Konzert: Someone Still Loves You Boris Yeltsin, Effi
Datum: 03.10.2010
Ort: Chelsea, Wien
Zuschauer: ca 150?
Dauer: Effi 30 Minuten, SSLYBY 70 Minuten
von Julius aus Wien
Wer Sonntag abends ins Chelsea kommt, muss damit rechnen, sich ein wenig Fußball zu Gemüte führen zu müssen. Inter gegen Juve, Real gegen Deportivo, Barca gegen Mallorca. Wenn die Spitzenspiele der europäischen Ligen ausgetragen werden, ist das Chelsea bummvoll.
Das ist besonders dann angenehm, wenn man noch ein wenig Zeit hat, bis im hinteren Teil des Lokals ein Konzert beginnt. In diesem Fall das der Amerikaner Someone Still Loves You Boris Yeltsin. Und so sah ich einige Treffer, bis das Tor, um das es mir wirklich ging, geöffnet wurde.
Der Grazer Songwriter Effi, man könnte ihn als Spezialist in Sachen Support-Slots bezeichnen, spielte dann auch schon vor einem gut gefüllten Chelsea. Der Macher hinter dem Teenbeat Club, in dessen Rahmen das Konzert stattfand, hat nämlich ein Händchen dafür, dass seine Besucher regelmäßig gerne wiederkommen und das auch dann, wenn bereits die vorangegangenen drei Tage Teenbeat Club auf dem Programm stand…
Effi durfte sich also freuen, das tut er sowieso immer, er ist ein Mensch sonnigen Gemüts. Und er hat auch entertainende Fähigkeiten.
Und die waren auch gefragt. Denn er und seine Band waren ein wenig vom Pech verfolgt. Erst riss eine Saite, dann stimmte etwas mit einer Tonspur, die eingespielt werden sollte, nicht.
Effi schaffte es dennoch, durch unbekümmert gute Laune den Spaß an seinem Konzert zu erhalten. Mögen seine Songs auch nicht die außergewöhnlichsten sein, ihn muss man einfach mögen.
Und so spielte er sich durch eine gute halbe Stunde seiner unbeschwerten Songs zwischen Indie-, Reggae- und Folkeinschlag. Als er dann zuletzt noch „Danke für die Blumen, danke für die schöne Zeit!“ sang, war dem eigentlich nichts hinzuzufügen. Danke für die Blumen, es war uns eine Ehre.
Someone Still Loves You Boris Yeltsin, in weiterer Folge als SSLYBY zu anzutreffen, ließen auch nicht lange auf sich waren und stellten sich auch gleich mal mit „Banned (By The Man)“, einem Song des neuen Albums „Let It Sway“ vor. Ohne sich mit irgendwelchen Begrüßungen aufzuhalten, fuhren SSLYBY gleich ein ordentliches Programm: Wesentlich energischer als erwartet bearbeiteten die vier Herren aus Springfield, MO ihre Instrumente.
Daran, dass die Songs dadurch rauher ausfielen, fast ein wenig Garage und Lo-Fi gerieten, musste man sich kurz gewöhnen, bis einen die Spielfreude und die Euphorie des Quartetts mitriss. Der Pop-Einschlag mancher Songs ging also verloren, was dafür gegeben wurde, machte das aber wieder voll wett.
Ein wenig hätte man fast meinen können, SSLYBY seien immer noch die selbe idealistische, hochmotivierte High School-Band, als die sie begonnen haben, so unbeschwert und beinahe übermütig spielten sie ihr Set. Die Ausgelassenheit vergangener Schulparties lag in der Luft, von der sich die etwa 150 Besucher auch schnell anstecken ließen.
Besonderen Spaß schien eine Gruppe zu haben, bei der sich Sänger John R. Cardwell besonders für das Erscheinen bedankte, da sie den weiten Weg aus Kroatien auf sich genommen hatten.
Wer am Anfang vielleicht noch gedacht hätte, mit zwei Gitarristen, einem Bassisten und einem Schlagzeuger hätten SSLYBY eine Bandbesetzung, wie sie klassischer nicht sein könnte, gewählt, wurde dann nach ca. einer halben Stunde Spielzeit überrascht. John schnappte sich den Bass von Jonathan James (was hatte der bitte für massive Ringe unter den Augen?!?!), dieser zwängte sich hinter die Drums und Phillip Dickey übernahm dafür den Vokal-Part.
Das bewirkte, dass der Gesang ein wenig sanfter wurde und der Bass dafür umso heftiger dröhnte. Man könnte den vier aus den Staaten wohl auch Rasseln in die Hand drücken, sie wüssten damit zu gefallen…
Nach dieser geringfügigen Änderung kam dann das neue „Let It Sway“ mehr zum Zuge, Songs wie „Sink/Let It Sway“, „Back In The Saddle“ und das komisch-seltsame „All Hail Dracula“ durften sich live beweisen…
…und ernteten hohe Zustimmung. Sicherlich mehr als am Nachmittag dieses Tages, als Philipp Dickey und Will Knauer für „They Shoot Music“ (einen Videoblog, der (zumeist Indie-)Bands, die in Wien zu Gast sind, auf verschiedenen Wiener Plätzen Songs performen lässt) „Modern Mystery“ und „Let’s Get Tired“ am Brunnenmarkt zum Besten gaben und dabei mit der Ottakringer Jugend schlossen. Diese war dem Vernehmen nach nämlich nur auf Kurzauftritte mit Basketbällen und Skateboards in den Videos aus und angeblich auch ein wenig enttäuscht, als sie feststellten, dass SSLYBY keine Hip-Hopper sind…
Wir waren jedenfalls nicht enttäuscht, im Gegenteil, und so ließen sich unsere Freunde aus dem mittleren Westen zu einer Zugabe und der Aussage, Wien zu lieben, hinreißen. Tatsächlich waren sie jetzt schon zum dritten Mal da, und ebenfalls zum dritten Mal im Chelsea. Scheint ihnen in diesem kleinen Lokal zu gefallen (sogar der Umstand, dass die U-Bahn alle fünf Minuten über ihren Köpfen hinwegdröhnt schien für sie bereits gewohnt). Soll uns sehr recht sein, die intimen Konzerte sind doch einfach die besten.
Nach dem Konzert gab es dann am Merch-Stand noch Geschichten aus dem Tourleben zu hören. Zum Beispiel Interessantes vom Auftritt in Moskau oder vom Unterschied zwischen europäischem und Neuer Welt-Publikum. Schöne Sache!
Und so verteilen wir hier nochmal Blumen, danke für die schöne Zeit:
Jemand mag dich noch immer, Boris Yeltsin!
Jemand freut sich auch schon auf das nächste Gastspiel von Someone Still Loves You Boris Yeltsin! Vienna Still Loves You!
Die „They Shoot Music“-Session (Version ohne Hip-Hop-Kids) gibt’s hier!
Herzlichen Dank für die Fotos an Christian Haas!
Datum: 03.10.2010
Ort: Chelsea, Wien
Zuschauer: ca 150?
Dauer: Effi 30 Minuten, SSLYBY 70 Minuten
von Julius aus Wien
Wer Sonntag abends ins Chelsea kommt, muss damit rechnen, sich ein wenig Fußball zu Gemüte führen zu müssen. Inter gegen Juve, Real gegen Deportivo, Barca gegen Mallorca. Wenn die Spitzenspiele der europäischen Ligen ausgetragen werden, ist das Chelsea bummvoll.
Das ist besonders dann angenehm, wenn man noch ein wenig Zeit hat, bis im hinteren Teil des Lokals ein Konzert beginnt. In diesem Fall das der Amerikaner Someone Still Loves You Boris Yeltsin. Und so sah ich einige Treffer, bis das Tor, um das es mir wirklich ging, geöffnet wurde.
Der Grazer Songwriter Effi, man könnte ihn als Spezialist in Sachen Support-Slots bezeichnen, spielte dann auch schon vor einem gut gefüllten Chelsea. Der Macher hinter dem Teenbeat Club, in dessen Rahmen das Konzert stattfand, hat nämlich ein Händchen dafür, dass seine Besucher regelmäßig gerne wiederkommen und das auch dann, wenn bereits die vorangegangenen drei Tage Teenbeat Club auf dem Programm stand…
Effi durfte sich also freuen, das tut er sowieso immer, er ist ein Mensch sonnigen Gemüts. Und er hat auch entertainende Fähigkeiten.
Und die waren auch gefragt. Denn er und seine Band waren ein wenig vom Pech verfolgt. Erst riss eine Saite, dann stimmte etwas mit einer Tonspur, die eingespielt werden sollte, nicht.
Effi schaffte es dennoch, durch unbekümmert gute Laune den Spaß an seinem Konzert zu erhalten. Mögen seine Songs auch nicht die außergewöhnlichsten sein, ihn muss man einfach mögen.
Und so spielte er sich durch eine gute halbe Stunde seiner unbeschwerten Songs zwischen Indie-, Reggae- und Folkeinschlag. Als er dann zuletzt noch „Danke für die Blumen, danke für die schöne Zeit!“ sang, war dem eigentlich nichts hinzuzufügen. Danke für die Blumen, es war uns eine Ehre.
Someone Still Loves You Boris Yeltsin, in weiterer Folge als SSLYBY zu anzutreffen, ließen auch nicht lange auf sich waren und stellten sich auch gleich mal mit „Banned (By The Man)“, einem Song des neuen Albums „Let It Sway“ vor. Ohne sich mit irgendwelchen Begrüßungen aufzuhalten, fuhren SSLYBY gleich ein ordentliches Programm: Wesentlich energischer als erwartet bearbeiteten die vier Herren aus Springfield, MO ihre Instrumente.
Daran, dass die Songs dadurch rauher ausfielen, fast ein wenig Garage und Lo-Fi gerieten, musste man sich kurz gewöhnen, bis einen die Spielfreude und die Euphorie des Quartetts mitriss. Der Pop-Einschlag mancher Songs ging also verloren, was dafür gegeben wurde, machte das aber wieder voll wett.
Ein wenig hätte man fast meinen können, SSLYBY seien immer noch die selbe idealistische, hochmotivierte High School-Band, als die sie begonnen haben, so unbeschwert und beinahe übermütig spielten sie ihr Set. Die Ausgelassenheit vergangener Schulparties lag in der Luft, von der sich die etwa 150 Besucher auch schnell anstecken ließen.
Besonderen Spaß schien eine Gruppe zu haben, bei der sich Sänger John R. Cardwell besonders für das Erscheinen bedankte, da sie den weiten Weg aus Kroatien auf sich genommen hatten.
Wer am Anfang vielleicht noch gedacht hätte, mit zwei Gitarristen, einem Bassisten und einem Schlagzeuger hätten SSLYBY eine Bandbesetzung, wie sie klassischer nicht sein könnte, gewählt, wurde dann nach ca. einer halben Stunde Spielzeit überrascht. John schnappte sich den Bass von Jonathan James (was hatte der bitte für massive Ringe unter den Augen?!?!), dieser zwängte sich hinter die Drums und Phillip Dickey übernahm dafür den Vokal-Part.
Das bewirkte, dass der Gesang ein wenig sanfter wurde und der Bass dafür umso heftiger dröhnte. Man könnte den vier aus den Staaten wohl auch Rasseln in die Hand drücken, sie wüssten damit zu gefallen…
Nach dieser geringfügigen Änderung kam dann das neue „Let It Sway“ mehr zum Zuge, Songs wie „Sink/Let It Sway“, „Back In The Saddle“ und das komisch-seltsame „All Hail Dracula“ durften sich live beweisen…
…und ernteten hohe Zustimmung. Sicherlich mehr als am Nachmittag dieses Tages, als Philipp Dickey und Will Knauer für „They Shoot Music“ (einen Videoblog, der (zumeist Indie-)Bands, die in Wien zu Gast sind, auf verschiedenen Wiener Plätzen Songs performen lässt) „Modern Mystery“ und „Let’s Get Tired“ am Brunnenmarkt zum Besten gaben und dabei mit der Ottakringer Jugend schlossen. Diese war dem Vernehmen nach nämlich nur auf Kurzauftritte mit Basketbällen und Skateboards in den Videos aus und angeblich auch ein wenig enttäuscht, als sie feststellten, dass SSLYBY keine Hip-Hopper sind…
Wir waren jedenfalls nicht enttäuscht, im Gegenteil, und so ließen sich unsere Freunde aus dem mittleren Westen zu einer Zugabe und der Aussage, Wien zu lieben, hinreißen. Tatsächlich waren sie jetzt schon zum dritten Mal da, und ebenfalls zum dritten Mal im Chelsea. Scheint ihnen in diesem kleinen Lokal zu gefallen (sogar der Umstand, dass die U-Bahn alle fünf Minuten über ihren Köpfen hinwegdröhnt schien für sie bereits gewohnt). Soll uns sehr recht sein, die intimen Konzerte sind doch einfach die besten.
Nach dem Konzert gab es dann am Merch-Stand noch Geschichten aus dem Tourleben zu hören. Zum Beispiel Interessantes vom Auftritt in Moskau oder vom Unterschied zwischen europäischem und Neuer Welt-Publikum. Schöne Sache!
Und so verteilen wir hier nochmal Blumen, danke für die schöne Zeit:
Jemand mag dich noch immer, Boris Yeltsin!
Jemand freut sich auch schon auf das nächste Gastspiel von Someone Still Loves You Boris Yeltsin! Vienna Still Loves You!
Die „They Shoot Music“-Session (Version ohne Hip-Hop-Kids) gibt’s hier!
Herzlichen Dank für die Fotos an Christian Haas!
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