Mittwoch, 8. Juni 2011

The Kooks, Paris, 07.06.11


Konzert: The Kooks (Das Pop)

Ort: La Cigale, Paris

Datum: 07.06.2011

Zuschauer: ausverkauft

Konzertdauer: etwa 70-75 Minuten



Ich habe nachgeguckt: am 15. Dezember 2005 habe ich die Kooks zum ersten Mal live gesehen. In der Pariser Maroquinerie war das und es war der allererste Auftritt der Brightoner in Frankreich. Damals gab es das Konzerttagebuch noch nicht (eine schlimme, erbärmliche Zeit!) und auch das erste Album der Kooks Inside In/Inside Out war noch nicht erschienen. Sänger Luke Pritchard war 20 Jahre alt und die Mädchen im Publikum im Schnitt 16. Heute ist Luke 26 und die Mädchen im Publikum sind im Schnitt immer noch 16. Das dritte Album Junk Of The Heart ist noch nicht erschienen.

Inzwischen habe ich die Kooks zum neunten Mal live gesehen und die alten Hits haben nichts von ihrer Anziehungskraft verloren. Bei den neuen Sachen bin ich hingegen skeptischer. Taugen sie was, oder haben die Engländer ihre besten Songs bereits geschrieben?

Ich fürchte die zweite Alternative trifft zu. Ich habe tatsächlich das Gefühl, daß die Kooks schon ihr Pulver auf dem ersten und teilweise noch auf dem zweiten Album verschossen haben. Zu den Neulingen ist nämlich folgendes zu sagen:

Carried Away ist ein netter, aber ziemlich belangloser Song mit waberndem Elektropop-Intro, Eskimo Kiss radiotauglicher, recht schmalziger Sonnenscheinpop mit 70er Jahre Gitarrenparts und einem ziemlich einfallslosen lalala-Singalong am Ende, Mr Nice Guy ein basslastiges und durch Piano unterlegtes Stück, das nach Razorlight (eine Band, die sowas von out ist) klingt und das beatleske How'd'ya Like schleudert einem einen schwer erträglichen Bubblegum- Refrain in die Fresse und dies gleich mehrfach. Über die 70 er Jahre Rocknummer Saboteur hüllen wir am liebsten den Mantel des Schweigens.

Daß es dennoch insgesamt ein ordentliches und unterhaltsames Konzert wurde, lag an den alten Hits, dem Bühnentalent von Sänger Luke Pritchard und den mächtig Stimmung machenden Mädels im Publikum. Immer wenn Sachen von Inside In/Inside Out kamen, ging so richtig die Post ab und spitze Schreie ertönten schon bei den ersten zarten Klängen der Lieder. Ooh La, She Move's In Her Own Way, Naive und der Sofa Song klangen bereits wie moderne Evergreens und wurden zurecht abgefeiert. Vom zweiten Opus fehlten allerdings mit Sway und Mister Maker die zwei besten Titel, an die auch das brauchbare Shine On nicht ran kam. Fast peinlich wurde es bei Do You Wanna (Make Love To Me?), bei dem etliche pubertäre Mädchen lauthals den Refrain mitsangen. Ich musste mich beherrschen, um nicht laut loszulachen, als ich teilweise wohl erst 14 Jährige Mädchen sah, die da etwas von "Liebe Machen" sangen und lüstern Richtung Luke Pritchard starrten. Gierig und wie auf Droge, knipsten sie mit ihren kleinen Kameras die Posterboys auf der Bühne tausendfach ab, drehten verwackelte Videos und freuten sich wie Bolle. Manchmal fühlte ich wie Humbert Humbert, vor allem auch deshalb, weil eine unverschämt süße Blondine neben mir mit einem umwerfenden Schlafzimmerblick aufwarten konnte, allerdings nur Augen für die Musiker da vorne hatte. Ich stellte mir vor, wie es sei, mit ihr durch die USA zu fahren und wie Humbert mit Lolita in Motels abzusteigen. Andererseits passte ich höllisch auf, die Mädchen im Publikum nicht zu penetrant und zu offensichtlich anzuglotzen, weil ich nicht wollte, daß ich von der Security abgeführt und dem Haftrichter vorgeführt werde. Man liest ja heutzutage ständig, was mit hormongestörten Wettermoderatoren und Exbankern passiert, wenn sie ihren Verstand verlieren und der Abteilung unterhalb des Gürtels das Denken überlassen. Das sollte jedem Mann Warnung genug sein. Man stelle sich die Schlagzeile in der Bildzeitung vor: "Blogger-Zar Oliver Peel bei Konzert der Kooks festgenommen. Vorwurf: unsittliches Annähern an Minderjährige."

Brav wie ein Lamm schoß ich also nur Fotos von Luke, Hugh, Pete und Chris und verkniff mir Schnappschüsse der feiernden Girlies.*

Hinterher fragte ich mich, wie Luke Pritchard mit seinen 26 Lenzen mit seiner Popularität bei kleinen Schülerinnen umgeht. Nutzt er Annäherungsversuche schamlos aus (dies würde ich wahrscheinlich an seiner Stelle tun), oder lässt er alle abblitzen? Vor allem aber auf die Musik bezogen: sagt er sich nicht jeden Abend, daß es am besten wäre, nach dem dritten Album mit den Kooks aufzuhören? Dann könnte er noch mal ganz neu anfangen, müsste nicht ständig den Sofa Song und Ooh La wieder spielen müssen und könnte feine Akustiksongs auf seiner Gitarre schreiben. Da er eine ausgezeichnete Stimme und songwriterisches Talent hat, würde ihm das die Möglichkeit bieten, ein reiferes Publikum zu gewinnen und künstlerisch voranzukommen.

Setlist The Kooks, La Cigale 2011:

01: See The World
02: Eddie's Gun
03: Always Where I Need To Be
04: Ooh La
05: Carried Away
06: She Move's In Her Own Way
07: Nice Guy
08: Do You Wanna
09: Naive
10: Shine On
11: Eskimo Kiss
12: Down To The Market
13: How D'ya Like?
14: Saboteur
15: Stormy Weather

16: Seaside
17: Is It Me
18: Sofa Song

Aus unserem Archiv:

The Kooks, Paris, 27.08.10
The Kooks, Paris, 17.11.08
The Kooks, Luxemburg, 21.06.08
The Kooks, Köln, 17.06.08
The Kooks, Köln, 12.04.08
The Kooks, Paris, 02.07.07
The Kooks, Köln, 03.12.06
The Kooks, Paris, 10.11.06

* Bilder zwei und drei sind alt und stammen von einem Kooks Konzert von 2008.




2 Kommentare :

E. hat gesagt…

du kannst dich aber auch in abenteuer stürzen! 16jährige! himmel! ich habe the kooks bei rock am ring (...im park?) via tv gesehen. langeweile wäre wohl das passende attribut.

Rudi hat gesagt…

Würde mich freuen, wenn du ab und zu bei uns einen Gastartikel veröffentlichst..über englische Bands.., Kooks und Co sind ja wirklich nicht schlecht..

 

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