Konzert: Suede
Ort: E-Werk, Köln
Datum: 21.11.2013
Dauer: Suede knapp 90 min, Teleman 44 min
Zuschauer: bei weitem nicht ausverkauft
"Good singing!" lobte uns Brett Anderson nach Everything will flow, irgendwann in der Mitte des Konzerts. Auch wenn das E-Werk weit von ausverkauft entfernt war, fühlte sich der Suede Auftritt nicht anders an als mein erster dieses Jahr an Karsamstag im riesigen Alexandra Palace in London. Es war eine große Show, und das nicht etwa aus Nostalgiegründen, Suede wirkten frischer als Generationen von Bands, die nach ihnen aufgetaucht und wieder verschwunden sind (hinter mir stand jemand mit einem White Lies T-Shirt) - und Suede haben mit Brett Anderson einen Frontmann, der wahrscheinlich auch in zwanzig Jahren noch jeden anderen in den Schatten stellen wird.
Es dauerte aber ein paar Minuten, bis das Konzert bei mir zündete. Der Beginn mit Faultlines und einer manchmal wackeligen Stimme war nicht brillant. Dazu stellte sich die einzige Person im E-Werk ohne eigenes Deo kurz vor Beginn in eine nicht vorhandene Lücke vor uns. Das Rauchverbot in Clubs hat so viele Vorzüge. Bloß im Hinblick auf Schweißgerüche hatten verqualmte Läden durchaus großen Charme. Der langsame, sehr ruhige Beginn, bei dem Brett am linken Bühnenrand zusammengekauert auf einer Box saß, war aus meiner Sicht ungewöhnlich. Luftholen in der Mitte macht Sinn, aber gleich am Anfang? Snowblind, eines von Bretts Lieblingsliedern der aktuellen Platte, packte mich auch noch nicht richtig, das tat erst das dritte Stück des Abends It starts and ends with you (auch von Bloodsports). Danach war das Konzert ein Selbstläufer. Auf It starts... folgten ohne Pause Trash und Animal nitrate. Bei Can't get enough war der Sänger erstmals im Fotograben zum Anfassen.
Nach kurzer Pause (Sometimes I feel I'll float away und dem fast schon musicalesquen What are you not telling me? bei dem Brett Anderson auf der Erde lag, da war er wohl gerade weggefloatet, und das ich mir, wenn ich Suede nicht so mögen würde auch als Musik zu einer Eiskunstlauf-Kür vorstellen könnte), nahm das Konzert mit The drowners wieder Schwung auf.
Weil vor allem im zweiten Teil des Konzerts kaum Pausen zwischen den Stücken gemacht wurden, entstand der Eindruck eines großen Hit-Medleys, nur daß die Lieder eben ausgespielt wurden.
Irgendwann nach unzähligen Ausflügen an die erste Reihe, als Bretts weißes Hemd schon klatschnass war, kündigte er ein Lied an, das sie eine Weile nicht gespielt hätten. Meist lügen Künstler, wenn sie so etwas sagen (David Gedge war sich dessen wohl auch bewußt, als er beim Wedding Present Konzert neulich in Düsseldorf sagte "we didn't play this song before!" - "In Düsseldorf"). Picnic by a motorway hatte aber wirklich Tourpremiere und zählt zu den selten gespielten Stücken der Band. Der Sänger wurde dazu nur von Piano und akustischer (und sagenhaft schief klingender) Gitarre begleitet.
Noch ein sagenhaftes mitgegröhltes Vierer-Hit-Medley aus For the strangers, So young, Metal Mickey und Beautiful ones und später die beiden Zugaben She's in fashion und New generation beendeten den Abend nach knapp anderthalb Stunden.
Wow, was sind Suede für eine fantastische Liveband! Darüber täuscht auch kein ins Set untergejubeltes langweiligeres Lied hinweg. Nötig hat die Band, die in den 90er Jahren sicher noch einen ausgezeichneten Plattenvertrag hatte, solche schweißtreibenden Abende nicht mehr. Das Rockstarleben nach der aktiven Karriere ist zwar vermutlich sehr teuer, bei Suede scheinen aber (so meine romantische Vorstellung) keine finanziellen Beweggründe das Comeback zu steuern. Wenn solche Shows für den Entertainer Brett Anderson bloß ein lästiger Arbeitstag sind, ist er ein unglaublich guter Schauspieler - und ich ein gutgläubiger Trottel.
Setlist Suede, E-Werk, Köln:
01: Faultlines
02: Snowblind
03: It starts and ends with you
04: Trash
05: Animal nitrate
06: Can't get enough
07: Sometimes I feel I'll float away
08: What are you not telling me?
09: The drowners
10: Filmstar
11: Everything will flow
12: The 2 of us
13: Indian strings
14: Picnic by a motorway
15: For the strangers
16: So young
17: Metal Mickey
18: Beautiful ones
19: She's in fashion (Z)
20: New generation (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- Suede, London, 30.03.13
1 Kommentare :
Das trifft es so gut. Ebenso hab ichs und haben wir empfunden (bis auf dass unser näheres Umfeld angemessen desodoriert war). Sagenhaft war dieses Konzert und auch wenn der Anfang etwas holpriger war (ich selbst als großer Fan hatte arge Befürchtungen, dass es ein lauer Aufguss werden könnte), wurde schnell klar, dass es wahnsinnig toll wird - Suede (allen) voran Brett gehören auf die Bühne, immerzu und bitte noch 20 Jahre! Zwei Tage danach bin ich noch begeistert, so ging es mir lange schon nicht mehr.
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