Montag, 17. Juni 2013

Dirk Darmstaedter, Mendig, 16.06.13


Konzert: Dirk Darmstaedter
Ort: Mendig, Eifel
Datum: 16.06.2013
Dauer: 45 + 70 min
Zuschauer: etwa 50 



"Hallo Mendig!" ist keine Ansage, die ich bisher je bei einem Konzert gehört hatte. Das kleine Städtchen in der Eifel ist sicher nicht wegen seines großen Kulturangebots bekannt und hatte seine letzte große Stunde vermutlich vor 13.000 Jahren, als der Laacher See Vulkan einen Steinwurf entfernt ausbrach. Aus dieser frühen Blütezeit sind der Stadt zahlreiche sehenswerte Vulkan-Attraktionen geblieben (ein Museum - "Lava-Dome" - und tief in den Basalt gegrabene Lavakeller, in denen früher Bier gekühlt wurde). Ansonsten kennen Autofahrer Mendig durch die Abkürzung zwischen A48 und A61 und Klatschfreunde als Heimat von Rosemarie Nitribitt - aber als Konzertstadt? Nein, sicher nicht.


Ich hatte vor ein paar Wochen von einem Freund erfahren, daß Dirk Darmstaedter in Mendig eines seiner Wohnzimmerkonzerte spielen würde. Da ich den Hamburger Sänger noch nie gesehen hatte und Konzerte abseits der üblichen Clubs eine sehr willkommene Abwechslung sind, suchte ich im Internet und fand die Seite der Veranstalter Maike und Carsten, die in ihrem Haus vorher bereits acht Konzerte veranstaltet hatten. 

Als ich um kurz vor sieben im Mendiger Wohnzimmer ankam, liefen The xx, and den Wänden hingen Siebdruck-Poster von Sufjan Stevens und den Shins. Da fühlte ich mich sehr gut aufgehoben. In der nächsten Stunde füllte es sich nach und nach und um kurz nach acht war das große Wohnzimmer voll. Rund 50 Gäste waren wir wohl, vor denen Dirk Darmstaedter gemeinsam mit Gitarrist David Rieken auftrat.


Ganz und gar nicht nach einem Wohnzimmerkonzert sah die Anlage aus, die die Hamburger mitgebracht hatten.* Mikros für Gesang und Gitarren und ein Mischpult - und die sorgten für einen phänomenal guten Klang. Es war also nicht nur viel angenehmer als in einem Club, es hörte sich auch besser an als in vielen (der Sänger erklärte später, das Konzert werde aufgezeichnet).

"Ich kenne Dirk Darmstaedter jetzt seit 25 Jahren, aber er mich nicht", hatte Gastgeber Carsten Liersch zur Begrüßung gesagt. Im Publikum schienen viele zu sein, die dem Musiker auch bereits seit seiner Zeit als Kopf der Jeremy Days Mitte der 80er Jahre folgen. Natürlich kannte ich die Band auch, sie lief im Radio, ich war allerdings kein Fan, muß ich gestehen, mit Gitarren konnte ich damals nicht viel anfangen (außer bei den wenigen Depeche Mode Stücken, bei denen eine vorkam). Kennengelernt habe ich den Jeremy Days Sänger erst sehr viel später durch seine Soloplatten.

Das Konzert war zweigeteilt. "Wir spielen heute zwei Sets." Ich hatte das für einen Weg gehalten, eine Rauchpause in der Mitte einzubauen. Nach einer Dreiviertelstunde war Set eins beendet, der zweite Teil dauerte dann noch einmal siebzig Minuten, es waren also wirklich zwei Konzerte, die Dirk und David spielten. 


Der Abend begann mit I'd do it again von 2002 - und mit David an der Steel Guitar. Auch wenn die meisten Stücke vom letzten Album Appearences von 2012 stammten, spielte das Duo Lieder aus allen Phasen der Karriere des Hamburgers, von Titel eins der ersten Jeremy Days Platte (Julie thru the blinds) bis zu Liedern, die in den letzten Jahren entstanden sind.

Zu einigen der Stücke erzählte Dirk Geschichten. Von einer Hochzeit eines Freunds, dem er zugesagt hatte, bei dessen Feier ein paar Lieder zu spielen, zum Beispiel, bevor er Won't die for you anstimmte. Als er in die Kirche kam, habe der Bräutigam ihn gefragt, wo er denn die Gitarre habe. Weil er erst für den Abend geplant hatte, musste er schnell Stücke raussuchen, die passten. Dabei sei ihm aufgefallen, daß er nicht schrecklich viele fröhliche Lieder habe. Won't die for you sei wohl nicht hochzeitstauglich.

Oder My girl in Paris... Das Video zu diesem Song konnte aus Budgetgründen nicht in Paris gedreht werden, weil Ryanair nicht von Lübeck nach Paris fliegt. Da man aber nach Pisa kommt und die Unterschiede eh nicht auffielen, wurde es dort aufgenommen. 

Die Geschichten machten einen Teil des Charmes des Konzerts aus. Wohnzimmerkonzerte bieten ja die besondere Chance, viel vertraulicher als Clubshows zu sein. Wenn ein Künstler die nutzt, umso besser! Distanz gab es hier überhaupt nicht. 



Besonders gut gefiel mir der Dialog vor All summer long. Dirk hatte erzählt, daß er das Lied geschrieben habe und danach erst erfahren habe, daß Kid Rock mit einem anderen All summer long lange Nummer eins in den Charts war. "Das ist nicht das Stück von Kid Rock!" Das, was ich dachte, sprach jemand aus: "Gottseidank!" Darüber hatte der Sänger vergessen seine Mundharmonika auszutauschen. Er hatte in einem Korb am Mikroständer vier oder fünf verschiedene, die er durchwechselte. "Hätte doch keiner gemerkt!" kam vom Kid Rock Freund, "oh doch, das hättet ihr!"

Der Abend machte enorm viel Spaß. Musikalisch war es toll, aber vor allem das Ambiente (und das enorm angenehme und leise zuhörende Publikum) waren wundervoll. Wer die Möglichkeit hat, Dirk Darmstaedter in sein Wohnzimmer einzuladen, sollte das unbedingt machen**, wer mal in Mendig ein Konzert sehen möchte, dringend Maike und Carstens Website besuchen. Beides kann ich wärmstens empfehlen! 


Setlist Dirk Darmstaedter, Wohnzimmerkonzert, Mendig:

01: I'd do it again
02: We beat the drum
03: Learn to love what's killing me
04: This side of tomorrow
05: Appletown, America
06: I won't give up on you
07: Time to put the hammer down
08: Beautiful love
09: Won't die for you

10: The Queen of 32nd street
11: Fred Astaire
12: The last troubadour
13: Number one single
14: My girl in Paris
15: One step ahead of me
16: Appearances
17: (Chasing) My crooked shadow
18: All summer long
19: We are there

20: Walking with your shoes tied together (Z)
21: Julie thru the blinds (Z)


* falsch! Die Anlage gehört zum Haus! Umso beeindruckender!
** hier geht das



2 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Zu erwähnen wäre noch das excellente Catering und die liebevollen Blumensträuße (ganz zu schweigen von dem wuunderschönen Garten...)

Christoph hat gesagt…

Absolut!

 

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