schöner Tag!


Wütend und enttäuscht war ich über eine mir geliebte Person am Abend jenes 27. März 2013. Details gehören hier nicht auf einen Musikblog, aber uns geht es hier auch darum, zu vermitteln in welcher Stimmung wir uns zu Konzerten begeben. Sie sind wichtig und oft ausschlaggebend für das Erleben von Musik und beinflussen den Konzertgenuß.

Eigentlich wollte ich wegen meiner miesen Laune zu Hause bleiben, dann entschied ich mich aber doch spontan rauszugehen, um auf andere Gedanken zu kommen.



Ich erreichte das Pop In noch genau pünktlich zum Beginn der Bookshop Band aus dem englischen Bath. Zahlreiche Besucher hatten sich in dem kleinen Kellergewölbe versammelt und saßen andächtig lauschend auf dem Steinboden. Da war es gar nicht so leicht, ein Plätzchen zu ergattern. Ich fand im vorderen Teil aber noch eine kleine Lücke und hockelte mich dorthin.


  
Gleich vor mir waren dei Musiker in voller Aktion. Zwei Mädels und ein Bube, allesamt singend, wenngleich der Herr seltener die poetischen Strophen trällern durfte als die Damen. Beth, Poppy und Ben heißen die drei sympathischen Lesereatten und ganz ihrem Namen enstprechend hatten sie ein ganz spezielles Konzept, das ihrem Werk zu Grunde liegt. Sie lesen Bücher und schreiben dann Songs darüber. Ein Buch, ein Song, so einfach ist das. Was prätentiös klingt, kam live ungemein bescheiden und leichtfüßig daher. Da wurde nicht raushängen gelassen, welche großen Autoren man schon gelesen hat, sondern schlichtweg die jeweiligen Werke eingangs ein wenig erläutert und dann losgesungen.

Die Stücke stammten von den vier bereits erschienenen Longplayern, die man als Gesamtwerk (oder auch einzeln) in einem wundervoll gestalteten Schuber erwerben konnte, oder werden auf vier (!) neuen Alben enthalten sein.



  
Allesamt überzeugten sie durch absolut wundervolle Chorgesänge, einen feinen britischen Akzent, filigrane und warmherzige Instrumentierung (Cello, Akkordeon) und natürlich gute Texte.

Obwohl zart und dezent gestrickt, entwickelten die Tracks mitunter eine gwaltige Intensität  und innere Stärke. Da war dann auch einen Moment lang das Konzept völlig egal und es ging vielmehr um prachtvolle Melodien, naturreine Gesänge und eine atemberaubende Intimität.

Gold And Black bespielsweise klang so sprudelnd frisch mit seinem perlenden Banjo und dem herrlichen Cello, daß es fast egal war, ob der Bursche in dem Buch (beziehungsweise dem Lied) den Tiger nun eingefangen hat oder nicht. Selbst wenn man nur Kochrezepte und Feng Shui Büchher liest, konnte man an diesen Liedern Spaß haben.



Ein herrlicher Folk/Popsong gelang ihnen mit Accidents and Pretty Girls basierend auf dem Buch The Telportation Accident von Ned Beauman, der live durch sein Nonchalance, seine Britishness, den bilhübschen Gesang von Beth und das wundervolle Glockenspiel und die Kalimba zu begeistern wusste. 


Alice entstand, weil eine Vintage Version in Alice in Wonderland aufgelegt worden war. Das sicherlich bekannteste Buch, das heute besungen wurde, das aber von Beth eigentlich erst kürzlich zum ersten Mal richtig gelesen wurde. Vorher kannte sie eher den Film, das Buch selbst nicht so richtig. Es hätte ihr große Freude gemacht, diesen Bestseller für sich zu erkunden. Das Lied klang sehr traumversunken und mystisch. Mitunter wurde ich gar an schwarze Feen wie Marissa Nadler oder Mia Doi Todd erinnert, aber letztlich war zumindest der zweite Teil schon ein wenig fröhlicher.




Steady On, basierend auf der Novelle Dark Mater von Michelle Paver wurde ebenfalls zum Vortrage gebracht. Ein Stück mit einem psychdelischen Einschlag, äußerst kraftvollen Cello und opulenten Chorgesängen voller Melancholie und Schwermut.


Über eine Stunde lang wurde auf diese Weise über Literatur gesungen und herzanrührend musiziert. Meine eingangs miese Laune wäre ob dieser Wohlklänge sicherlich deutlich besser gewesen, wenn, ja wenn da nicht drei Leutchen gewesen wären (zwei Buben, eine Dame) die ununterbochen laut gequatscht hatten. Sie saßen direkt hinter mir und redeten so laut, daß ich die meisten Erläuterungen zu den Büchern nicht verstanden habe. Ich zögerte immer wieder sie verdientermaßen zurechtzustauchen, weil ich naiverweise hoffte, daß sie ihr Geplappere irgendwann einstellen würden. Erst beim vorletzten Lied platzte mir endgültig der Kragen und ich fauchte sie an, machte ihnen deutlich klar, daß sie jetzt endlich mal den Schnabel halten sollen. Dann war für etwa 10 Minuten tasächlich einmal Ruhe.

Hinterher waren die Störenfriede ganz kleinlaut, einer von ihnen wollte mir gar ein Bier ausgeben. Ich verzichtete, gab mich aber versönlich, obwohl die enstandene Beeinträchtigung nicht mehr gutzumachen war. Das Mädel hatte für ihr Verhalten übrigens die beste Ausrede: "Ich bin Italienerin, wir müssen immer kommunizieren, das gehört für uns dazu, sich lautstark auszutauschen, wenn uns etwas gefällt." Da fiel mir dann nichts mehr drauf ein, aber sie merkte wohl, daß man mir mit solchen Klischees nicht kommen soll.

Halten wir fest: der Abend des 27. März war teilweise enervierend, die Bookshoop Band aber ohne Zweifel absolut toll. Die sollte sich jeder mal ansehen, wenn sie gerade in der Nähe sind, oder zumindest den schicken Schuber mit den handgestalteten CDs ordern!

- Das Klienicum sehr lesenswert zur Bookshop Band, klick!



2 Kommentare :

E. hat gesagt…

ich finde sowohl erstaunlich, dass das konzert gut besucht war (wie läuft da die promotion?), als auch, dass du meine hinweise, bezüge, anregungen gänzlich vergessen hast. ;-)

E. hat gesagt…

vier stunden später: brav.

 

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