Dienstag, 10. Januar 2012

My Year In Lists: die 10 besten Konzerte des Jahres (Claudia)


2011 hab auch ich endlich angefangen meinen Erlebnis- und Gedankenoutput niederzuschreiben und habe festgestellt, daß mir das zu Konzerten um ein vielfaches besser gelingt als zu Tonträgern, meine Sinneswahrnehmung scheint vermutlich eher einfach gestrickt zu sein. Allerbesten Dank daher an das Konzerttagebuch, daß ich mit meinen liebsten 2011-Konzerten hier nun verewigen darf!

10: Asobi Seksu/My Little Pony, Hafen 2, Offenbach


Ich sprach meine Sinneswahrnehmung an, so muß ich noch hinzufügen, daß Konzerterlebnisse für mich zumeist eng mit An- und Abfahrtserlebnissen verknüpft sind, natürlich machen diese ein Konzert unwesentlich besser oder schlechter, beeinflussen (mich) aber definitiv.

So durfte ich eine wunderschöne Fahrt entlang meiner Lieblingsbahnstrecke am Rhein zwischen Bonn und Koblenz und einen entspannten Frühlingsabend am Hafen 2 in Offenbach erleben. Den eigentlichen Hauptact, Asobi Seksu, wollte ich schon lange sehen und sie haben es immerhin geschafft mit My Bloody Valentine'scher Lautstärke in meiner Erinnerung zu bleiben. Helden des Abends waren aber ohne Zweifel die norwegischen Jungs und Mädchen von My Little Pony. Soviel Sympathie und subtilen Humor habe ich selten bei Liveauftritten von Bands erlebt. Großartig!

09: Samba, BootBooHook Festival, Hannover


Das nächste Konzert und sein drumherum war eine absolute Überraschung. Hannover-Linden plus Limmerstraße plus Kulturzentrum Faust e.V. plus BootBooHook Festival gleich ganz große Liebe. Denn was Tapete Records da veranstaltet haben kann sich in der sommerlichen Festivallandschaft mehr als sehen lassen, klein und familiär, gefühlt im Grünen und doch quasi mitten in der Stadt und ein hervorragendes Line Up, z.B. Young Rebel Set, Thees Uhlmann, Kreidler, Moritz Krämer, Bonaparte..) Danke für ein Wochenende voller Seligkeit. Mit Samba hab ich mich im Vorfeld zugegebenermaßen wenig beschäftigt, vor allem waren sie mir aufgrund eines Bandshirts eines Freundes ein Begriff. Der ungequälte deutscher Gesang und dazu eine gute Mischung aus Routiniertheit und Spielfreude passten sehr perfekt in die zum Gelände gehörende 60-er-Jahre-Halle.

08: Talking to Turtles, Druckluft, Oberhausen


2009 bereits als Supportband von Angus & Julia Stone gesehen und für niedlich, aber eher langweilig befunden, 2011 scheint aber das Jahr der beiden Leipziger gewesen zu sein. Zunächst auf dem Orange Blossom Special in der Mittagssonne geglänzt und dann als eigenes Clubkonzert im mittlerweile renovierten, aber immer noch punkig-charmanten Oberhausener Druckluft vollends meine Sympathie, nicht zuletzt dank ihres tollen neuen Albums, auf ihre Seite gezogen.

07: Locas in Love, Sissikingkong, Dortmund


Mit Locas in Love verhält es sich ähnlich wie mit mir und Samba zuvor: unser Verhältnis ging kaum über bloße Bekanntheit hinaus. Da das Sissikingkong im problembehafteten und viel diskutierten Dortmunder Norden aber ein zusätzlicher Anreiz war, zu sehen, was für eine Band selbst von „Deutschpop“-Hassern gelobt wird, nichts wie hin. Toll!

06: The Pains of Being Pure at Heart, FZW, Dortmund


Auch bereits der wiederholte Liveversuch. Ebenfalls 2009 im Kölner Luxor ging das ziemlich nach hinten los, was in dem Club aber kein Wunder ist. Das sonst ziemlich sterile neue FZW Dortmund kann da mehr: gute Bühnengröße und -höhe, gute Technik und Abmischung, soweit das meine eher laienhaften Ohren beurteilen können, da kann eine super Band ja nur super rüberkommen. Und das sage ich nicht, weil Sänger Kip Berman ein Belle & Sebastian-Shirt trug.

05: Jens Lekman, Robert-Schumann-Saal/New Fall Festival, Düsseldorf


Ein erneuter (nach 2010) und ein vermasselter Konzertversuch von 2008, damals verprach ich in einer Bierlaune einem Freund am selbigen Tag zur Record Release Party seiner Band zu kommen, sie würden für mich auch „Black Cab“ covern - an diese Abmachung hielt er sicht leider nicht - machten klar, ich muss Jens Lekman diesmal (wieder)sehen. Erwähnter Song hat mich in den vergangenen Jahren bei so vielen Aufs und Abs begleitet, daß es einfach unumgänglich war, diese nächste Gelegenheit zu nutzen. Ohne Band, sondern nur mit Unterstützung eines Schlagzeugers, später durch einen kleine Zauberdrumelectrokiste ersetzt, strahlte Jens Lekmans Schwiegersohn-Aura durch den kompletten Saal. ...und wie gut er singen konnte. Drei Zugaben im Seifenblasenregen für sich und einen sicheren Platz unter meinen Top 10-Konzerten des vergangenen Jahres.

04: Amanda Rogers, AZ Mülheim an der Ruhr


Ich mag Konzerte an unkonventionellen Orten und noch spannender wirkt es auf mich, wenn der auftretende Künstler zunächst so gar nicht dazu passen mag. In diesem Fall also ein abgerocktes, autonomes Zentrum im Ruhrgebiet, eine große Lagerhalle mit kaputten Sesseln und Sofas, improvisierte Einrichtung und die elfenhaft-zerbrechlich wirkende Amanda Rogers. Auf den zweiten Blick vereint sich beides dann allerdings doch ziemlich harmonisch, betrachtet man Amanda Rogers' Hardcore-Vergangenheit und ihren veganen Background. Die Frau mit den längsten haaren der Welt schafft es immer wieder nur durch sich und ihr Klavier eine Konzertatmosphäre zu schaffen, die beinahe andächtig wirkt. An diesem Abend hätte ich im Vorfeld lieber eine laute Band oder mindestens was mit Schlagzeug sehen wollen, diesen Wunsch musste ich im Nachhinein, zu recht, intensivst revidieren.

03: Kreidler, Landschaftspark-Nord/Traumzeit Festival, Duisburg


Hierzu kann ich wenig sagen, außer: Industrieruinen in einem meiner Lieblingsparks und dazu Musik, geht’s noch besser? Kaum. Ich habe in Erinnerung, daß Kreidler spät spielten, weiß es aber nicht mehr, weil ich betrunken war, aber besser als so ging in dem Moment für den Auftritt der Düsseldorfer in der spaceshuttlehaft illuminierten Gebläsehalle im Landschaftspark auch nicht. Kreidlers Krautgepluckere vermischte sich dort als eine große, bunte Weltraumblase. Ein großartiges Erlebnis.

02: Marissa Nadler, Grammatikoff, Duisburg


Wie oft hab ich mich auf Konzerten über quatschende Leute Leute neben mir aufgeregt, wie oft über knutschende Pärchen, über Rempler, Mitfilmer oder laut und noch viel falscher Mitsingende. Zählen lohnt nicht, aber jedes Mal war einmal zu oft. Bei Marissa Nadler im Grammatikoff gabs all dieses nicht. Es war das leiseste und respektvollste Konzert, daß es je gegeben hat und wird, dessen bin ich mir sicher. Und das gilt für alle Seiten, Publikum, Künstlerin und Thekenpersonal, das die lautbrummenden Getränkemaschinen erst zum Applaus bediente. Chapeau an alle beteiligten, das war wunderschön!

01: Dan Mangan, Orange Blossom Special, Beverungen


Das Orange Blossom kann man nur ansatzweise versuchen zu erklären, wobei man da eigentlich nur scheitern kann, Beschreibungen wie „bestes kleines Festival“, familiäre Atmosphäre, Familientreffen mit sorgfältig ausgewählten Bands, von denen viele im Laufe der Jahre auch zu Freunden geworden sind, trifft lediglich einen Teil des großen Glückseligkeitsapparats, den die Glitterhouse-Crew alljährlich an Pfingsten auf die Beine stellt. Das Orange Blossom ist für mich das, was das Haldern immer verspricht zu sein und die Großartigkeit des Weserberglandes dürfte sich inzwischen weit herumgesprochen haben, denn nicht umsonst ist die 2012-Ausgabe des OBS' mittlerweile ausverkauft. Und was soll anders dabei herauskommen, wenn mein Seligkeitskünstler Dan Mangan auf meinem Seligkeitsfestival Orange Blossom auftritt, als Platz 1 der Lieblingskonzerte? Schaut und hört selbst:






1 Kommentare :

Christoph hat gesagt…

Warum hört denn nie jemand auch mich! Ich rede mir den Mund fusselig, wie gut Locas In Love sind!

Talking To Turtles, Jensemann und die Pains Of Being Pure At Heart hätten auch gut und gerne in meine Liste gehört.

 

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