Konzert: Schrödinger (Poney Express, Carp, Clak)
Ort: Le Reservoir, Paris
Datum: 25.10.2010
Zuschauer: voller Schuppen
Als Katzenvater hat man keinen leichten Job. Unser süßer d'Artagan hat ja nun leider schon seit zwei Jahren Diabetes und braucht ständig sein Insulin. Und weil wir ihn so lange wie möglich bei uns behalten wollen, sind wir diesbezüglich sehr sorgfältig und aufmerksam. Dummerweise ging heute seine Medizin aus und ich besorgte in großer Eile ein neues Fläschen Insulin. So weit so gut. Blöd war nur, daß ich den Flacon nicht mehr wiederfand. Ich war so verunsichert, daß ich aus dem Haus stürmte und fast eine Stunde lang die ganze Straße absuchte. Viellicht war er mir aus der Tasche gefallen?
Um es kürzer zu machen: Ich Trottel hatte das Insulin in der Küche abgestellt und fand es dort auch wieder. Bei der Suchaktion auf der Straße ging aber so viel Zeit verloren, daß ich zu spät zum Konzert kam. Ich wollte eigentlich die Franzosen Poney Express sehen, aber die wurden schon als erste von vier Bands aufs Publikum gehetzt. Von Carp bekam ich nur das Ende mit, zu wenig um mir ein Urteil erlauben zu können. Ich sah mich um. Im Reservoir war es knackig voll, die gesamte Pariser Indie-und Musikszene hing in dem wunderschönen Saal ab. Warum bloß? Ich sollte es bald erfahren. Die waren alle für Schrödinger gekommen!
Schrödinger? Die neue (allererste?) Rockband des Ex-Bundeskanzlers, der durch seine Politik der ruhigen Hand, die Currywurstfresserei und seine bei der Oderflut getragenen Gummistiefel bekannt wurde? Nö. Gerhard schrödingert nicht. Der in Paris lebende Ami Dick Turner hingegen schon. Ein total verrückter Typ, dieser Dick! Er wurde mir vor ein paar Monaten einmal vorgestellt und mir wurde gesagt, ich solle mal seine Musik anhören. Da mir aber jeden Tag gefühlte 38 Leute sagen, ich solle mir dies und jenes unbedingt anhören, kam ich nicht dazu. Heute also die Gelegenheit Versäumtes live nachzuholen. Turner, der von Musikern der französischen Kultband Lapin Machin unterstützt wurde, fetzte über die Bühne wie so ein Gestörter. Die Gestik erinnerte an Jarvis Cocker und Eddie Argos, die saftige Musik an Pulp, Nick Cave und Punk Bands wie The Fall. Er riß die Arme in die Luft, ging mehrfach in die Knie und war aufgedreht wie ein Duracell Hase. Trotzdem: wie ein Sexsymbol oder ein attraktiver Rockstar sah er nicht gerade aus. Besonders häßlich war sein weinrotes Samtjacket, aber die Mädels standen drauf und fingen am Ende an, wild abzutanzen. Das mit witzigen Texten gespickte Konzert gestaltete sich zum Triumphzug, die Menge johlte. Die Leute hatten recht, die Lieder waren allesamt Kracher und ich war froh, daß ich trotz der elenden Sucherei des Insulinfläschens doch noch ein stimmungsvolles Konzert geboten bekommen hatte!
Setlist Schrödinger, Le Reservoir, Paris:
01: Salomé
02: Volcano
03: Tell Me How It Was When You Were Young
04: ?
05: Sawing Wood
06: Funny Feeling
07: Goodbye
3 Kommentare :
Schrödinger bezieht sich doch bestimmt auf den Katzenfreund Schrödinger, den österreichischen Physiker.
Genau, der österreichische Physiker ist gemeint. Damit hast Du die 250.000 Euro Frage richtig beantwortet, Christoph :)
das insulinfläschen flacon zu nennen, kann nur einem in frankreich lebenden germanen einfallen! herrlich!
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