Mittwoch, 25. April 2012

Arlt & Mariee Sioux, Paris, 22.04.12


Konzert: Arlt & Mariee Sioux

Ort: La Fabrique des Balades Sonores
Datum: 22.04.2012

Zuschauer:mindestens 30, für den kleinen Laden waren das sehr viele
Konzertdauer: jeweils etwa 35-40 Minuten



Arlt gehören zu jener kleinen Gruppe französischer Bands, die ich noch nie gesehen hatte. Viele French-Poper- und Folker sind mir in den letzten Jahren nicht durch die Lappen gegangen und wenn dann hatte ich in der Regel keinen Bock ihre Konzerte zu besuchen.

Bei Arlt war das anders. Die Musik, die ich von ihnen kannte, mochte ich, ich kam lediglich nie dazu, einen ihrer Auftritte zu sehen.

Heute nun endlich die Gelegenheit Versäumtes nachzuholen. Tatort war der kleine Laden der Ballades Sonores, in dem immer häufiger kurze Gratiskonzerte veranstaltet werden. Viele Leute passen in den CD-und Klamottenshop nicht rein und so war es auch heute wieder proppenvoll in der "Fabrique." Aber Arlt bewiesen sehr viel Talent beim Performen auf engem Raum. Sängerin Eloise Decazes sang sogar oft genau vor oder zwischen den Leuten, wobei ihre verträumten Blicke anscheinend ins Leere gingen. Sie verstand sich auf ein sehr theatrales Spiel, agierte wie im Halbschlaf bzw. wie eine Traumwandlerin. Ihre hübschen blaßblauen Augen waren weit geöffnet, schauten aber niemand Bestimmten an. Auch ihr männlicher Partner Sing Sing sang und konterte jeweils ihre Parolen, so daß ein verführerisches Spiel entstand, daß wie ein Liebeswerben erschien. Man neckte und man bezirzte sich, näherte sich an, um dann wieder auf Distanz zu gehen und so weiter und so fort.

Die beiden Franzosen sangen in ihrer Landessprache und erinnerten mitunter an alte Größen des Chanson wie Brassens, Brigitte Fontaine, Barbara oder auch Serge Gainsbourg, obwohl ihrer folkig/bluesigen Musik auch eine moderne und internationale, bisweilen gar noisige Note innewohnte. Sie hatten auch noch einen dritten Musiker dabei, keinen Geringeren als Mocke Depret, der männliche Part des berühmten gemischten Duos Holden, der ganz im Hintergund E-Gitarre spielte, während Sing Sing vorne auf der Akustischen zupfte. Eloise spielte kein Instrument, sie konzentrierte sich auf ihren Gesang und ihre ausdrucksvolle Gestik und Mimik.

Gespielt wurden Chansons von beiden Alben, dem Erstling La Langue (2010) und dem nagelneuen Werk Feu La Figure, dessen Erscheinungstermin auf den 23. April festgelegt ist. Eher spartanisch instrumentierte Lieder, die deshalb auch unter den heutigen Konditionen gut reproduziert werden konnten. Arlt brauchen nicht viel technischen Schnickschnack um ihre Musik zu spielen, da lebt vieles von den beiden Stimmen (ihre sinnlich hoch, seine tief brummelnd), der sinnlich- melancholischen Grundstimmung, dem akutischen Guitarpicking von Sing Sing.


Aber ihre neuen Stücke schienen mir rauer, aggresiver zu sein, mehr Drive zu haben. Le Pistolet z.B, kam ganz schön gepeffert rüber. Die Lieder zum Schwofen wie Chien Mort, Mi Amor sind allerdings geblieben,obwohl die Elektrische von Mocke im Klangbild immer wichtiger zu werden scheint.

Arlt - Chien Mort, Mi Amor (7'' version) by AlmostMusique



Eine älteres Lied namens Je voudrai être mariée hatte einen ganz besonderen Text zu bieten. Da sang Elise eindringlich von dem Wunsch verheiratet und schwanger zu sein, sagte aber hinter schmunzelnd, daß sei nicht umbedingt auf sie anzuwenden.

Arlt - Je voudrais être mariée by AlmostMusique

Das dicht an dicht stehende Publikum zeigte sich enorm begeistert und applaudierte regelmäßig lang und ausdauernd und stürzte sich auf die neue CD, die es exklusiv bereits hier einen Tag vorher gab. Ich ging allerdings leer aus, alle Exemplare waren ruckzuck ausverkauft.

Arlt muss ich mir unbedingt noch eimal ansehen! Am 16. Mai im Café de la Danse wird hierzu die Gelegenheit sein.


Danach leerte sich der Shop etwas und ein paar Leute zogen schon ab. Da gerade die Sonne schien, bat man die Kalifornierin Mariee Sioux doch einfach draußen vor der Türe zu spielen. Da wiegelte sie aber sofort ab, sie ist wohl wärmere Temperaturen gewöhnt. Statt in der Pariser Aprilkälte zog es die 27 Jährige vor, im kuscheligen Inneren zu bleiben, wo sie es sich auf einer urigen Kommode bequem machte. Ihre beiden männlichen Mitmusiker halfen ihr erneut bei den meisten Liedern aus. Ihr Lebensgefährte Sean Kae spielte Autoharp, der Halbhandschuhe tragende Jeff Mason Bass. Die performten Songs enstprachen weitestgehend denjenigen, die sie auch in anderen Showcases gespielt hatte, allerdings klang kein Set genau wie das andere. Die jeweilige Interpretation wurde immer etwas variiert, so daß es nie langweilig wurde. Ein Stück, daß ihr offensichtlich sehr wichtig war, war Old Magic. Es sei ihrer Heimat Kalifornien gewidmet und handelte textlich von Delphinen, Elch-Zähnen und Schlangen, was ihren starken Bezug zur Natur-und Tierwelt unterstrich (die Lyrics von Mariie Sioux handeln oft von Schlangen, vermutlich auch im übertragenen Sinne).


Einen besonderen Bonus gab es mit Two Tongues. Dieses wundervolle Stück spielte sie im Rahmen ihrer fünf Paris-Konzerte nur hier heute und tat mir damit einen großen Gefallen, denn ich hatte es besonders beim Auftritt im Café de la Danse vermisst.

Insgesamt ein ganz toller Showcase mit zwei Acts, die beide beim hervorragenden französischen Label Almost Musique unter Vertag stehen.

Setlist Mariee Sioux @ Fabrique des Balades Sonores

01: Homeopathic
02: Ghosts On My Heart
03: Swimming Through Stone
04: Flowers & Blood
05: Old Magic
06: Two Tongues

- Sehr lesenswert: das Klienicum zu Arlt.




1 Kommentare :

E. hat gesagt…

ach schön, endlich arlt. sehr fein.

 

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