Konzert: Okta Logue
Vorband: Jank Kovak
Ort: Club Zwölfzehn, Stuttgart
Datum: 28.02.2014
Dauer: Okta Logue 87 Minuten; Jank Kovak 31 Minuten
Zuschauer: ausverkauft
Mit kaum einer anderen Stadt, mit keinem anderen Festival sind so viele Hoffnungen und Träume verbunden wie mit Austin, Texas, und dem South by Southwest. Für viele europäische Bands waren die Auftritte hier der Schlüssel zum Erfolg in den USA und auch für den endgültigen Durchbruch in der Heimat. In wenigen Tagen beginnt die diesjährige Auflage und der Geist des SXSWs erfüllt wieder die liberale Musikmetropole in den konservativen Südstaaten. Vielleicht sind die gut fünf geplanten Auftritte hier für Okta Logue das letzte Mosaikstückchen zum längst überfälligen endgültigen Durchbruch, der die Band einem breiten Publikum vertraut macht.
Gut eine Woche zuvor endet eine kurze Tour durch die Heimat im Stuttgarter Club Zwölfzehn. Nach vier Auftritten in Hannover, Bonn und Hamburg stellen die Darmstädter alles, was ich in diesem Jahr gesehen habe, in den Schatten, mehr als das, spielen das beste Konzert, das ich von dieser Band, die immerhin mein Konzert des vergangenen Jahres stellte, bisher erleben durfte. Beim dritten Gastspiel ist das Zwölfzehn nun ausverkauft, bis in die hinteren Reihen drängt es sich dicht, als die Herz-Brüder Benno und Robert, Philipp Meloi und Nicolai Hildebrandt die niedrige Bühne betreten.
Wer keine Lust auf eine weitere Hymne hat, sollte jetzt aufhören zu lesen, denn in den folgenden eineinhalb Stunden zementiert sich all das, was ich in der Vergangenheit in dieser jungen Gruppe gesehen habe. Eine der womöglich besten aufstrebenden Bands der Welt kommt aus Hessen. Und das ist nicht zu hoch gegriffen. In Deutschland gibt es nichts, was mit Okta Logue vergleichbar wäre. Die ewigen Verweise auf Psychedelic- und Prog-Rock und vor allem die ständige Retro-Etikettierung greifen viel zu kurz, was sich mittlerweile auch im Publikum zeigt.
Diejenigen Zuschauer, die man augenzwinkernd „Progosaurier“ nennen könnte, sind mittlerweile klar in der Minderheit, während das Gros der Konzertbesucher immer jünger wird. Wurden Okta Logue schon vergangenen November bei ihrem berauschenden Auftritt während des Popnotpop-Festivals gefeiert, ist heute bereits die Reaktion beim bloßen Betreten zur elektronischen Klangfläche des Intros regelrecht euphorisch. „Let Go“, ist herrlich reiner Pop mit Beat-Backround. Schon beim Opener ist alles in sich stimmig. Die Surfer-Atmosphäre harmoniert blendend mit dem gefälligen Keyboard Hildebrandts, den schönen „Ahah“-Chören und der unaufdringlichen Slide-Gitarre des großartigen Philipp Meloi, dem es mit punktgenauen Soli und einer beeindruckenden Nonchalance gelingt, jeden Song zum glänzen zu bringen.
Überzeugte mich zuvor noch das souveräne Set der während der Tour mit Okta Logue zum Folk-Duo geschrumpften Band Jank Kovak mit Klängen, wie sie die Coen-Brüder in ihrem letzten Meisterwerk beschworen, und einem guten Cover von Dylans „Shelter From The Storm“, wird im direkten Kontrast zu dieser überaus guten Band die Klasse Okta Logues erst richtig deutlich. Die Spielfreude mit der „Shine Like Gold“, eines der herausragenden Stücke des Debüts „Ballads Of A Burden“, heute daherkommt, vergoldet einen ohnehin grandiosen Song. Die Spannung im Saal lässt sich fast physisch greifen. Es ist heiß, der Schweiß läuft strömend, die Luft ist stickig und wird von einem süßlichen Dunst gewürzt, als „Dream On“ und das unveröffentlichte „Everyday“ über einen hinwegziehen. Häufig mit David Gilmours Stil verglichen, setzt Meloi während „You“, dem Schlüsseltrack des aktuellen Albums, „Tales Of Transit City“, zu einer großen Solo-Show an, die so unprätentiös wie brillant ist und so manchem alten Blueser zeigt, dass es so viel mehr gibt als die immer gleichen Riff-Kaskaden.
Nach dem in einer Syd Barrett-Manier wunderbar verschrobenen „Mr. Busdriver“, einem Song der den derzeitigen Hype um die Temples ungerechtfertigt erscheinen lässt, deutet Sänger und Bassist Benno Herz neue Wege an: „All I See“ ist das erste Lied des vermutlich ziemlich genau in einem Jahr erscheinenden kommenden Albums und von ausgewählter Qualität. Die Darmstädter Band bleibt sich trotz offensichtlicher Entwicklung treu und wer ob des poppigen Sounds des Stücks unken mag, es drohe nun der Ausverkauf des Bandklangs, kann sich beruhigen. Mit einer Anbiederung an irgendjemanden ist nicht zu rechnen, dafür gibt es vermutlich wieder längere Songs, wie „Decay“, das die komplette B-Seite des Debüts füllte und auch heute der unübertreffliche Live-Höhepunkt ist. Benno Herz und Philipp Meloi stehen sich gegenüber, Robert Herz hält einen äußerst genauen Beat und jeder Tempowechsel ist eine Freude. Dazu spielt Keyboarder Hildebrandt Trompete, das Publikum tanzt und als es nach über zwanzig Minuten entlassen wird, folgt das nächste Epos und mit „Transit“ die sphärische Abrundung eines großen Konzerts.
Rauchend kehrt die Band zurück, die Zigaretten werden ausgetreten und „Bright Lights“, der größte Hit, versetzt auch die letzten Reihen in den tanzenden Zustand echter Verzückung. „Judith“ wird spontan gegeben und der Power-Pop von „Chase The Day“ führt das zu Ende, was der Anfang versprach.
Eine Hymne zum Schluss, was wäre treffender für einen Abend, der schon jetzt ein heißer Anwärter auf das Konzert des Jahres ist und dessen Nachhall nicht einmal von der rigiden Discopolitik des Clubs getrübt werden kann, der die Zuschauer direkt nach dem Konzert aus dem Saal schickt, um Platz für einen Electro Swing zu machen? "Vielen Dank! Das war das beste Konzert der Tour und das meine ich wirklich ernst, das sage ich nicht überall", sagt Benno Herz lächelnd. Man glaubt es ihm sofort. Wie und vor allem von wem soll dieses Konzert noch getoppt werden? Übermorgen beginnt die US-Tour in New York, dann kommt das SXSW. Let Go! Es geht immer weiter für Deutschlands beste und wohl stilvollste Band. Schweiß und Freudentränen werden aus dem Gesicht gewischt.
Setlist Okta Logue, Stuttgart:
01: Intro
02: Let Go
03: Shine Like Gold
04: Dream On
05: Everyday
06: You
07: Mr. Busdriver
08: All I See (NEU)
09: Cats In The Alley
10: Just To Hear You Sleep
11: Decay
12: Transit
13: Bright Lights (Z)
14: Judith (Z)
15: Chase The Day (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- Okta Logue, Berlin, 20.09.2013
- Okta Logue, Stuttgart, 22.07.2013
- Okta Logue, Ulm, 05.09.2013
- Okta Logue, Darmstadt, 17.05.2013
Tourdaten:
07.03.2014, Knitting Factory, Brooklyn, New York (USA)
08.03.2014-
16.03.2014, South By Southwest 2014,Austin, TX (USA)
21.03.2014, Knitting Factory, Brooklyn, New York (USA)
06.05.2014-
10.05.2014, Canadian Music Week, Toronto (CA)
05.06.2014, Centralstation, Darmstadt
31.07.2014-
03.08.2014, Burg Herzberg Festival (D)
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