Konzert: Papercuts & Bombay Bicycle Club (Old Mountain Station) Ort: La Flèche d'or, Paris Datum: 14.06.2011 Zuschauer: ausverkauft Temperatur: 65 ° Celsius
Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, auf das Hausboot El Alamein (Foto) zu Julia Kent (Cellistin von Anthony and The Johnsons) und Devon Sproule zu gehen, dann entschied ich mich aber in letzter Minute anders und optierte für die Flèche d'or, die Papercuts und den Bombay Bicycle Club. Mir war plötzlich mehr nach schwungvollem Indie Pop als nach melancholischer Folkmusik. Im Moment hänge ich ohnehin schon moralisch durch, da wollte ich mich nicht noch weiter hinabziehen lassen und bei Celloklängen in Schwermut versinken.
Ich hatte allerdings die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Als ich vor der Flèche d'or ankam, sah ich einen weißen Zettel, der mir gar nicht gefiel: "Complet-ausverkauft", stand da auf der Tür gepappt und da ich weder Karte noch Gästelistenplatz besaß, hatte ich plötzlich ein Problem. Wie reinkommen, wenn keine Tickets mehr an der Abendkasse verkauft werden? Den Fall hatte ich in der Flèche d'or noch nicht, ich war völlig unvorbereitet darauf. Das Mädel an der Kasse (nicht das auf dem Foto, das ist Lucy Rose) war auch nicht gerade hilfsbereit. Die Ziege, die blöde! Da sieht sie mich seit Wochen und Monaten in den verfluchten Laden reinlatschen, kennt meinen bescheuerten Spitznamen von den Gästelisten her und lässt mich trotzdem nicht durch. Hätte doch mal 'ne Ausnahme machen können! Na ja, falls sie mal auf eine Oliver Peel Session eingeladen werden will oder andere Konzerte, die ich in den nächsten Jahren organisieren werde, dann kann sie sich das abschminken. Mein Elefantenschädel vergisst nicht!
Letzlich kam ich natürlich trotzdem rein, schließlich kenne ich genug hilfsbereite Leute, die immer eine Einladung übrig haben. Fabian hieß heute mein Retter in der Not, der mir spontan sein überschüssiges Gästelistenplätzchen zukommen ließ. Merci, mon ami!
Drinnen angekommen bereute ich es aber fast, die Flèche d'or aufgesucht zu haben. Es herrschte eine Bullenhitze und man hatte das Gefühl, mit Klamotten eine Sauna zu betreten. Eine Luft zum Schneiden! Die Hölle auf Erden! Vermutlich war das Ganze Kalkül der Betreiber des Ladens, damit die Leute mehr saufen und den Umsatz ankurbeln. Schon nach 5 Minuten hing mir nämlich meine Scheiß- Zunge raus und ich fühlte mich wie ein doofes Pferd, das seit drei Tagen nicht an der Tränke war und vorher durch eine verfluchte Wüste geritten ist!
Dabei war die Musik, die auf der Bühne geboten wurde, eigentlich erste Sahne. Die kalifornischen Papercuts spielten auf und boten sonnendurchfluteten Indiepop mit leicht psychedelischer Note. Der gut im Futter stehende (muss ich grad sagen, ich fetter Sack!) Jason Quever ist der Big Boss dieses Projekts, zu dessen Liveumsetzung er allerdings auf die Hilfe von wechselnden Gastmusikern angewiesen ist. Nun frage mich bitte niemand, wer genau heute neben ihm musiziert hat, auf jeden Fall spielte die Band harmonisch und melodieseelig und erinnerte mich zuweilen an die Shins. Erstaunlich für mich, denn ich hatte mir die Papercuts folkiger und erdiger vorgstellt. Kein Folkrock also, sondern eher träumerischer Zucker-Pop à la Grandaddy oder Mercury Rev.
Songs kannte ich allerdings keine. Den Namen Papercuts hatte ich in den letzten unzählige Male gelesen, aber eine der hochgelobten CDs besaß ich bisher nicht. Ich denke, diesbezüglich gilt es Lücken zu schließen, denn die Amis haben wirklich einen guten Eindruck bei mir hinterlassen. Ein schönes Konzert!
Danach wurde ewig lange umgebaut und wer clever war, vertrat sich die Füße in der nahegelegenen Open Air Bar, denn die Hitze im eigentlichen Konzertraum war nach wie vor absolut unerträglich.
Gegen kurz vor 11 Uhr ging es aber dann mit den Engländern Bombay Bicycle Club weiter. Die Burschen kamen ohne Fahrrad und waren vermutlich auch noch nie in Indien, verdienten aber dennoch nicht die Einstufung als Mogelpackung. Letztlich war nämlich in der Verpackung drin, was man von einer jungen britischen Band erwarten durfte: Quirlig-frischer Gitarrenpop im Stile der Maccabees oder der Good Shoes, aber nicht ganz so catchy und bissig dargeboten, wie von beiden vorgenannten Gruppen. Zudem war der Sound nicht wirklich brillant. Vom Gesang des Sängers Jack Steadman hörte man vor allem in der Anfangsphase fast nichts, stattdessen überdeckten die (freilich melodischen) Gitarren alles. Schwer zu sagen, on der Bursche nun eine gute Stimme hat, oder nicht, aber im Zweifel gilt in dubio pro reo.
Auch von Bombay Bicycle Club kannte ich vorher keine Lieder, obwohl ich auch hier den Namen unglaublich oft in der Musikpresse gelesen hatte. Zwei Alben haben die Briten auf ihrer Habenseite, das Debüt I Had The Blues But I Shook Them Loose und den akustischen Nachfolger Flaws und besonders das dritte Lied des heutigen Sets, The Hill, hatte es mir sehr angetan.
In der weiteren Folge hatte ich aber immer stärkere Probleme, aufmerksam zu bleiben. Die quälende Hitze setze mir schwer zu und auch die Anwesenheit der reizenden und talentierten Lucy Rose als Background-Sängerin hielt mich nicht davon ab, den Glutofen vorzeitig zu verlassen.
Kräftig durchatmend gelang ich ins Freie und fühlte mich gleich merklich besser. Trotz ansprechenden Line-Ups war das heute nicht wirklich ein Vergnügen. Es lebe die Freiluftsaison!
Setlist Papercuts, La Flèche d'or, Paris:
01: Dear Employee 02: I'll See You Later I Guess 03: Future Primitive 04: John Brown 05: Wait Till I'm Dead 06: Marie Says You've Changed 07: Judy 08: Poor And Free 09: Do What You Will 10: Do You Really Wanna Know
Setlist Bombay Bicycle Club, La Flèche d'or, Paris:
01: Magnet 02: Bad Timing 03: The Hill 04: Leave It 05: Lights Out, Words Gone 06: Cancel On Me 07: Lamplight 08: Your Eyes 09: Dust On The Ground 10: What You Want 11: ? 12: Evening/Morning
14: Always Like This
15: Beggars 16: What If
Konzerttermine Papercuts:
15.06.2011: Stimulantia, Straßburg 16.06.2011: Paradiso, Amsterdam 17.06.2011: Botanique, Brüssel 18.06.2011: King Georg, Köln 25.06.2011: Comet Club, Berlin
Konzerttermine Bombay Bicycle Club (mit den Flashguns)
15.06.2011: Batschkapp, Frankfurt 16.06.2011: Lido, Berlin 17.06.2011: Luxor, Köln
Mein Zuhause. Mein Blog. ist als kleines privates Konzert- Tagebuch entstanden. Und weil es zur Zeit musikalisch so spannend ist, wächst unsere Sammlung schnell. Wir schreiben die Berichte spontan, unüberarbeitet und so zeitnah wie möglich. Die Reviews stehen meist noch in der gleichen Nacht online, spätestens jedoch am nächsten Tag. Musik ist für uns vor allem Spaß und keine Wissenschaft.
Wir sind: Oliver Peel aus Paris Christoph aus nicht weit von Köln Julius aus Wien Gudrun aus Karlsruhe Tanita aus Mainz Jens aus Stuttgart Ursula aus Frankfurt Michael aus Chemnitz Dirk aus Mönchengladbach Vielen Dank unseren Gastautoren!
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1 Kommentare :
Oh, ich bin schwer enttäuscht :-(
;-)
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