Sonntag, 17. April 2011

Noah And The Whale, Köln, 17.04.11


Konzert: Noah And The Whale
Ort: Luxor, Köln
Datum: 17.04.2011
Zuschauer: fast ausverkauft
Dauer: Noah And The Whale gut 80 min, Exlovers 30 min


Ich entdecke neue Musik - Bands oder Künstler - gerne live. Wer den Test nicht besteht, den muß ich
auch nicht auf Platte hören. Dummerweise bin ich gestern von diesem ungeschriebenen Gesetz abgewichen und habe mir das neue, mittlerweile dritte Noah And The Whale Album gekauft und freudestrahlend gehört. Zumindest bis die Musik einsetzte. Anderthalbmal habe ich seitdem Last night on earth laufen lassen, meine Enttäuschung ist unverändert groß. Mein Jammern über die zweite Platte, die mir viel zu weinerlich war und ein Konzeptalbum über Charlie Finks Trennung von Laura Marling war (vermutlich eher umgekehrt), erscheint mir heute unglaublich albern, zum einen, weil The first days of spring objektiv gut ist, zum anderen, weil sie so viel besser als die neue ist. Lange Rede, kurzer Sinn: ich habe seit gestern einige Male überlegt, nicht zum Konzert zu fahren.

Daß ich doch hingedüst bin, lag auch an der Vorgruppe Exlovers, die ich auch gestern erstmals gehört habe. Exlovers stammen aus London und bezeichnen sich selbst als
Shoegaze Dream-Pop Band. Die wenigen Stücke, die man bisher kaufen kann, haben mir sehr zugesagt, sie klangen zwar ein gutes Stück popiger als The Pains Of Being Pure At Heart, hatten aber einigen Charme.

Als ich abgehetzt im Luxor ankam, hatten die Londoner schon begonnen, bereits seit einer Viertelstunde. Beginn 20 Uhr stimmte nämlich wirklich. Na toll! Die Exlovers gefielen mir dann auch, wobei meine Euphorie vorher übertrieben war. Exlovers sind ein Quintett, veröffentlichen im Herbst ihr Debüt und waren nach einer halben Stunde durch.

Das Luxor war mittlerweile ziemlich voll, vermutlich aber nicht ausverkauft. Weil ab halb neun umgebaut wurde, konnte die Hauptgruppe bereits um kurz vor neun auf
die Bühne. Während die fünf Musiker auf ihre Positionen gingen, lief eine Introstück vom Band, ich denke, es war das Instrumentallied Paradise stars vom aktuellen Album. Noah And The Whale bestehen nach diversen Besetzungswechseln zur Zeit aus Sänger Charlie Fink, Geiger Tom Hobden (der exakt die gleiche Frisur hat), Bassist Matt Owens ("Urby Whale"), der als Kind Schauspieler war, Keyboarder Fred Abbott und Schlagzeuger Jack Hamson.

Obwohl wir hier schon über sieben Konzerte der Band seit 2008 geschrieben haben, habe ich Noah And The Whale noch nie richtig gesehen, lediglich einmal in Haldern und als Vorgruppe von Phoenix. Auch wenn das Kurzauftritte waren, reichten sie, mich von den Livequalitäten der Band zu überzeugen. Charlie Finks charismatische Stimme ist sicher das Besondere der Gruppe; auch live funktioniert das prima. Während sie den wundervollen Liedern der ersten Alben den letzten Pepp verleiht, kann sie die Schwächen der neuen Stücke nicht wegsingen. Songs wie Old joy, Wild thing oder L.I.F.E.G.O.E.S.O.N. sind mir viel zu flach und haben mit Perlen wie Jocasta, Shape of my heart oder Blue skies, oder wie sie alle heißen, nicht mehr viel gemein. Wie schade! Meine Theorie, ohne je ein Interview mit der Band gelesen zu haben, lautet, daß Charlie Fink nach dem Ausstieg von Laura Marling aus Band und dem Rest, zunächst seine tiefe Trauer mit The first days of spring verarbeitet hat
(I have nothing, My broken heart...), um dann, neu verliebt, ohne den so schönen Weltschmerz fröhlich zu dichten. Diese ersten drei Stücke der Platte sind doch nicht anders zu erklären, oder?

Ich übertreibe natürlich, zumindest etwas. Denn live fehlen den Liedern die fiesesten Komponenten der Studioversionen, die Gospelchorgesänge und auch ansatzweise der Eurodiscobeat. Trotzdem stammten die schlechtesten Lieder des heutigen Abends ausnahmslos von Last night on earth.

Auch die besten Lieder waren leicht zu erkennen. Das waren nämlich die, die durch rhythmisches Klatschen aus dem Saal markiert wurden. Je besser, desto lauter der Klatschmarsch. Einzig Shape of my heart blieb dieses Schicksal erspart, es war damit
das Highlight des Konzerts! Aber auch unter den Neuheiten waren nicht nur blinde Hühner. Just before we met gefiel mir gut. Der Rest war und ist beim besten Willen nichts für mich. L.I.F.E.G.O.E.S.O.N. erinnerte mich an Kid Rock, unter Wild things steht bei meiner Mitschrift "fies!" und The line kann auch das Just can't get enough Keyboard-Sample nicht retten.

Daß der Abend aber trotzdem kein vollkommener Flop war, lag an den vielen gute Liedern, die das gut achtzigminütige Programm noch enthielt. Die Hälfte brillant, die andere Hälfte nicht, ergibt im Schnitt eben doch noch ein okayes Konzert. Der Fairness halber will ich aber erwähnen, daß ich sicher nicht die Mehrheitsmeinung vertrete, die Stimmung im Luxor war nämlich ausgezeichnet. Selbst bei Old joy. Bitte! Aber ich höre jetzt damit auf, ich will Noah And The Whale ja weiterhin mögen. Ich gönne es ihm nicht, aber vielleicht erlebt Charlie ja bald wieder Herzschmerz. Das Album dann kaufe ich wieder blind!

Setlist Noah And The Whale, Luxor, Köln:

01: Intro: Paradise stars
02: Blue skies
03: Tonight's the kind of night
04: Give a little love
05: Give it all back
06: Love of an orchestra
07: Life is life
08: Jocasta
09: Just me before we met
10: The line
11: I have nothing
12: My door is always open
13: Wild thing
14: Rocks and daggers
15: Shape of my heart
16: Waiting for my chance
17: The first days of spring

18: Old joy (Z)
19: L.I.F.E.G.O.E.S.O.N. (Z)
20: 5 years time (Z)

Links:

- aus unserem Archiv:
- Noah And The Whale, Paris, 08.12.09
- Noah And The Whale, Köln, 14.11.09
- Noah And The Whale, Paris, 18.09.09
- Noah And The Whale, Berlin, 16.09.09
- Noah And The Whale, Haldern, 14.08.09
- Noah And The Whale, Paris, 20.11.08
- Noah And The Whale, Paris, 28.03.08



5 Kommentare :

Oliver Peel hat gesagt…

Noah And The Whale würden mich im Moment weder auf Platte noch live sonderlich interessieren. Dein halber Verriss bestätigt mich in meiner Auffassung. Und die "Mehrheitsmeinung" kann uns doch egal sein, wir sind hier die Blogger-Päpste, die anderen haben keine Ahnung.

Claudia hat gesagt…

Aber ich habe Ahnung und liebe das neue Album sehr sehr sehr :D

Micha hat gesagt…

Da ist genau dieses gewisse Maß an Arroganz, das man haben muss Oliver! :D :) Schließlich können wir nichts fürunseren ausgesprochen guten musikgeschmack ;) Naja ok doch .. haben ihn ja Jahrzehnte lang gepflegt :D

Schade Christoph, dass deine Befürchtungen zum Thema neues Album weiter bestand haben. ich will es jedenfalls nichtmal wirklich antesten, obwohl ich ja Elektronik mag ;)

Oliver Peel hat gesagt…

Isch abe ga kein Auto. Ähem, nein, isch abe neues Album nischt geört.

Sarah hat gesagt…

deckt sich mit meiner meinung zum gestrigen konzert!

 

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