Freitag, 16. Oktober 2009

Peter Björn and John, Paris, 15.10.09


Konzert: Peter Björn & John (Local Natives, Ex-Lovers), Inrocks Indie Club

Ort: La Maroquinerie, Paris
Datum: 15.10.2009
Zuschauer: so einige, es war aber wahrscheinlich nicht ganz ausverkauft Konzertdauer: Peter Björn & John: etwa 70 Minuten



Björn und John hießen meine ersten Idole der Popkultur. Sie machten allerdings keine Musik, sondern spielten Tennis. Ich rede natürlich von Björn Borg und John McEnroe. Die beiden langmähnigen Burschen dominierten zu einer Zeit den weißen Sport, als Tennis sich noch wie Rock'n Roll anfühlte. Man las von durchzechten Nächten, ständig wechselnden Freundinnen (logischerweise alle Fotomodelle) und auch von sonstigen Exzessen. Trotzdem standen sie am nächsten Tag auf dem Platz und gewannen ihre Matches. Heutzutage undenkbar, bei der Leistungsdichte und Athletik. Dank Björn Borg hörte ich als kleiner Junge auch zum ersten Mal von einem schönen Land namens Schweden. Ich konnte mir damals gar nicht richtig vorstellen, daß man so weit Im Norden überhaupt leben kann. Aber über die Fernsehsendung Michel aus Lönneberga erfuhr ich später sogar, daß auch dort zumindest im Sommer die Sonne scheint. Und noch ein paar Jahre darauf hörte ich interessiert zu, wenn Männer von den unglaublich hübschen, blonden Schwedinnen schwärmten.

Nach Schweden zu reisen, habe ich trotzdem nie in die Tat umgesetzt. Aber hinsichtlich der Mädchen ist das verschmerzbar, denn man muss in Paris einfach nur zu einem Konzert von schwedischen Künstlern gehen, um auf blonde, blauäugige Skandinavierinnen zu treffen. Heute beim Konzert von Peter Björn und John standen gleich vier Mädels dieser Gattung direkt vor mir und genossen den Gig tanzenderweise in vollen Zügen. Schade, daß diese Euphorie nicht auf mich überschwappte, denn ich persönlich fand das Konzert in musikalischer Hinsicht eher mittelmäßig. Das lag zum Großteil am nicht überzeugenden, neuen Songmaterial. Weder Nothing To Worry About, noch Living Thing oder It Don't Move me stießen in der Anfangsphase auf meine Gegenliebe. Zuviel Keyboard und zu wenig Seele, so mein Eindruck. Wobei man den Jungs fehlenden Einsatz keineswegs vorwerfen kann. Spielfreunde, Dynamik und Bewegung waren reichlich vorhanden, Peter Morén hüpfte sogar durch die Gegend als hätte er Sprungfedern unter den Füßen! Nicht nur deshalb erinnerte er mich an die Typen von den Bishops oder auch Alex Kapranos. Auch die Vorliebe für leicht schmalzigen Sixties Pop teilt er mit den Bishops und hinsichtlich der Ausstrahlung offenbarte sich mir gar ein schwedischer Roy Black! Romantischer Blick, tadellos sitzendes weißes Hemd, Typ Rosenkavalier. Den Frauen gefiel's logischerweise, mir hingegen fehlten die richtig guten Songs. Ein paar Highlights waren ja dabei, zum Beispiel der Schmachtfetzen Teenage Love, ein altes Cover von den Concretes, oder natürlich die auch kommerziell ungemein erfolgreiche Pfeif-Hmyne Young Folks. Damit waren die besten Momente aber bereits aufgezählt, sieht man einmal davon ab, daß mit einem lange ausgekosteten Up Againt The Wall ein recht fulminantes Finish aufs Parkett gelegt wurde. Fulminant vor allem deshalb, weil mitten in den Song eine Passage eingebaut wurde, in der Peter Móren den Joy Division Klassiker Transmission (Refrain: "Dance dance, dance to the radio") mit viel Inbrunst schmetterte. Wären Peter Björn and John doch so grandios wie Ian Curtis und seine Bande, dann wäre das heute ein Fest geworden! So aber war es unter dem Strich nur ein okayes Konzert, das allerdings zugegebenermaßen beim Publikum gut bis sehr gut ankam.

Und an das Charisma von Björn Borg und John McEnroe kommen Björn Ytlling und John Eriksson sowieso nicht heran!

Begeisterter war ich hingegen von der Vorgruppe Local Natives aus den USA. Würde ich amerikanische Blogs lesen, hätte ich sicherlich schon längst von ihnen erfahren. So aber ging ich unvoreingenommen und in freudiger Erwartung an die Erkundung dieser Band heran und konnte hinterher auch ein recht positives Fazit ziehen. Die fünf Heißsporne spielten ungemein frisch und schwungvoll auf, wechselten immer mal wieder die Instrumente durch und euphorisierten mit etlichen Indiepop - Leckerbissen. Das recht früh gebrachte Airplanes berauschte mit einer tollen Gitarrenmelodie, perkussivem Schlagzeug (die Dodos lassen grüßen!) und einem einprägsamen Refrain ("I want you back"), das Talking Heads Cover Warning Signs machte sich in neuem Gewande sehr gut und das abschließende Sun Hands kam ungemein fetzig, druckvoll und siegessicher daher.

Insofern hätten die Local Natives eigentlich alle Qualitäten, um für Furore zu sorgen. Wenn es da nicht ein Problem gäbe: Bands wie Grizzly Bear, Yeasayer, Clap Your Hands Say Yeah, Born Ruffians, Fleet Foxes, Jonquil, Animal Collective, The Dodos, Broken Social Scene und etliche andere haben einen ähnlich klingenden Sound schon vor ein paar Jahren gebracht. Stört man sich nicht an solchen Parallelen, wird man sicherlich das im Janur 2010 erscheinende Debütalbum heiß und innig lieben. Starke Songs haben sie ja.

Setlist Peter Björn and John, La Maroquinerie, Paris:

01: Start To Melt
02: Nothing To Worry About
03: Living Thing
04: It Don't Move me
05: Lay It Down
06: Teen Love
07: I Just Wanna (See Through)
08: Big Black Coffin
09: Young Folks
10: Up Against The Wall

11: Just The Past (Z)
12: Objects Of My Affection (Z)

Setlist Local Natives, La Maroquinerie, Paris:

01: World News
02: Camera Talk
03: Airplanes
04: Cards & Quarters
05: Wide Eyes
06: Warning Sign
07: ?
08: Who Knows Who Cares
09: Sun Hands

Achso, ganz am Anfang spielte auch noch eine Band aus England. Ex-Lovers hatte ich allerdings verpasst. Mein Freund Philippe, der dabei war, zeigte sich extrem angetan. Die feinen Popsongs auf der MySpace Seite der Band klingen in der Tat sehr hübsch. Hit ist das an The Smiths erinnernde You Forget So Easily.




 

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