Freitag, 3. Juni 2011

James Blake, Barcelona, 27.05.11


Konzert: James Blake
Ort: Primavera Sound Festival, Barcelona
Datum: 27.05.2011
Zuschauer: gut 1000 vor der Bühne


von Frank von pretty-paracetamol

James Blake wirkt eingeschüchtert. Die Pitchfork Bühne, sie gehört zur Bühnenkategorie vier auf dem diesjährigen Primavera, ist aber auch eine Nummer zu groß für den Briten. Ein bisschen verloren wirken er und seine beiden Mitstreiter . Zwischen den drei Musikern ist massig Platz.

Was man vor der Bühne nicht behaupten kann. Gut 1000 Leute haben sich auf dem Kai vor der Pitchfork eingefunden, um dem Set des jungen Engländers bewusst zuzuhören. Die, die abseits auf den Treppenstufen sitzen, zähle ich nicht mit. Das sind die Konzertnomaden, die kurz vorbeischauen, auf dem Weg von Bühne A nach Bühne B, für ein, zwei Songs innehalten und dann den nächsten Ort aufsuchen. Die, die nichts und alles sehen wollen, die wahrscheinlich innerlich zugrunde gehen an Parallelansetzungen und minutenlangen Überschneidungen von möchte-ich-auch-sehen Künstlern.

Nun, es liegt in der Natur eines großen Festivals, dass man eben nicht alles sehen kann. Und, so denke ich, es auch gar nicht versuchen sollte. Mut zur Lücke, den bringe auch ich in diesen Tagen auf.

Schon weit im Vorfeld hatte ich mich für das volle Konzert von James Blake entschieden. Auch auf die Gefahr hin, The National nicht ganz oder gar nicht sehen zu können. (was sich anschließend leider auch bewahrheitete.).

Aber das vor einigen Monaten erschienen Debütalbum von James Blake ist einfach zu gut und ich habe es zu oft gehört, um sein Liveset hier und heute zu verpassen. Das ist mir schon vor einigen Wochen in Köln passiert, ein zweites Mal sollte das nicht vorkommen.

James Blake sitzt hinter zwei Keyboards, die im rechten Winkel aufgebaut sind. Hinter ihm ist das Schlagzeug von Ben Assister installiert, vorne links hockt Gitarrist Rob McAndrew.

Ach ja, sitzen wäre auch nicht schlecht. Es ist unser erstes Konzert am zweiten Festivaltag, nach einem Kaffee und Kuchenkonzert ohne Kaffee und Kuchen im Parc Central del Poblenou kamen wir spät auf das Gelände. Die Mattheit und körperliche Angeschlagenheit ließ es nicht eher zu.

Im Vorfeld diskutierten wir noch darüber, ob die minimalistischen Sounds und teilweise sehr ruhigen und gebrechlich wirkenden Tracks des James Blake auch live bzw. auf einem Festival funktionieren würden. Aus einem nicht erklärbaren Grund war ich mir ziemlich sicher, dass dem so ist. Beweise dafür hatte ich nicht, es sollte schließlich mein James Blake Live Debüt sein.

Aber bereits nach den ersten Takten gab es hierüber keinen Zweifel. James Blake funktionierte wunderbar. Das Pluckern und das Dröhen, das seichte Klimpern und die Samples. Die monotone Stimme oder der leicht kieksende hochstimmige Gesang zu „I never learnt to share“. Im Laufe des gut 45 minütigen Sets fand ich immer mehr Zugang zu dem Konzert. Mehr und mehr gelang es mir, die störenden Nebengeräusche auszublenden.

Die kamen von der nicht weit entfernten Hauptbühne. zeitweise waren die dort spielenden M. Ward gut zu hören. Der Wind trug die Reibeisenstimme Matthew Stephen Wards immer mal wieder herüber.

James Blake schien dies mehr zu irritieren als uns, immer wieder schaute er quasi Hilfe suchend in Richtung Mischpult. Aber die Kollegen der Technik konnten ihm nicht helfen. Irgendwann fand er sich damit ab und quittierte den Folklärm der Nachbarbühne mit einem seichten lächeln.

Das Trio spielte Songs des Debütalbums und der EP. Natürlich fehlten weder „Unluck“, „I never learnt to share“, „Lindesfarne I und II“ noch die Single „The Wilhelm Scream“ oder das Feist Cover „Limit to your love“.

Letzteres war der kleine Höhepunkt des Sets. Ich glaube, sie spielten es noch so zeitig, dass auch die Besucher, die sich gegen neun Uhr zur Llevant Bühne aufmachten, dort sollten anschließend bzw. überschneidend The National spielen, noch mitbekamen.

Ich hingegen blieb bis zum letzten Ton. James Blake hatte mich nicht nur überzeugt, er hatte mich ins einen Bann gezogen. Da war es dann auch egal, dass ich zu The National keinen guten Platz mehr vor der zweitgrößten Bühne fand und entnervt nach einer Alternative suchte und diese in Half Japanese auch fand.

James Blake war es wert. Er hat auf dem Primavera ein gutes Festivaldebüt hingelegt. Zur hundertprozentigen visuellen Perfektion fehlte nur eins: Dunkelheit.

Links:

- mehr Primavera-Berichte bei pretty-paracetamol:
- 26.05.11
- 27.05.11




 

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