Freitag, 18. November 2016

The Human League, Köln, 15.11.16


Konzert: The Human League
Ort: Live Music Hall, Köln
Datum: 15.11.2016
Dauer: gut 80 min
Zuschauer: ausverkauft



"Ich weiß nicht, ob ich hingehe. Das ist ja ein Hochrisiko-Konzert." - "Hochrisiko-Konzert?" - "Weil es ein riesiger Flop werden kann."

Als wir in der wenig geliebten und völlig überfüllten Live Music Hall angekommen waren - kurz bevor The Human League auftraten - schien meine Einschätzung richtig gewesen zu sein. Auf der Bühne standen zwei Keyboard-Türme und ein Schlagzeug, einheitlich weiß und aus Kunststoff - Luigi Colani Edition. Als die Band um zehn nach neun auf die Bühne kam, erst die beiden Keyboarder und der Schlagzeuger, dann die beiden Sängerinnen Joanne Catherall und Susan Ann Sulley und zuletzt Philip Oakey, war ich sicher, das es mit viel Wohlwollen und Fantum ein okayer Abend werden würde. Das Bühnenbild, das an "'Die Carmen Nebel Show' oder 'Ein Kessel Buntes'" erinnerte (Facebook), die beiden tänzelnden und "uh uh" singenden Schulfreundinnen Susan und Joanne, dazwischen der Sänger, der eine kleines Schwarzes anhatte. Puh.

Dann geschah allerdings etwas Merkwürdiges. Die Lieder taugten etwas. Nein, sie taugten sogar viel. Mirror man zum Auftakt ist einer dieser Hits, die jeder über 40 kennt. Ich hatte das Lied seit Jahrzehnten nicht gehört, wusste aber auch noch, daß es das gibt. Und obwohl auf der Bühne alles nach einer Modern Talking Reunion-Show aussah, war es musikalisch so gar nicht dazu passend. Es war gut. Philip Oakey hat auch live (oder gerade live) eine eindrucksvolle Stimme. Wenn es zu hoch ging, merkte man, daß seine Stimme über 60 ist, all die tiefen Passagen waren brillant.

Während Mirror man war mir bereits klar, daß hier nichts schiefgehen würde. Vor ein paar Jahren habe ich meine alten Helden The B-52's zum ersten Mal live gesehen. Auch da war der erste Eindruck schwierig, das Konzert aber wundervoll, ebenso bei OMD im vergangenen Sommer. 


Außer den beiden Liedern, die man auch als Radioverweigerer immer mal wieder hört (Human und Don't you want me), habe ich bewußt seit den 90ern nichts mehr von The Human League gehört. Trotzdem kannte ich die meisten Stücke. Und so wurde das Konzert mehr und mehr zu einer Art Klassentreffen nach 25 Jahren, zu dem aber nur Leute kommen, die man damals mochte und die auch heute noch toll sind. Menschen die man aber komplett vergessen hat.

The Lebanon. Was für ein großartiger Song! Oder Open your heart!

Da die letzten beiden Alben 2011 und davor 2001 erschienen sind (der offizielle Grund der Tour ist eine Anthologie - A Very British Synthesizer Group, die heute veröffentlicht wird), spielte The Human League vor allem alte Lieder. Was ich nicht kannte, war neu. 

Die Showelemente blieben das ganze Konzert über schwierig. Bei The sound of the crowd (von 1981), kamen die beiden Keyboarder nach vorne und hatten ihren Kommandotürmen Umhänge-Keyboards entnommen. Es war nicht nur musikalisch eine Reise in die goldenen Jahre der Popmusik.

Die Kostüme wurden immer wieder gewechselt. Allerdings eher von Philip als von den beiden Sängerinnen. Joanne und Susan zogen sich nur zweimal um. Nach den weißen Kleidern kamen dunkle, danach wurde es revuegirlhafter. Das große Umkleiden gab es beim glatzköpfigen Sänger. Nach dem schwarzen Lederkleid trug er u.a. einen Frisörumhang, Hemd und Hose, ein Rüschenhemd und zur Zugabe weiße Hose mit weißer Regenjacke mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze.  Dazu liefen hinter der Band Animationen, die vor allem Computerspiele der 80er Jahre zeigten.


Das war alles sehr gut und kurzweilig! Human, einen der größten Hits, versauten The Human League allerdings. Das Stück klang gelangweilt und runtergenudelt. Vielleicht ist es auch kein gutes Livelied. Ich finde es aber ganz gut, wenn eine Band ihren großen Hit versaut, weil das ein wenig die straft, die nur wegen des einen Lieds kommen. Chumbawamba haben das mit großer Eleganz mit ihrem Tubthumping gemacht - es nur kurz angespielt, sodaß man sich auf all die anderen Perlen neben dem einen Star konzentrieren konnte. 

Anders die letzten 10, 15 Minuten des Abends. Das letzte Lied vor den Zugaben war der andere große Hit. Anders als Human war Don't you want me fantastisch! Das Lied ist gut gealtert! Das gilt uneingeschränkt auch für die beiden Zugaben Being boiled und Together in electric dreams. Welch ein Konzertende!

Gäbe es heute abseits unerer kleinen Indieszene noch Bands wie The Human League, würde ich vielleicht auch wieder Radio hören. 

Setlist The Human League, Live Music Hall, Köln:

01: Mirror man
02: Sky
03: The sound of the crowd
04: Love action (I believe in love)
05: Filling up with heaven
06: Heart like a wheel
07: Soundtrack to a generation
08: Seconds
09: The Lebanon
10: One man in my heart
11: Human
12: Stay with me tonight
13: Open your heart
14: Tell me when
15: (Keep feeling) Fascination
16: Don't you want me

17: Being boiled
18: Together in electric dreams 



 

Konzerttagebuch © 2010

Blogger Templates by Splashy Templates