Donnerstag, 14. Oktober 2010

Glasser & Thus:Owls, Paris, 13.10.10


Konzert: Glasser & Thus:Owls

Ort: Point Ephémère, Paris
Datum: 13.10.10

Zuschauer: mehr Fotografen als Fans



Erleben wir in popmusikalischer Hinsicht zur Zeit die Ära Indie-Shakira? Oder eher die Ära Post-Björk? Hmm, vermutlich ist es eine Mischung aus beidem.


Wie ich auf solch käsige Begriffe und absurde Vergleiche komme? Nun, in den letzten Wochen sind mir gleich mehrfach Sängerinnen untergekommen, bei denen ich bizarrerweise an Shakira (und eben eine moderne Björk) denken musste.

Angefangen hatte es mit Zola Jesus, die ich als Support-Act von Fever Ray im Pariser Olympia gesehen hatte. Wie sie da so tribalisch rumhüpfte und wie ein Tiger im Käfig hin und her lief erinnerte mich stark an Videos der Kolumbianerin. Und dann das Show Off mit der Stimme, dieser effektheischende kraftstrotzende Gesang mit den man das Publikum beeindrucken will, damit die Leute hinterher sagen: "Boa ey, hat die aber eine Power!" Fast so wie bei den Castingshows, wo die Kandidatinnen scheußliche Lieder von Alicia Keys oder Anastacia brüllernderweise zum Besten geben, als wollten sie die Jury gegen die Wand singen.

Weiter ging es mit der Sängerin von Wilbirds & Peacedrums, die im Café de la Danse barfüßig zu Trommelrhythmen rumhopste und mit der Kraft der 1000 Bären sang.

Und heute schließlich im Point Ephémère erneut dieser Gedanke an eine Indie-Shakira gemischt mit einer Post-Björk. Die Amerikanerin Cameron Mesirow alias Glasser bewegte sich mit gewachster Windkutte zu tribalischen Elektro Beats wie ein Raubtier im Käfig und drückte stimmlich von Anfang bis Ende extrem auf die Tube. Begleitet wurde sie hierbei von drei Typen in weißen Antarktis Anzügen (bei Polarkreis 18 geklaut??), von denen der Schlagzeuger ein mehrstückiges Drumset mit kleinen runden Flächen benutzte, das ältere Semester wie ich das noch von den 1980 er Jahren her kennen. Ohnehin war der Sound bei Glasser sehr 80ies -lastig. Eine Mischung aus Elektro-Pop und New Wave, der auf den neuesten Stand der Mode gebracht wurde. Schade, daß der Gesang von Cameron Mesirow live nicht so unschuldig und verträumt wie auf MySpace, sodern zu kraftvoll und forciert klang. Stücke wie Home und Apply (hat sie eigentlich Schluckauf bei diesem Lied, sie hickst so?) haben nämlich definitiv Potential.

Potential haben auch die Schweden Thus:Owls. Angeführt von Erika Angell einer ehemaligen Backgroundsängerin und Keyboarderin von Loney, Dear und mit Ola Hultgren über einen weiteren Loney, Dear Musiker verfügend. Eine fünfköpfige Truppe mit bildhübscher blonder Pianistin/Orglerin (dieses Lächeln, hach!) und Simon Angell, dem brillanten Gitarristen von Patrick Watson, der gleichzeitig Eheman von Erika ist. Zusammen kredenzen sie einen unglaublich dramatischen Barock Pop mit komplexen Arrangements und düsterer, bisweilen experimenteller Duftnote. Beim Haldern Pop Festival 2010 sind sie damit um 2 Uhr nachts (morgens?) im Spiegelzelt aufgetreten und haben etliche Leute begeistert. Auch ich fand gefallen an ihren Kompositionen und an der an Anna Ternheim erinnernden Stimme von Erika, allerdings schoßen mir Thus:Owls an ein paar Stellen über das Ziel hinaus und überspannten den Dramatik/Bombast-Bogen. Dennoch, ihr Konzert war insgesamt gut und ich empfehle auch das Album Cardiac Malformations. Bei Thus:Owls passt übrigens der Post-Björk Vergleich. Irgendwo spürt man den bewußten oder unbewußten Einfluss der Isländerin genau wie bei Acts wie Olöf Arnalds, Coco Rosie, Emilliana Torrini, Emilie Simon und so vielen anderen.

Setlist Thus:Owls, Point Ephémère, Paris:

01: Yellow Desert
02: Climbing The Fjelds Of Norway
03: I weed
04: The tree
05: They Fight
06: You Arose To The Gods
07: Let Your Blood Run
08: Eagles Coming In


Aus unserem Archiv:

Thus:Owls, Paris, 03.03.10




 

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