Freitag, 22. September 2017

Zoë Keating, Nürnberg, 21.09.17


Konzert: Zoë Keating
Ort: Künstlerhaus Nürnberg, Veranstaltungsreihe 
        cluster | electronic classic session
Datum: 21. September 2017
Dauer: 95 min
Zuschauer: etwas über 200
 

Dass ich Zoë Keatings Musik erst kennen und dann lieben gelernt habe, habe ich Amanda Palmer zu verdanken.  Ich glaube, eine nicht unwichtige Rolle hat dabei gespielt, dass ich sie live auf der Tour von Amanda im Oktober 2008 erleben durfte. Sie hat damals (mit einem Geiger und einer Theatergruppe) Amandas Begleitband gebildet und auch ein eigenes Set gespielt. Seitdem ist wirklich sehr viel Zeit vergangen. Der Kontakt ist aber geblieben und ein Gefühl der Verbundenheit - und die Sehnsucht ist gewachsen, endlich auch wieder einmal live einen Abend mit dieser phänomenalen Frau und ihrer abefahrenen Cello-Tour-de-Force zu erleben.
 

Als im Frühjahr bekannt wurde, dess es dieses Jahr einen Termin in Deutschland geben würde - und das auch noch in Nürnberg - habe ich mir sofort ein Ticket gekauft. Das mache ich wirklich nur ganz selten. Und ich habe mich ohne wenn und aber auf den Abend gefreut - ihn so organisiert, dass ich Zeit habe, mir kein Zug wegfährt und ich ganz da sein kann. Freundlicherweise hat dann Petrus auch noch ein wenig Zauberstaub auf den Tag gestreut und ich hatte schon wunderbar Sonne und Nürnberger Leben getankt bevor ich mich auf den Weg zum Festsaal im Künstlerhaus machte und schließlich einen Platz ganz nah am Geschehen fand. Die Frage stand natürlich im Raum: Wird es neues Material zu hören geben?
 


Mein musikalisches Kennenlernen von Zoë erfolgte fiel in die Zeit ihres Albums One Cello x 16 Natoma, das mit Sun will Set beginnt. So passte es irgendwie besonders gut für mich, dass auch das Konzert mit diesem Stück begann. Und irgendwie auch zu dem Abend, der gerade eben die Sonne glorios verglühend hinter den Horizont verabschiedet hatte. Außerdem zu meinem jahreszeitlichen Thema, dass es so schmerzt, dass der Winter schon seine Klauen ausstreckt, sich das aber bis Ende September und mit Glück noch bis in den Oktober hinein ein wenig verleugnen lässt - vor allem an so einem schönen Sonnentag, wie dieser 21. September (traditionell!!) war.
 

 
Etwas später kam auch noch Frozen Angels von diesem frühen Album zur Aufführung, das so schwermütig beginnt und die schreckliche Schönheit (ich hasse Kälte!!) von Eis und Schnee als Stillstand vor meinen inneren Augen zeichnet. Tatsächlich ist es jedoch das derzeit immer noch neuste Album Into the trees, das ich am meisten gehört habe und dessen Songs mir deshalb total vertraut und nah sind. Von diesem gab es auch Kostproben. Zum Beispiel das treibende, mitunter wild umherlaufende, rufende und sich dann in ruhigeren Passagen neu ausrichtende Escape Artist. Und Seven League Boots, zu dem es auch gleich eine Geschichte gab. In dem Song hätte ihre Sehnsucht nach dem Blick auf das Meer Ausdruck gefunden, der sich nur nach einer anstrengenden
Wanderung durch den Wald schenkt, den sie hochschwanger für einige Zeit nicht gehen konnte. Es war für mich sehr schön zu sehen und nah zu erleben, mit welcher Lebenslust und Souveränität die Musikerin ihren Liedern auf der Bühne Leben einhauchte und auch mit uns, ihrem Publikum ins Gespräch kam.
 


Außerdem war das klagende Lost (Zoë widmete es dem apocalyptischen Lebensgefühl der letzten Montae) genauso wie des herrliche Optimist vom Album dabei. Als letztes Stück das Sets setzte es wie mit Herztönen schlagend ein und flirrte dann so verheißungsvoll bevor sich dann Töne wie Lichtstrahlen in den Blick schoben. Das passte gut zur magischen Stimmung das Konzertes. Zumal die Melodie in der normalen Cellolage für mich schon immer so etwas zutiefst tröstliches hat, obwohl es ja nur drei absteigende Töne sind. Und irgendwie schubst einen das Lied auch hinaus.
 
 

Der ganz besondere Mehrwert des Konzertes gegenüber einem weiteren Durchlauf des Albums im Sessel zu Hause war neben dem Erleben von Zoë als Künstlerin natürlich reichlich neues Material, das mir sehr große Vorfreude auf das hoffentlich bald erscheinende Album machte. Am sprechendsten für mich war das Stück, das nach Lost im Set gespielt wurde. Darin spürte ich sehr viel über Liebe und Abschied - Themen, die in den letzten Jahren dramatisch in Zoës Leben eingegriffen haben. Und ich musste mir doch glatt ein paar Tränen aus den Augen wischen.
 


Trotz des Versprechens, die neue Musik auch bald zu veröffentlichen und auch so bald als möglich wieder ausführlicher in Deutschland zu touren, wollten wir uns nicht ganz ohne Zugabe verabschieden. Zoë hatte dafür etwas tolles vorbereitet - ein Stück von Beethoven, das mir noch aus Schulzeiten so geläufig ist, dass ich es mitsummen könnte (wenngleich auch nicht unbedingt die Cello-Stimme).
 

Setlist:
01: Sun will set
02: Seven league boots
03: Frozen Angels
04: Escape Artist
05: Time is running out (Muse-cover)
06: Quito song noch ohne Titel
07: Exurgency
08: Lost
09: Noch ohne Titel
10: ??
11: Noch ohne Titel
12: Optimist

13: Beethoven 7. Sinfonie, 2. Satz (Z) 


Tour:
22.09. Nürnberg, Künstlerhaus
24. & 25. 09. London Kings place
27.09. Istanbul

Aus unserem Archiv:  
Zoë Keating, Heidelberg, 14.10.08




 

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