Sonntag, 3. September 2017

alt-J, Lowlands Festival, 19.08.17


Konzert: alt-J
Ort: Lowlands Festival
Datum: 19.08.2017
Dauer: 75min
Zuschauer: ca. 12.000 volles Zelt

Hell ist es noch unter dem riesigen, halb offenen Hangar, der Hauptbühne des Lowlands-Festivals, als alt-J die Bühne betreten. Erstaunlich viele Fans unter 25 Jahren haben sich eingefunden. Ein Phänomen, das ich auch bei Radiohead oder Sigur Ros immer wieder beobachte. 

Es scheint einen Bedarf an Musik abseits des Mainstreams zu geben, und alt-J sind die jüngste Band, die es in diesem Segment zur großem Erfolg gebracht haben. 

Erstaunlich ist es auf jeden Fall, zumindest wenn man die Augen öffnet und das Schauspiel auf der Bühne näher betrachtet. Dort passiert während der nächsten 75 Minuten außer wildem Lichtgeflacker aus stehenden LED-Türmen nämlich genau: NICHTS. 

Drei junge Männer spielen, ohne sich ein ein einziges Mal enspannt zuzusehen oder zu bewegen eine Art Kraftwerk Gedächniskonzert. Keyboarder Gus Unger-Hamilton richtet zumindest ein paar Floskeln ans Publikum und trinkt doch tatsächlich ein Glas Rotwein, soviel Anarchie muss sein. 



Für einen ausführlichen Konzertbericht ist aber auch das dürftig. Kommen wir also lieber direkt zur Musik, und die hat es in sich. Drei, fast gleich gute Alben hat die Band jetzt schon veröffentlicht, und diese kleinen, vertrackten Meisterwerke sind die eigentlichen Stars der Show. 

Leben die Konzerte der oben genannten vergleichbaren Bands von der stetigen Veränderung im Live-Setting, belassen es alt-J bei einer stoischen Werktreue, die schon fast an Pink Floyd erinnert. Kein Ton zu viel, kein Solo, keine weiteren Instrumente. 

So entstehen Intimität und ein flüster leises Publikum, denn kaum einer traut sich (außer bei Mathilda) lauthals mitzusingen, wenn die Drei von oben so viel Energie in die Reproduktion der Alben legen. 



Ganze neun Stücke vom Debüt und jeweils 3-4 der folgenden Alben werden präsentiert. Highlights sind für mich das spannende "3ww" zu Beginn, das lange nicht gehörte "Tessallate" und "Bloodflood". 

Am Ende wird des am Himmel dunkler, auf der Bühne bunter und endlich etwas lockerer. Trotzdem ist einfach nicht erkennbar, ob die Band nach den Mammuttouren der letzten Jahre neue Energie hat oder schon wieder auf dem Zahnfleisch daherkommt.



Der starke Abgang mit "Fitzpleasure", "Left hand free" und natürlich "Breezleblocks" kann diese Frage nicht beantworten. alt-J sind in der Lage diese großen Bühnen ohne besondere Show, ausufernde musikalische Energie oder persönliche Ausstrahlung zu bespielen. 

Vielleicht ist dies das größte Kompliment, das man einer Band machen kann, die ihre Stärke ganz klar beim Komponieren und Reglerschieben im Studio hat. 



Rockstars wollten sie nie sein, davon gibt es ja auch schon genug. Auf dem Weg zum Ausgang dann noch ein spontaner Kanon des Publikums, ein leiser Zweizeiler in der Nacht: "And she needs you, this is for Matilda, and she neeeeds you..." Doch noch etwas anrührendes.

Fotos: Michael Graef 

Aus unserem Archiv:
alt-j, Berlin, 01.10.14
alt-J, Paris, 24.02.13
alt-J, Köln, 22.02.13
alt-J, Paris, 20.07.12
alt-J, Köln, 04.03.12 

 

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