Donnerstag, 11. November 2010

Slut & The Strange Death Of Liberal England, Köln, 10.11.10


Konzert: Slut (& The Strange Death Of Liberal England)
Ort: Luxor, Köln
Datum: 10.11.2010
Zuschauer: leider nicht ausverkauft aber recht voll
Dauer: Slut 90 min, TSDOLE knapp 40 min


Es ist spät geworden, Slut beendeten erst um Mitternacht ihr Programm im Luxor. Als wir um halb neun am Luxor ankamen, war das abzusehen, die Türen waren nämlich noch geschlossen. "Slut lassen sich immer Zeit mit dem Soundcheck," lernte ich aus gut informiertem Munde, ich selbst hatte die Ingolstädter bisher nicht live gesehen. Langer Soundcheck klingt aber auch nach gutem Klang, und besonders im Luxor nehme ich dafür gerne ein paar Extraminuten vor der Tür in Kauf.

Als Vorgruppe trat endlich wieder einmal eine Band auf, wegen der ich auch bei einer miesen Hauptgruppe gekommen wäre: The Strange Death Of Liberal England aus Portsmouth, die ich 2007 schon einmal nebenan im Blue Shell gesehen hatte. Obwohl mich Konzert und EP damals mächtig beeindruckt hatten, habe ich The Strange Death Of Liberal England leider
zwischenzeitlich aus den Augen verloren. Vollkommen zu unrecht, wie ich merkte, als ich gestern die EP wieder einmal gehört habe.

TSDOLE* betraten um 21.15 Uhr zu fünft die Bühne. Während der neue Schlagzeuger David Lindsay sehr weit hinten saß, hatten sich die vier anderen vorne in einer Reihe aufgebaut: Gitarrist William Charlton ganz links, daneben Sänger Adam Woolway, Bassistin Kelly Jones und Keyboarder Andrew Wright. Dessen elektrischen Gerätschaften standen auf einem Tisch oder Podest, der mit einer britischen Fahne bedeckt war.

Vermutlich ist auch bei Konzerten der Eindruck der ersten Sekunden wichtig für das spätere Gesamturteil. Ich glaube zwar nicht, daß es TSDOLE darauf angelegt hatten, sie begannen aber so furios, wie ich selten einen Konzertstart erlebt habe.
Like a curtain falling stammt wie fast alles an diesem Abend vom ersten, vor ein paar Wochen veröffentlichten Longplay-Album Drown your heart again. Like a curtain falling war nicht nur ergreifend schön, es wurde uns auch richtig um die Ohren geschmettert. Der triumphale Gesang, den man Adams Stimme am Anfang der Lieder nicht zutraut, die zackigen Rhythmen, dazu eine Energie auf der Bühne, die sich darin zeigte, daß William ganz hibbelig wirkte und Adam mehrfach schubste, das war extrem hörens- und sehenswert. Damit war der Abend schon nach vier Minuten im positivsten Sinne gelaufen.

Das erste Stück ging in Flagships über, bei dem alle vier, die vorne standen gemeinsam sangen, nein schrien. Auch dieses Lied muß sich hinter niemandem verstecken, das könnten selbst Arcade Fire nicht besser schreiben und vortragen.

Arcade Fire fallen einem natürlich ein, wenn man TSDOLE hört. Aber auch Bands, die einen hibbeligen Sound erzeugen, Los Campesinos! zum Beispiel, kamen mir da in den Sinn, wegen der komplexen aber trotzdem eingängigen Melodien auch andere Lieblingen wie I Like Trains oder alle Spencer Krug Bands.

Auch wenn es nach dem Schwung der ersten beiden Lieder zunächst ein wenig ruhiger wurde, verflachte das Konzert kein bißchen. Die acht mir neuen Lieder waren ausnahmslos fabelhaft, die Platte, wie ich hinterher merkte, ist es auch. Ich weiß nicht mehr, wann mich zuletzt eine Band so tief beeindruckt hat!

Neben den Rempeleinlagen von William fand ich ein paar andere Szenen besonders toll. The Strange Death Of Liberal England spielten nämlich immer wieder Instrumente weit von den Mikros entfernt. Mal waren es die Glockenspiel-Klöppel, die Andrew im Hintergrund aufeinander schlug, mal sang Adam zwei Meter hinter dem Mikro, großartig!
Hoffentlich dauert es nicht wieder drei Jahre, bis ich sie sehe, diemal werde ich ihrer Musik aber auch in der Zwischenzeit viel mehr Aufmerksamkeit widmen.

Setlist The Strange Death Of Liberal England, Luxor, Köln:

01: Like a curtain falling
02: Flagships
03: Come on you young philosophers!
04: A day another day
05: Lighthouse
06: Rising sea
07: Autumn
08: Shadows
09: Flickering light

In der Umbaupause war ich mir sicher, daß der Rest nicht gegen die Vorgruppe anstinken könnte, wie auch?! Der Rest war eben Slut, mit dem Schwerpunkt Lieder der ersten beiden Alben For exercise and amusement und Interference, die gerade wiederaufgelegt werden.

Auch bei Slut hatte ich vorher vergessen, wie sehr ich deren Musik eigentlich mag. Und als dann fast abwechselnd Stücke der ersten beiden Platten gespielt wurden, fiel mir auch wieder ein, wie viele Hits die Bayern im Repertoire haben.

Auch Slut waren zu fünft auf der Bühne, auch wenn man den spärlich beleuchteten Schlagzeuger Matthias Neuburger kaum sah. Während Sänger Christian Neuburger an seinem Platz blieb, wechselten die anderen, Gitarrist Rainer Schaller, Bassist Gerd Rosenacker und Keyboarder René Arbeithuber ein paarmal die Plätze.

Sehr schnell wurde mir bewußt, daß die alten Stücke der Band, die sie nacheinander abfeuerten, nichts an ihrem Reiz verloren haben und frisch wie vor zig Jahren
sind. Und, daß sich das Warten in der Költe gelohnt hatte, der Sound war nämlich hervorragend abgemischt, trotz der Lautstärke.

Der Hauptteil des Konzerts wurde mit den versprochenen alten Sachen bestritten. Lediglich Homesick und Stagged and torn gehörten nicht in diese Reihe, passten aber natürlich gut zu ihren älteren Geschwistern. Meine Lieblinge waren live Medea und vor allem Soda. Aber es nahm sich alles wirklich nicht viel...

Im folgenden Zugabenblock spielten Slut drei Stücke neueren Datums, leider also nicht Virus, auf das ich bis dahin vergeblich gewartet hatte. Die Bayern kamen aber noch einmal zurück und spielten mit Next big thing etwas Neues, bevor eines der Stücke der Dreigroschenoper EP, natürlich Mackie Messer kam. Und dann, happy end an einem Abend der wahrlich keines mehr benötigte, auch noch Virus.

Setlist Slut, Luxor, Köln:

01: Ground
02: Interference
03: I know
04: Soda
05: Homesick
06: Medea
07: Wait
08: Bussova
09: Stagged and torn
10: Wishes
11: Evergreen
12: Rocket
13: Cloudy day

14: If I had a heart (Z)
15: Blow up (Z)
16: Easy to love (Z)

17: Next big thing (Z)
18: Die Moritat von Mackie Messer (Kurt Weill Cover) (Z)
19: Virus (Z)

Links:

- TSDOLE, Köln
- TSDOLE, Paris

Fotos folgen!



3 Kommentare :

Frank hat gesagt…

Darf ich klugscheissen?!
Es fehlt das letzte Lied in der Setlist, nach M.M. kam noch was.

Es war ein Brett aller höchster Güte gestern.

Christoph hat gesagt…

Gerne darfst Du. Ich hatte natürlich Virus vergessen. Danke!

Wissensheld hat gesagt…

Wo wir schon beim Verbessern sind: Das großartige Stück heißt "Staggered and torn". ;-)

 

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