Konzert: Warm Graves
Ort: Gamla Bió, Reykjavik (Iceland Airwaves Festival)
Datum: 05.11.2016
Dauer: gut 30 min
Zuschauer: ein paar hundert
Nach 25 Minuten nahm der Keyboarder von Warm Graves zum ersten Mal seinen Finger vom Instrument. Da hatte die Band aus Leipzig drei Lieder gespielt, die allerdings fast wie eines wirkten. Dadurch, daß auch in den Pausen immer wabernde Keyboard-Töne zu hören waren, waren die Lieder ohnehin nicht abgeschlossen.
Wie bei vielen Konzerten des Festivals hatte ich keine echten Erwartungen. Ich kannte Warm Graves nicht, ich hatte keine Chance, in die bei Soundcloud bereitgestellte Platte Ships will come reinzuhören (die physisch bei This Charming Man Records erschienen ist). Die Festival-App, die mein Zeitplan war, hatte als Referenzen Arcade Fire oder Godspeed You! Black Emperor genannt, da konnte schon nicht viel schiefgehen.
Der Auftritt der dreiköpfigen Band (Keyboard, Gitarre und Schlagzeug) begann herrlich unkonventionell: gut vier Minuten lang waren nur sphärische Gitarren- und Keyboard-Nebel zu hören, bevor mit dem Einsetzen des Schlagzeugs so etwas wie ein Startsignal erfolgte. Als der Gesang des Gitarristen einsetzte, fühlte ich mich an Wu Lyf erinnert, diese kurzlebige Band aus Manchester, die erst einmal dadurch auffiel, daß niemand etwas über sie wusste, dann aber herrlich düstere Musik veröffentlichte. Der gebrüllte, aber irgendwo ganz im Hintergrund stattfindende "Gesang" bei Warm Graves, von dem man nichts verstand, erinnerte mich sehr an Wu Lyf. Beim zweiten Lied (The cold woman) verstand ich dann die Arcade Fire Referenzen, der erste Teil des Textes hätte der von Tunnels sein können. Aber der Gesang ist nicht darauf ausgelegt, ihn zu verstehen, daher kann ich nicht überprüfen, ob wirklich "And if my parents are crying then I'll dig a tunnel from my window to yours" gesungen wurde. Mir gefällt die Idee.
Die Stilmittel, mit denen Warm Graves arbeiten, erscheinen mir als Laien nicht als besonders kompliziert: das eindringliche Schlagzeug klang eher monoton, die Melodien nicht schrecklich komplex und die Texte, nun, zu denen kann ich ja nichts sagen, weil ich nicht mal die Sprache erkennen konnte. Trotzdem war der Auftritt schlicht und einfach brillant und wurde gefeiert!
Vielleicht waren die Booker begeistert davon, daß es auch außerhalb ihrer Insel isländische klingende Bands gibt. Weil am Abend noch Kate Tempest oder Gangly im gleichen Saal auftreten sollten, war das Gamla Bió schon voll. Und obwohl Warm Graves nicht wenig experimentell klingen, blieben alle und feierten sie.
Setlist Warm Graves, Gamla Bió, Reykjavik:
01: Best Ezra
02: The cold women
03: Headlines
04: Roleaux
Links:
- aus unserem Archiv:
- unsere Berichte von Iceland Airwaves 16
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