Dienstag, 19. November 2013

Savages, Den Haag, 16.11.13


Konzert: Savages
Ort: Crossing Border Festival, Den Haag
Datum: 16.11.2013
Dauer: 55 min
Zuschauer: 350 ca.



Savages sind still und heimlich zu einer meiner Live-Lieblingsbands des Jahres geworden. Als ich die Londoner Musikerinnen im Mai in Frankfurt zum ersten Mal gesehen habe, hatte ich vorher keine großen Erwartungen. Das Debüt-Album war mir eine Spur zu rockig, live würde das nicht weltbewegend umgesetzt werden. Damit lag ich vollkommen daneben. Das Konzert war musikalisch hervorragend und dank des eindrucksvollen Auftritts der Frontfrau Jehnny Beth eines, das lange in Erinnerung bleibt. Ende August hatten Savages beim End Of The Road Festival meinen Eindruck bestätigt und mich erneut begeistert.

Als die große Bestätigungsrunde des Crossing Border Festivals in Den Haag veröffentlicht wurde, waren Savages der endgültige Grund, hinzufahren. Warpaint und Savages nacheinander, dafür verbringe ich ein Wochenende gerne auswärts.

Das Crossing Border Festival ist eines von zahlreichen Kultur-Festivals in den Niederlanden, die zeitgleich in verschiedenen Städten stattfinden und einen Musik- oder wie dieses einen Musik- und Literatur-Schwerpunkt haben. Das diesjährige Crossing Border fand in Enschede, Antwerpen und Den Haag statt. Wegen des besten Line-Ups hatten wir uns für den niederländischen Riegierungssitz entschieden. Die musikalischen Programmpunkte fanden in zwei benachbarten Gebäuden statt, in der Koninklijke Shouwburg (im königlichen Theater) und dem Nationale Toneel (Theater) Gebäude. Da meine drei Bands alle im gleichen Saal im Toneel Gebouw stattfanden, wirkte mein Samstag noch weniger wie ein Festival, als diese Veranstaltungen ohnehin vermitteln (was gut ist).


Savages spielten nach The Leisure Society (Bericht folgt) und vor Warpaint um 21 Uhr. Der Hauptraum des Theater-Gebäudes ist ein reiner Konzertsaal mit guter Akustik und hoher Bühne. Als geübter Savages-Gucker bedauerte ich ein wenig, daß die Boxen von der Decke hingen und es keine hohen Lautsprechertürme rechts und links der Bühne gab und Kletterpartien der Sängerin ausbleiben würden. Aber das ist ein Luxusproblem, wenn ein Konzert schon ansonsten sehr viel bietet!


Savages sind ein Quartett um die sehr auffällige französische Sängerin Jehnny.  Auffällig ist schon Jehnnys Erscheinungsbild. Die Musikerin wirkt bis auf ihre sehr femininen Schuhe androgyn. Dies ist sicher genau wie ihr Tanzstil Teil eines Konzepts und soll vermutlich bewußt Assoziationen zu Joy Division hervorrufen, ich mag ihr das aber nicht verübeln, weil die Musik eben doch so viel Eigenes hat und Savages-Shows so knackig kurzweilig sind, daß mir etwas entginge, wenn ich die Band aus grundsätzlichen Erwägungen boykottierte. Also ist es mir vollkommen egal, ob Siouxsie & the Banshees (große alte Lieblinge) vielleicht damals ähnliche Shows hingelegt haben, heute gibt es Savages, und deren Konzerte sind brillant.


Natürlich liegt diese Brillanz auf den ersten Blick an der charismatischen (und sicher ein wenig durchgeknallten) Frontfrau. Die Band allerdings auf die Frau mit den kurzen Haaren zu reduzieren, wäre dämlich, ihre drei Begleiterinnen Fay Milton (Schlagzeug), Ayse Hassan (Bass) und Gemma Thompson (Gitarre) sind -  soweit ich das beurteilen kann - musikalisch ganz hervorragend und lohnen jeden Blick weg von der Mitte. Aber Jehnnys schrille, oft vibrierende Stimme zieht natürlich die Aufmerksamkeit an, keine Frage. Und wäre es nicht die, wäre es das Hin- und Herlaufen, die rudernden Arme, die strengen Blicke der Sängerin. Als bei einen sehr ruhigen Liedanfang (bei I need something new, einem mir unbekannten Stück) die vielen Spiegelreflexkameras lauter als die Musik waren und Jehnny darauf hinwies, hätte ich als Fotograf keinen Mut mehr gehabt, noch einmal zu klicken. Die Französin wirkt einschüchternd.

Außer dem neuen Stück spielten Savages nur bekannte Titel. Bis auf das Manifest Fuckers am Ende stammten alle vom Debüt Silence yourself, mit dem es die Band auf die Shortlist des Mercury Preises geschafft hatte. Lieder wie She will ("for the ladies"), Shut up, City's full oder Husbands sind enorme Kracher. Aber auch der Rest steht denen nicht viel nach. Der Abschluß mit Fuckers ("don't let the fuckers get you down", immer und immer wieder) ist ein lauter, irrer Schlußpunkt, ein perfektes Stück, um solche in Konzert zu beenden.

Daß Jehnny diesmal keine Boxentürme zum Hochklettern hatte, verzeiht der Nörgler in mir der Französin. Ihr Stunt beim End Of The Road Festival, von einer dieser Boxen runterzuhüpfen und auf ihren hohen Absätzen zu landen, fehlte mir zwar, vielleicht erlebe ich den aber in Köln oder Frankfurt (Termine: s. unten) wieder. Savages sind still und heimlich... aber das habe ich ja schon gesagt!

Setlist Savages, Crossing Border Festival, Den Haag:

01: I am here
02: Shut up
03: I need something new
04: Strife
05: Waiting for a sign
06: City's full
07: She will
08: No face
09: Hit me
10: Husbands
11: Fuckers

Links:

- aus unserem Archiv:
- Savages, End Of The Road Festival, 30.08.13
- Savages, Frankfurt, 19.05.13
- Savages, Paris, 23.02.13 

Livedaten Savages:

- 20.11.13 Gebäude 9, Köln
- 21.11.13 Zoom, Frankfurt
- 22.11.13 Kesselhaus, Berlin 
- der Rest der Tour wurde abgesagt




1 Kommentare :

Nummer Neun hat gesagt…

Was müssen die auch ausgerechnet ihren Münchner Auftritt platzen lassen? :/

 

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