Konzert: Franz Ferdinand
Ort: Palladium, Köln
Datum: 12.03.2014
Dauer: Franz Ferdinand knapp 100 min, Citizens! 27 min
Zuschauer: vielleicht 3.200
"Ach stimmt, das gibt es ja auch noch", dachte ich bei Michael. Und bei This fire und bei Outsiders - nachdem Franz Ferdinand bereits eine ganze Menge großer Hits gespielt hatten. Am Ende fehlten trotzdem ein paar Lieblinge aber es blieb die Erkenntnis, daß die Band aus Glasgow im Gegensatz zu vielen Altersgenossen kaum Abnutzungserscheinungen zeigt und mit nach einem kurzen Tief vor ein paar Jahren wieder ähnlich viel Spaß wie am Anfang macht. Irgendwas machen die vier Musiker anders als ihre Kollegen von Arctic Monkeys, Bloc Party, Editors, Strokes oder Mando Diao (beliebig erweiterbar). Oder sie machen gar nichts anders und sind schlichtweg talentierter.
Nachdem ich die elektronische Phase rund um die dritte Platte nicht mehr richtig mochte (und lange brauchte, um Lieder wie Ulysses überhaupt zu mögen - heute liebe ich es), schienen auch Franz Ferdinand den Standard-Weg in meiner Gunst zu gehen. Allerdings kam es zu dem erwarteten Liebesentzug nicht, weil da das Bowlie 2 Wochenende dazwischenkam. Dieses ATP Festival, dessen Programm Belle & Sebastian gestaltet hatten, wies im Programm neben zig wundervollen Glasgower Bands und Musikern einen Überraschungsact auf. Ein paar Tage vorher sickerte durch, daß es sich um Franz Ferdinand handelte. Mich enttäuschte das damals, weil wir uns gerade eine Pause gönnten. Nachdem aber vorher bereits Alex Kapranos und Nick McCarthy als Gäste bei Edwyn Collins phänomenal gutem Konzert aufgetreten waren und Alex als Gastgitarrist bei seiner Uralt-(Ska-)Band Amphetameanies mitgespielt hatte, hatte ich plötzlich Lust auf Franz Ferdinand und erlebte ein großartiges Konzert. Zwei Jahre später beim Primavera war fast alles wieder wie früher. Also schreckte heute auch das Palladium mit seinen vielen Nachteilen überhaupt nicht ab.
Um acht war die ehemalige Fabrikhallo noch recht leer. Gegenüber spielten Revolverheld, die erschütternd viele Zuschauer angelockt und das E-Werk ausverkauft hatten. 2009 war auch noch das Palladium bei Franz ausverkauft, heute nicht mehr. Es wurde zwar noch recht voll (wenn ich das von vorne richtig gesehen habe), es wären aber sicher noch einige hundert Zuschauer mehr reingegangen. Um acht spielten Citizens! aus London, die (zumindest beim ersten Album) von Alex Kapranos produziert worden waren. Ich hatte die Band von einmal gesehen und fühlte mich bei der Stimme des Sängers an Alison Moyet erinnert. Gleich beim ersten Lied bestätigte der Mann mit der häßlichen Jacke diesen Eidruck. Gegen die Stimme der Yazoo Sängerin habe ich gar nichts, die Modern-Talking-Rhythmen des ersten Stücks dagegen waren fies. Es wurde zwar anschließend etwas besser, Citizens! sind aber nichts für mich und nicht der Rede wert. Und sie sind definitiv die schlechtere Vorgruppe im Vergleich zu Wiesbaden, denn da werden Franz von Teleman supportet.
Um kurz nach neun wurde es dann besser. Allerdings nur musikalisch. Die Kleidung blieb etwa gleich. Die vier Franz Ferdinands hatten - vermutlich ihrem School of Arts Hintergrund geschuldet - schwarz-weiß-fleckige Hosen und Hemden an. Die passten zwar zu den abstrakten Hintergrund-Animationen, freiwillig würde man so etwas aber nie tragen.
Aber die Outfits, die unangenehmen Menschen in unserer direkten Umgebung und das Palladium selbst waren spätestens bei The dark of the matinée vergessen (naja, ein paar der Nervensägen brachten sich später wieder in Erinnerung). Die Musik war schnittig, abwechslungsreich, mitreißend und keinen Hauch altbacken! Die neuen Stücke wie Bullet, Evil eye oder das überragende Love illumination passen überhaupt nicht in die Phase, in der sich Franz Ferdinand gerade befinden. Sie klingen nicht nach vierter Platte. Um Love illumination oder das wunderschöne Fresh strawberries irre gut zu finden, muß man kein alles schönredender Fan sein, das ist einfach eine Frage guten Musikgeschmacks.
Mir gefiel der Aufbau der Setlist hervorragend. Zugegebenermaßen ist das aber für die Band auch keine große Herausforderung, das Repertoire ist zu gut, um Gefahr zu laufen, zu viele Langweiler einzubauen. Einige der Lieder klangen leicht abgewandelt, mal mit anderem Rhythmus, mal mit mehr (Auf Achse), mal mit weniger elektronischen Instrumenten. Nur zweimal gefiel mir das nicht. Das ewig lange Ende von Do you want to war langweilig (und unnötig), genauso das Blue-Man-Group-Ende der letzten Zugabe Outsiders, bei dem alle vier trommelten. Das war fast schon ärgerlich, fiel aber wegen der sehr guten anderthalb Stunden vorher weniger ins Gewicht.
Wenn die Band so gut ist, sind sogar vollgestopfte Palladium-Konzerte gut. Daß Franz Ferdinand noch eine Weile so gut bleiben werden, glaube ich sicher. Und vermutlich werden sie nicht das Schicksal vieler Altersgenossen teilen und "aus künstlerischen Gründen" in immer kleineren Sälen spielen. Denn obwohl weniger Leute da waren als vor fünf Jahren, waren irre viele da, die vermutlich 2009 noch zu jung waren. Das Franz Ferdinand Feuer brennt noch.
Setlist Franz Ferdinand, Palladium, Köln:
01: Bullet
02: The dark of the matinée
03: Tell her tonight
04: Evil eye
05: No you girls
06: Do you want to
07: The fallen
08: Fresh strawberries
09: Walk away
10: Stand on the horizon
11: Can't stop feeling
12: Auf Achse
13: Lucid dreams
14: Brief encounters
15: Michael
16: Take me out
17: Love illumination
18: Ulysses
19: This fire
20: Right action (Z)
21: Treason! Animals! (Z)
22: Outsiders (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- Franz Ferdinand, Barcelona, 31.05.12
- Franz Ferdinand, Minehead, 11.12.10
- Franz Ferdinand, Paris, 17.03.09
- Franz Ferdinand, Köln, 14.03.09
- Franz Ferdinand, Stockholm, 15.11.08
- Franz Ferdinand, Melt!, 19.07.08
- Citizens!, Köln, 24.05.12
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