Mittwoch, 19. September 2012

Ed Sheeran, Göttingen, 15.09.12


Konzert: Ed Sheeran

Ort: Göttingen (NDR 2 Soundcheck Neue Musik Festival)
Datum: 15.09.12
Zuschauer: ausverkauft, 1500
Konzertdauer: 90 Minuten


Bericht und Fotos von Karina S, Erstveröffentlichung auf ihrem Blog Beautiful Heat


Göttingen (NDR 2 Soundcheck Neue Musik Festival); ausverkauft (1.500 Zuschauer); ca. 90 Minuten

“If you’re too cool to sing – probably the wrong gig for you.”

In der Warteschlange für Ben Howard fühlte ich mich als Musikliebhaber unter Musikliebhabern. In der Warteschlange für Ed Sheeran fühlte ich mich einfach nur alt. Der Künstler selbst ist gerade mal 21 Jahre jung und dementsprechend war auch sein Publikum. Jung. Und weiblich. Die Mädels neben mir unterhielten sich über ihre Klassenfahrt und über Jungs, die “schon in der 11ten wären”, hinter mir ging es um die nächsten Klausuren und die Mädels vor mir trugen Zahnspange. Ja, ich fühlte mich wie die Mutti unter den Wartenden. Hätte gut ein paar Lebensweisheiten oder schlaue Ratschläge verteilen können. Durch die vorherige Warterei war auch mein Rücken nicht mehr der fitteste. Aber genug gejammert.

In der Halle angekommen zahlte es sich dann aus, die Mutti zu sein. Die Mädels waren nämlich alle noch im Wachstum, will heißen: obwohl ich nur irgendwo in der Mitte meinen Platz fand, konnte ich super über alle hinweg weg schauen und hatte einen guten Blick auf die Bühne.

Als Ed Sheeran die Bühne betrat, wurde er begeistert empfangen. Und mit “begeistert” meine ich dem Fall nicht nur Jubeln und Klatschen, nein, die Mädels hatten Stimmkraft. Es wurde geschrien was das Zeug hält. So muss es damals bei den Backstreet Boys gewesen sein. Es ist übrigens nicht ganz richtig wenn ich das Publikum als “die Mädels” betitele, denn es befanden sich natürlich auch Jungs und sogar Leute in meinem Alter (und älter! Ha! Was für eine Erleichterung!) unter den Anwesenden. Aber der Großteil war nun mal weiblich und jung.

Nachdem die Mädels also mit dem Schreien fertig waren , begann Ed Sheeran gemeinsam mit Trevor (der Gitarre*) sein Konzert. Der erste Song “Give me Love” startete ruhig, steigerte sich dank Loop-Machine – durch die Ed seine eigenen Backing Vocals erzeugte – ging über in ein furioses Gitarrenspiel, wurde dabei begleitet von zuckendem Scheinwerferlicht und endete in Chorgesängen. Was für ein Auftakt!

Ed machte direkt deutlich was er von seinem Publikum erwartete: Stimmengewalt. Er hüpfte wild von rechts nach links über die Bühne und teilte das Publikum in lower und upper harmony. Machte die Probe und entschied dann, dass wir für den Abend sein Gospel Chor sein sollten.

Es folgte das Jamie Moon Cover “The Wayfaring Stranger”. An der Stelle lobte er das Publikum: Es wäre immer toll in Deutschland zu spielen, denn das Publikum wäre so ruhig. Bei seinen ersten Auftritten hätte ihn das verwirrt und er noch gedacht, dass die Deutschen ihn vielleicht nicht mögen, dankte dann aber für diese Wertschätzung und Achtung der Musik. Bei ruhigen Songs könne man Stecknadeln fallen hören und er schätze das sehr.

Ed, der momentan eigentlich auf Tour durch die USA und Kanada ist, machte aber auch deutlich, dass er nicht um die halbe Welt geflogen wäre, um sein Set nach einer Stunde zu beenden. Da es eine Radioshow wäre, würde er ein reguläres 60 Minuten Set spielen, danach aber – sofern das Publikum denn will – würde er so lange spielen wie die Veranstalter ihn lassen und “everything could happen”.

“You need me, I don’t need you” das vorletzte Lied des Sets ist die aktuelle Single und sie gefällt mir sehr viel besser als “A-Team” der Song, mit dem er bekannt wurde. Da wo Rockbands das Publikum mit lauten und schnellen Nummern in Extase treiben, da redet (rappt?) Ed sein Publikum schwindelig, erzählt seine Geschichte, beatboxt sich seinen Rhythmus und lässt – natürlich – auch die Zuschauer ihren Teil beitragen. Und so schallte es dann auch von rechts durch die Stadthalle “woop woop” und die linke Seite antwortete mit “that’s the sound of the police” Albern? Vielleicht. Witzig und unterhaltsam allemal.

Überhaupt plauderte und scherzte Ed viel mit seinem Publikum und ließ seine Augen immer wieder durch die Reihen schweifen. Ich mag das ja. Ich mag, wenn das Publikum eben nicht nur zum Zuhören und Zusehen verdammt wird, sondern wirklich wahrgenommen und einbezogen wird. Diese – ich nenn es mal Wertschätzung – bekam er vielfach zurück. Es machte einfach irre Spaß ihn und seine Spielfreude zu sehen. Kein Wunder, bei mehr als 300 absolvierten Konzerten allein im Jahr 2009, hat er gelernt was es heißt das Publikum für sich einzunehmen, ohne allerdings aufgesetzt oder einstudiert zu wirken. Dieser Typ ist echt, geht ganz und gar auf in seiner Musik und dem was er tut und ist dabei so unheimlich liebenswert.

Den regulären Abschluss des Sets bildete “The A-Team”. Begonnen als Gospel-Song der dann von lautem Jubel begleitet in seine Hit-Single umschwenkte. Gemeinsam mit der letzten Note verließ Ed dann auch die Bühne.

Es dauerte natürlich nicht sehr lange bis er wieder auftauchte. Leider übertrieb er es dann meiner Meinung nach ein wenig mit seiner Fanliebe. Ihm war vorher ein oranges Shirt mit einem Enten-Aufdruck auf die Bühne geworfen worden. Dieses trug er also als er die Bühne wieder betrat. Stellte nochmal klar, dass wir ab sofort “off the record” wären und legte mit dem Nina Simone Cover “Be My Husband” los. “Small Bump” folgte und als letztes Lied wieder ein Cover. Diesmal ein Cover von Foy Vance, der ihn auf seiner nächsten Tour supporten wird. Ed machte ein letztes Mal seinen Gospel Chor startklar und stimmte dann “Guiding light” an. Ein absolut tolles und so passendes Abschluss-Lied. Denn während Ed schon längst die Bühne verlassen hatte, stand der Göttingener Gospel Chor noch immer in der Stadthalle und ließ sich selbst von der Bühnencrew, die schon anfing abzubauen, nicht davon abhalten weiter zu singen “When I need to get home, you’re my guiding light, you’re my guiding light.” Selten so erlebt und unfassbar schön.


Setlist:

Give Me Love
Drunk
The Wayfaring Stranger (Jamie Moon Cover)
Grade 8
Lego House
You Need Me, I Don’t Need You
The Parting Glass (Traditional)
The A-Team
Zugabe:

Be My Husband (Nina Simone Cover)
Small Bump
Guiding Light (Foy Vance Cover)

(*Trevor wurde später durch Nigel ausgetauscht, nachdem zwei Saiten rissen)



2 Kommentare :

JiLa hat gesagt…

Eins der geilsten Konzerte die es je gab .... ed war traunhaft !!! Warum übertrieben mit der Fanliebe !? Ich fand es richtig cool das er das Shirt angezogen hat... zudem wenn man die Geschichte dahinter verstanden hat dann weiß man auch warum er es so mochte und weswegen diese aufschriften auf dem Shirt waren ^^

Mirka hat gesagt…

Hallo,
bei dem Konzert war ich auch dabei. Habe aber einiges etwas anders wahrgenommen. Ich bin den morgen extra aus Berlin gekommen um Ed zum 4. mal zu sehen. Und ich muss ehrlich sagen, dass ich mich mit meinen 21 Jahren dafür oft zu alt fühle und auch bei manchen Gigs das Gefühl hatte, die "Oma" bei den Konzerten zu sein. Doch diesmal war es eindeutig anders. Die Mädels, die mit uns "schon" Nachmittags anstanden (nicht wirklich schon, denn sonst muss man auch bei einem richtigen Musiker wie Ed bereits um 11 bzw 12 Uhr Vorort sein, um einen Platz in der ersten Reihe zu ergattern) waren nicht viel jünger als ich. Das Gefühl hatte ich eher bei den wenigen, bereits anwesenden Ben Howard Fans. Die Altersspanne der anwesenden Ed Fans zu dem Zeitpunkt betrug ca 17-35 Jahre, also recht gemischt.
Und auch den Punkt mit der "Fanliebe" (übertrieben Fanliebe von Ed) kann ich nicht unterschreiben. Er hat dieses Shirt nicht angezogen um uns (ja, das Shirt kam von uns, wie auch die Enten in Bochum, von denen er erzählte. Diese Enten haben eine besondere Bedeutung, die lustigerweise außer uns und Ed, obwohl es ihm nicht erklärt wurde, keiner versteht) einen gefallen zutun, sondern weil er einfach ein cooler Typ ist und solche Aktionen cool findet. Er kümmert sich sehr um sine Fans und das im richtigen Maße. Das Shirt hatte allerdings damit gar nichts zutun, die Geschichte dazu war der Grund dass er es anzog und nicht die Fanliebe. Die Fanliebe war der Grund dafür, dass er nach dem Konzert noch ewig Autogramme geschrieben hat und auch, dass er uns Trevors Saiten gegeben hat. Das sind 2 unterschiedliche Dinge :)
Sonst kann ich dir nur zustimmen, mit dem, was du geschrieben hast. Vor allem über Ed´s Show, das ist schon eine passende Beschreibung.
Wobei das erwähnte "reden" eher zu Rap zählt, und das ohne ein Fragezeichen o.Ä. dahinter zu setzen :D
Liebe Grüße

 

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