Konzert: The Thermals
Ort: Gebäude 9, Köln
Datum: 03.04.2011
Zuschauer: ausverkauft
Dauer: The Thermals knapp 70 min, The Coathangers 40 min
Sehr viel besser kann ein Konzertabend wirklich nicht sein!
Vor knapp zwei Jahren waren die Thermals zuletzt in Deutschland, die aktuelle Tour promotet Personal life, das mittlerweile fünfte Album der Band, das im vergangenen September erschienen ist. Im Gebäude 9 war das Trio aus Portland bereits mehrfach, ausverkauft war es allerdings vermutlich bisher noch nicht. Trotz der halbjährigen Lücke zwischen Albumveröffentlichung und Tour locken die Thermals also auch ordentlich Publikum an, es hat sich eben herumgesprochen, daß die Truppe ganz hervorragende Konzerte spielt.
Von der Vorgruppe The Coathangers aus Atlanta kannte ich bisher nichts außer dem Namen. Vielleicht hätte ich mir deren Auftritt nach kurzem Reinhören auch geschenkt, ich hätte dadurch 40 hochunerhaltsame Minuten verpasst! The Coathangers sind Julia Kugel (hellblaue Gitarre), Stephanie Luke (Schlagzeug), Meredith Franco (Bass) und Candice Jones (Keyboard). Extravagant sah zunächst nur Schlagzeugerin Stephanie aus. Mit halbrasiertem Kopf und vielen bunten Bildern auf dem Körper wirkte sie einschüchternd. Dagegen sahen die anderen drei sehr brav aus. Das änderte sich aber schnell, spätestens, als Julia (geringeltes Oberteil) beim ersten Stück in ihr Mikro brüllte, als gelte es, jemandem auf der anderen Rheinseite um Hilfe zu rufen. Die Gesangsparts wechselten nach und nach (nur Keyboarderin Candice sang nie erste Stimme), der Stil des Gesangs blieb allerdings gleich, die jeweilige Sängerin brüllte sich das Zwerchfell aus dem Leib!
Die punkige Melodien der Südstaatlerinnen gefielen mir sehr gut, insbesondere ein sehr langes Stück in der Mitte. Den Geschrei würde ich auf Platte vermutlich nicht gut ertragen, live waren die Lieder toll, die Band unterhielt mich hervorragend! Manchmal sang Julia mit breitem Tremolo und glich damit stimmlich Dead Kennedys Sänger Jello Biafra, mal hörten sich Lieder in wenig nach einer punkigen Version der Dresden Dolls (Cabaret-Punk), mal wegen der Keyboard Melodien nach Saloon-Punk. Zwischen den Stücken schnauzten sich die vier Musikerinnen mal an, lachten viel und schienen zufrieden. Nicht zu unrecht, der Auftritt war nämlich sehr kurzweilig und unterhaltsam. Manchmal müssen potentielle Lieblingsbands offenbar nicht mal Musik machen, die ich auf Platte gerne haben wollte.
Die Thermals sind schnell erzählt: 70 Minuten, 23 Hits, also alles wie immer. Allerdings gab es einen gravierenden Unterschied zu früher: auf ihrer aktuellen Platte haben Kathy, Hutch und Westin zwei neue Stilmittel entdeckt, die Ballade und das mehr als 3:00 Minuten lange Lied (wobei die Länge Folge des Tempos ist). Da für die Thermals die einfache, oft überprüfte Formel "nur Hits!" gilt, sind auch Not like any other feeling oder Never listen to me echte Knüller, obwohl sie eindeutige Vertreter der Kuschelrock-Phase der Amerikaner sind. Konzerte erlauben jetzt also auch eine gewisse Dramartugie. Vor den Balladen jagte das Trio zwanzig, fünfundzwanzig schnelle Nummern raus, heute konnte zwischendurch kurz der Fuß vom Gas genommen werden, weil die beiden langsamen Neulinge nacheinander kamen.
Von Personal life hatten es einige Lieder ins Set geschafft, allerdings merkte man, daß die Veröffentlichung schon eine Weile zurückliegt, es dominierte nämlich eindeutig älteres Material.
Obwohl das Gebäude 9 ausverkauft war, war es vorne sehr angenehm. Es drängelte sich nichts und in der Mitte war genug Platz fürs pogende Volk. Ab dem dritten Lied wurde heftig getanzt, die Stimmung war ganz ausgezeichnet, aber das ist natürlich auch nicht schwer zu erreichen, wenn man das Repertoire der Thermals hat.
Neben den Mitgröhlhymnen Now we can see und Your love is so strong (vom neuen Album) kam Here's your future besonders gut an und war mein Liebling des Abends. Dabei fiel mir auch zum ersten Mal auf, daß die Coathangers hinter der Bühne rechts hockten und kräftig mitgingen. Man konnte immer mal wieder winkende und schunkelnde Arme sehen, die Mädels hatten nicht nur an ihrem Auftritt viel Spaß.
Wer zu den Thermals geht, erwartet keinen feinsinnigen Abend wie bei Bands die deutlich mehr arty sind (Beach House zum Beispiel, deren ausgezeichnetes letztes Album in den Pausen lief). Aber das schmälert die Qualität des Konzerts in keiner Weise, die Thermals sind eine der besten Livebands, die ich bisher erlebt habe. Die neue Tiefe, die die Balladen mit sich bringen, schadet dem Spaß in keiner Weise, im Gegenteil zählt Never listen to me auch live zu meinen Lieblingen.
Daß diese Live- (und Studio) Qualitäten so honoriert werden, gefällt mir. Und solchen (angenehmen) ausverkauften Shows der drei möchte ich noch sehr sehr oft sehen, sie zählen nämlich immer sicher zu den besten Konzerten des Jahres. My love is so strong, liebe Thermals!
Setlist The Thermals, Gebäude 9, Köln:
01: Time to lose
02: Returning to the fold
03: I don't believe you
04: It's trivia
05: Brace and break
06: We were sick
07: I let it go
08: Our trip
09: Every stitch
10: Not like any other feeling
11: Never listen to me
12: Here's your future
13: I might need for you to kill
14: An ear for baby
15: A stare like yours
16: Power lies
17: Your love is so strong
18: St. Rosa
19: How we know
20: Overgrown, overblown!
21: Now we can see
22: Pillar of salt
23: Back to gray (Z)
24: No culture icons (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- The Thermals, Bochum, 23.10.09
- The Thermals, Haldern, 15.08.09
- The Thermals, Berlin, 08.08.09
- The Thermals, Rüsselsheim, 21.07.07
- The Thermals, Köln, 19.12.06
- The Thermals, Paris, 02.12.06
- mehr Fotos
Termine:
05.04.11 Evreux, L'Abordage
06.04.11 Paris, La Maroquinerie
07.04.11 Lyon-Oullins, Le Clacson
09.04.11 Marmande, Garorock Festival
11.04.11 Aarau, Kiff
12.04.11 Munich, Hansa 39
13.04.11 Wien, Flex
14.04.11 Nuernberg, K4 Festsaal
15.04.11 Frankfurt, Sinkkasten
Ort: Gebäude 9, Köln
Datum: 03.04.2011
Zuschauer: ausverkauft
Dauer: The Thermals knapp 70 min, The Coathangers 40 min
Sehr viel besser kann ein Konzertabend wirklich nicht sein!
Vor knapp zwei Jahren waren die Thermals zuletzt in Deutschland, die aktuelle Tour promotet Personal life, das mittlerweile fünfte Album der Band, das im vergangenen September erschienen ist. Im Gebäude 9 war das Trio aus Portland bereits mehrfach, ausverkauft war es allerdings vermutlich bisher noch nicht. Trotz der halbjährigen Lücke zwischen Albumveröffentlichung und Tour locken die Thermals also auch ordentlich Publikum an, es hat sich eben herumgesprochen, daß die Truppe ganz hervorragende Konzerte spielt.
Von der Vorgruppe The Coathangers aus Atlanta kannte ich bisher nichts außer dem Namen. Vielleicht hätte ich mir deren Auftritt nach kurzem Reinhören auch geschenkt, ich hätte dadurch 40 hochunerhaltsame Minuten verpasst! The Coathangers sind Julia Kugel (hellblaue Gitarre), Stephanie Luke (Schlagzeug), Meredith Franco (Bass) und Candice Jones (Keyboard). Extravagant sah zunächst nur Schlagzeugerin Stephanie aus. Mit halbrasiertem Kopf und vielen bunten Bildern auf dem Körper wirkte sie einschüchternd. Dagegen sahen die anderen drei sehr brav aus. Das änderte sich aber schnell, spätestens, als Julia (geringeltes Oberteil) beim ersten Stück in ihr Mikro brüllte, als gelte es, jemandem auf der anderen Rheinseite um Hilfe zu rufen. Die Gesangsparts wechselten nach und nach (nur Keyboarderin Candice sang nie erste Stimme), der Stil des Gesangs blieb allerdings gleich, die jeweilige Sängerin brüllte sich das Zwerchfell aus dem Leib!
Die punkige Melodien der Südstaatlerinnen gefielen mir sehr gut, insbesondere ein sehr langes Stück in der Mitte. Den Geschrei würde ich auf Platte vermutlich nicht gut ertragen, live waren die Lieder toll, die Band unterhielt mich hervorragend! Manchmal sang Julia mit breitem Tremolo und glich damit stimmlich Dead Kennedys Sänger Jello Biafra, mal hörten sich Lieder in wenig nach einer punkigen Version der Dresden Dolls (Cabaret-Punk), mal wegen der Keyboard Melodien nach Saloon-Punk. Zwischen den Stücken schnauzten sich die vier Musikerinnen mal an, lachten viel und schienen zufrieden. Nicht zu unrecht, der Auftritt war nämlich sehr kurzweilig und unterhaltsam. Manchmal müssen potentielle Lieblingsbands offenbar nicht mal Musik machen, die ich auf Platte gerne haben wollte.
Die Thermals sind schnell erzählt: 70 Minuten, 23 Hits, also alles wie immer. Allerdings gab es einen gravierenden Unterschied zu früher: auf ihrer aktuellen Platte haben Kathy, Hutch und Westin zwei neue Stilmittel entdeckt, die Ballade und das mehr als 3:00 Minuten lange Lied (wobei die Länge Folge des Tempos ist). Da für die Thermals die einfache, oft überprüfte Formel "nur Hits!" gilt, sind auch Not like any other feeling oder Never listen to me echte Knüller, obwohl sie eindeutige Vertreter der Kuschelrock-Phase der Amerikaner sind. Konzerte erlauben jetzt also auch eine gewisse Dramartugie. Vor den Balladen jagte das Trio zwanzig, fünfundzwanzig schnelle Nummern raus, heute konnte zwischendurch kurz der Fuß vom Gas genommen werden, weil die beiden langsamen Neulinge nacheinander kamen.
Von Personal life hatten es einige Lieder ins Set geschafft, allerdings merkte man, daß die Veröffentlichung schon eine Weile zurückliegt, es dominierte nämlich eindeutig älteres Material.
Obwohl das Gebäude 9 ausverkauft war, war es vorne sehr angenehm. Es drängelte sich nichts und in der Mitte war genug Platz fürs pogende Volk. Ab dem dritten Lied wurde heftig getanzt, die Stimmung war ganz ausgezeichnet, aber das ist natürlich auch nicht schwer zu erreichen, wenn man das Repertoire der Thermals hat.
Neben den Mitgröhlhymnen Now we can see und Your love is so strong (vom neuen Album) kam Here's your future besonders gut an und war mein Liebling des Abends. Dabei fiel mir auch zum ersten Mal auf, daß die Coathangers hinter der Bühne rechts hockten und kräftig mitgingen. Man konnte immer mal wieder winkende und schunkelnde Arme sehen, die Mädels hatten nicht nur an ihrem Auftritt viel Spaß.
Wer zu den Thermals geht, erwartet keinen feinsinnigen Abend wie bei Bands die deutlich mehr arty sind (Beach House zum Beispiel, deren ausgezeichnetes letztes Album in den Pausen lief). Aber das schmälert die Qualität des Konzerts in keiner Weise, die Thermals sind eine der besten Livebands, die ich bisher erlebt habe. Die neue Tiefe, die die Balladen mit sich bringen, schadet dem Spaß in keiner Weise, im Gegenteil zählt Never listen to me auch live zu meinen Lieblingen.
Daß diese Live- (und Studio) Qualitäten so honoriert werden, gefällt mir. Und solchen (angenehmen) ausverkauften Shows der drei möchte ich noch sehr sehr oft sehen, sie zählen nämlich immer sicher zu den besten Konzerten des Jahres. My love is so strong, liebe Thermals!
Setlist The Thermals, Gebäude 9, Köln:
01: Time to lose
02: Returning to the fold
03: I don't believe you
04: It's trivia
05: Brace and break
06: We were sick
07: I let it go
08: Our trip
09: Every stitch
10: Not like any other feeling
11: Never listen to me
12: Here's your future
13: I might need for you to kill
14: An ear for baby
15: A stare like yours
16: Power lies
17: Your love is so strong
18: St. Rosa
19: How we know
20: Overgrown, overblown!
21: Now we can see
22: Pillar of salt
23: Back to gray (Z)
24: No culture icons (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- The Thermals, Bochum, 23.10.09
- The Thermals, Haldern, 15.08.09
- The Thermals, Berlin, 08.08.09
- The Thermals, Rüsselsheim, 21.07.07
- The Thermals, Köln, 19.12.06
- The Thermals, Paris, 02.12.06
- mehr Fotos
Termine:
05.04.11 Evreux, L'Abordage
06.04.11 Paris, La Maroquinerie
07.04.11 Lyon-Oullins, Le Clacson
09.04.11 Marmande, Garorock Festival
11.04.11 Aarau, Kiff
12.04.11 Munich, Hansa 39
13.04.11 Wien, Flex
14.04.11 Nuernberg, K4 Festsaal
15.04.11 Frankfurt, Sinkkasten
1 Kommentare :
ach, der april ist auch wieder gesteckt voll mit tollen terminen. the thermals gehören ohne zweifel dazu. danke für deine impressionen, wie immer anschaulich und lebendig!
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